Vorsicht Italienreisende: Wer Freunde in Rom hat und bei einem Besuch dort darauf besteht, eine echt hiesige Spezialität zu essen, wird dies unter Umständen bereuen. Für Einheimische ist es natürlich ein Spaß, erst nach dem Bestellen zu erklären, dass es sich bei "Trippa alla Romana" um Kutteln handelt. Das schmeckt nicht so schrecklich, wie viele sich das vorstellen, sondern sogar ganz gut. Dennoch lösen Innereien hierzulande bei vielen Menschen Ekelgefühle aus. Weshalb sie oft nur als Tierfutter verkauft werden können, weil der Markt dafür zu klein ist. Aber Hundebesitzer, wie ein Besuch in einer Tierfutterhandlung zeigt, freuen sich über das Angebot an frischer Ware.
Speziell Kutteln, auch Pansen genannt, bekommt man bei einem normalen Metzger meist nur noch auf Vorbestellung. Weil es sich darum bei einem Vormagen von Wiederkäuern handelt, meistens von Rindern, und weil bei der Zubereitung von nicht vorgekochten Kutteln die ganze Wohnung nach Odel riecht, sind sie von den meisten Speiseplänen verschwunden. Deshalb wird Pansen heutzutage hauptsächlich als Hundefutter verwendet, oft vermischt mit anderem Frischfleisch.
Teile vom Tier, die man beim normalen Metzger kaum bekommt: Ein Mitarbeiter von "Lehners Tierfutter" kocht Haut vom Schweinekopf aus.
(Foto: Alessandra Schellnegger)
Zu Josef Gassner kommen täglich Kunden, die sich spezielle Mischungen für ihre Vierbeiner zusammenstellen lassen. In den Räumen seiner Firma "Lehners Tierfutter" im Schlachthof stapeln sich Plastikwannen voller frischer Ware. Alles stammt aus kontrollierter Schlachtung, außer Innereien wie Leber, Lunge, Herz und eben Pansen gibt es bei Gassner auch ganz normales Fleisch zu kaufen. Es stammt von verschiedenen Teilen, etwa vom Schwein oder Rind - und sieht für Tierfutter recht appetitlich aus. Trotzdem weisen schon am Eingang der Tierfutterhandlung Schilder in mehreren Sprachen darauf hin, dass das Fleisch nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Es handelt sich um sogenanntes Fleisch der Kategorie 3, kurz K3. Das Gesetz spricht von "K3-Material" - und das ist laut bayerischem Verbraucherschutzministerium " ein Überbegriff für verschiedene Materialien tierischen Ursprungs, die von der Verwendung innerhalb der Lebensmittelkette ausgeschlossen sind." So heißt es im Behördendeutsch. Darunter fällt eine ganze Menge, zum Beispiel Fleisch aus Notschlachtungen, das als minderwertig deklariert wurde, aber nicht gesundheitsschädlich ist.
Theoretisch könnten also auch Menschen gefahrlos das Fleisch essen, denn auch in Hundefutter kommt kein Gammelfleisch oder Fleisch von kranken Tieren - dieses muss entsorgt werden. Und die "wirtschaftlichen Gründe" bedeuten schlicht, dass für erwähnte Innereien, Köpfe und andere Schlachterzeugnisse, die anderswo als Delikatesse gelten, kein Markt besteht. Dennoch betont Gassner, dass er Tierfutter verkauft, keine Lebensmittel für Menschen. Was die Kunden freilich mit dem Fleisch, das sie bei ihm kaufen anstellen, darauf habe er aber keinen Einfluss.
Für manchen eine leckere Sache, so ein Schweineohr.
(Foto: Alessandra Schellnegger)
Dass sich zum Beispiel Flüchtlinge bei ihm Fleisch, speziell Innereien holen, um dies dann selber zu essen, dazu mag Gassner nichts sagen. Denn seit Zeitungsberichten zu diesem Thema hätten einige Menschen bei ihm angerufen. "Die haben gesagt, dass es schön sei, dass es wieder eine Freibank gibt." Das, betont der gelernte Metzger, sei ausdrücklich nicht der Fall. Zur Erinnerung: Freibanken waren Verkaufsstellen für als minderwertig deklariertes, aber essbares Fleisch, zu Zeiten, als sich noch nicht jeder jeden Tag gutes Fleisch aus der Metzgertheke leisten konnte. In München war die Freibank am Viktualienmarkt in dem Gebäude, wo heute das Wirtshaus Der Pschorr zu finden ist.
Heute ist das anders: Im Discounter schmeißen sie einem Schweinefleisch aus Massentierhaltung für manchmal schon drei Euro je Kilo und den Rinderbraten für sechs Euro nach. Tierfutter ist günstiger, aber nicht geschenkt. Bei Gassner kostet etwa das Kilo Rinderherz 4,50 Euro, Kopffleisch 3,70 Euro.
Für Hunde ist das Frischfleisch eine Delikatesse, auch wenn es selbst in Hundehalterkreisen Debatten gibt, ob das wirklich so gut für die Tiere ist. Auch Josef Gassner ist Hundebesitzer und ist da natürlich auf der Seite der Fleisch-Verfechter. "Es wäre ja noch schöner, wenn ich Hundefutter verkaufe und selber keinen Hund habe", sagt er.