11.08.2021, 17:00 Uhr
Kann das Coronavirus doch ausgerottet werden? Forschende sind jedenfalls der Ansicht, dass das möglich ist. Die Voraussetzungen dazu seien da, schreiben sie in einem Kommentar in einem medizinischen Journal. Doch es gebe Herausforderungen.
Viele Menschen, darunter auch Expert:innen und Politiker:innen, haben sich damit abgefunden, dass wir lernen müssten, mit dem Coronavirus zu leben und dass das Virus nicht mehr verschwinden werde. Das Coronavirus werde endemisch auftreten, heißt es von Fachleuten.
Doch es gibt Forschende, die meinen, dass wir das Coronavirus doch ganz loswerden könnten. In einem Kommentar in der Fachzeitschrift "British Medical Journal" nennen die Wissenschaftler:innen Nick Wilson, Osman D. Mansoor, Matthew J. Boyd , Amanda Kvalsvig und Michael G. Baker Voraussetzungen, die dafür sprechen, dass das Coronavirus ausrottbar sei. Sie blicken dabei auf andere Krankheiten wie die Pocken oder Kinderlähmung.
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Forschende vergleichen Covid-19 mit Polio und Pocken
"Impfungen haben weltweit Pocken, Rinderpest (eine Tierseuche) und zwei der drei Serotypen des Poliovirus ausgerottet", schreiben die Forschenden. Weitere Krankheiten wie Masern, Mumps und Röteln könnten ebenfalls ausgerottet werden.
Kann also auch Covid-19 ausgerottet werden? Ja, sagen die Forschenden. Und das sei auch ohne Impfungen zum Teil möglich. Maßnahmen seien etwa Grenzkontrollen, Abstandhalten, Masken tragen, Tests und Kontaktnachverfolgung. Als Beispiele nennt der Kommentar, China, Hongkong, Neuseeland und Island. Wobei auch in diesen Ländern immer wieder Ausbrüche registriert wurden.
Um Vergleiche zwischen Pocken, Polio und Covid-19 anzustellen, werden in dem Kommentar technische Faktoren betrachtet, die die Ausrottbarkeit von durch Impfungen vermeidbaren Krankheiten begünstigen. Zu dieser Liste haben die Wissenschaftler:innen zusätzliche technische, gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Faktoren hinzugefügt, die eine Ausrottung wahrscheinlich begünstigen.
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Hustende Schneeleoparden und lethargische Zwergotter: Diese Tiere hatten Corona
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© ENNIO LEANZA / Picture Alliance
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Fledermäuse als Zwischenwirt
Bild 1 von 12: Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO halten es für wahrscheinlich, dass das Coronavirus von Fledermäusen über einen Zwischenwirt zum Menschen kam. Ob die Pandemie auf einem Markt im chinesischen Wuhan ihren Anfang nahm, wie zunächst angenommen, konnte bislang aber nicht geklärt werden.
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Ausrottung wäre möglich – es gibt aber Herausforderungen
"Obwohl unsere Analyse eine vorläufige Leistung mit verschiedenen subjektiven Komponenten ist, scheint sie die Ausrottbarkeit von Covid-19 in den Bereich des Möglichen zu bringen, insbesondere im Hinblick auf die technische Machbarkeit." Corona sei demnach schwieriger auszurotten als die Pocken, aber leichter als die Kinderlähmung.
Es gebe allerdings einige Probleme, so die Wissenschaftler:innen. Beim Coronavirus seien dies die verschiedenen Varianten sowie die – im Vergleich zu Polio und Pocken – schlechte Akzeptanz von Impfstoffen. "Nichtsdestotrotz sind der viralen Evolution natürlich Grenzen gesetzt, sodass wir erwarten können, dass das Virus irgendwann seinen Höhepunkt erreicht und neue Impfstoffe entwickelt werden können."
Weitere Herausforderungen wären die hohen Vorlaufkosten für Impfungen und die Modernisierung der Gesundheitssysteme und das Erreichen der notwendigen internationalen Zusammenarbeit angesichts des "Impfstoffnationalismus", womit die ungleiche Verteilung von Impfstoffen zwischen armen und reichen Ländern gemeint ist. Auch die Möglichkeit der Infektion von Tieren sei eine Herausforderung, wenn auch eine kleinere.
Polio und Pocken durch Impfkampagnen ausgerottet
Auf der anderen Seite, so die Forschenden, bestünden "in den meisten Teilen der Welt ein beispielloses globales Interesse an der Krankheitsbekämpfung und massive Investitionen in die Impfung gegen die Pandemie". Die Modernisierung der Gesundheitssysteme, um die Ausrottung von Covid-19 zu erleichtern, könnte darüber hinaus auch zur Bekämpfung anderer Krankheiten beitragen.
Abschließend schreiben die Verfasser:innen des Kommentars, dass es einer formelleren Expertenprüfung der Durchführbarkeit und Erwünschtheit eines Versuchs der Ausrottung von Covid-19 durch die Weltgesundheitsorganisation WHO oder andere Agenturen bedarf.
Ein Blick in die Geschichte
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Die Menschen-Pocken gelten seit 1979 in ihrer Wildform als ausgerottet. Dies war möglich, da der Mensch der einzige natürliche Wirt ist und es eine weltweite, groß angelegte Impfkampagne der WHO gab. In Deutschland bestand bis Mitte der 1970er-Jahre auch eine Impfpflicht. Menschen-Pocken sind hochansteckend und lebensbedrohlich. Circa 30 Prozent der Erkrankten sind an den Folgen der Infektion verstorben.
Polioviren waren lange weltweit verbreitet. Weil sich schon Kinder früh damit infizierten, entstand der Begriff "Kinderlähmung". 1988 startete die WHO eine Impf- und Ausrottungskampagne gegen Polio. "Durch Impfkampagnen konnten bis heute 19 Millionen Menschen vor einer Lähmung und 1,5 Millionen Menschen vor dem Tod durch Polio bewahrt werden. Die Anzahl der Poliofälle weltweit konnte im Vergleich zu den 80er-Jahren um 99,9% verringert werden", schreibt das Robert-Koch-Institut. Noch nicht als poliofrei gelte die WHO-Region "Naher Osten".
Quellen: "British Medical Journal", Robert-Koch-Institut, Niedersächsisches Landesgesundheitsamt
rw
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