Auf der Wiese vor dem Hof von Herman de Jong grasen nur noch ein paar Dutzend Schafe. Die Kühe und Schweine hat der niederländische Landwirt vor ein paar Monaten verkauft. In den Stall sind neue Tiere eingezogen.
"Hier saßen früher die Zuchtferkel und jetzt Mehlwürmer. Die machen deutlich weniger Krach als Ferkel. Und ich kann hier auf kleinem Raum mit den Insekten mehr verdienen als mit Milchkühen."
Wegen der niedrigen Milchpreise hat Herman de Jong umgesattelt. Eine kluge Idee, meint Arnold van Huis, Insektenforscher an der Universität von Wageningen. Er ist davon überzeugt, dass viele andere Bauern den gleichen Weg einschlagen werden.
"Das wird ein neuer Viehzuchtsektor. Wir sprechen auch gerne vom Minivieh. Die Insekten haben gegenüber normalem Vieh so viele Vorteile, dass das echt im Kommen ist. Auch was den Ausstoß von Treibhausgasen betrifft, sind Insekten viel günstiger für die Umwelt."
Mehlwürmer statt Kühe und Schweine
Die Mehlwürmer im Stall von Herman de Jong machen weniger Krach und weniger Arbeit als das Großvieh. Außerdem verbrauchen sie weniger Futter und Wasser als Kühe und Schweine. Wegen ihres hohen Eiweißgehaltes eignen sich viele Insekten als Futtermittel. In der Schweine- und Hühnerzucht sind sie zwar noch nicht zugelassen, aber die EU will das ändern. Und viele Haustiere und Fische essen schon jetzt Insekten in ihrem Futter mit. Van Huis sieht in dieser Entwicklung eine enorme Chance für Landwirte.
"Allein wenn wir über die Hühnerhaltung reden, dann sprechen wir weltweit von über 200 Milliarden Dollar an Umsatzmöglichkeiten. Und beim Schweinefutter kommen noch mal 130 Milliarden dazu. Da wird ein riesiger Markt entstehen. Ich rechne damit, dass diese Branche explodieren wird, sobald Insekten als Futtermittel zugelassen sind."
Die niederländische Firma Protix hat die Chancen frühzeitig erkannt. Kees Aarts und ein Partner haben vor zehn Jahren in kleinem Rahmen begonnen, Insekten zu züchten. Heute ist das Unternehmen ein Global Player mit mehr als 100 Mitarbeitern.
"Mit vier Einwegschalen haben wir begonnen, um die ersten Larven zu züchten. Wir sind immer schneller gewachsen und haben stets größere Summen investiert. Letztes Jahr ist unser Team von 50 auf 110 Mitarbeiter angewachsen. Und gerade haben wir 35 Millionen Euro in einen neuen Standort in Bergen op Zoom investiert."
Zukunft der Tierfutterbranche
Der niederländische König Willem Alexander wird die zweite Niederlassung der Firma heute feierlich eröffnen. Eine Geste, die zeige, dass auch der Staat die Branche unterstütze, findet Kees Aarts.
"Die Viehzüchter, die Futtermittelindustrie, aber auch der Staat ziehen an einem Strang, um solche Innovationen zu fördern. Wir haben in den letzten Jahren noch nie so viel Bewegung in der Branche gespürt, wie jetzt. Wir erwarten wirklich ein hohes Wachstum in den kommenden Jahren."
Die Schwarze Soldatenfliege taugt ebenso als Futtermittel wie der Mehlkäfer, die Hausfliege oder die Grille. Herman de Jong bleibt vorerst aber bei den Mehlwürmern. Expandieren könne er später immer noch, sagt der frühere Milchbauer.
"Wahrscheinlich liegt da die Zukunft. Ich sage wahrscheinlich, weil der Sektor natürlich noch in den Kinderschuhen steckt."