Ein bisschen Obst oder eine Pflanze als Andenken - viele Urlauber wissen nicht, dass sie damit womöglich gefährliche blinde Passagiere einschleppen. Kleine Insekten können hierzulande große Schäden anrichten.
Zwei Männer in blauer Uniform stehen im Ankunftsbereich des Flughafen Münchens. Auf ihren Rücken steht in großen Lettern "Zoll". Sie warten auf die Urlauber, die gleich aus dem Flugzeug steigen und ihre Koffer vom Band holen. "Wir machen stichprobenartige Kontrollen, und jetzt kommt eine Maschine aus Abu Dhabi", sagt der Zollbeamte Thomas Meister. "Wir wissen nicht, was auf uns zukommt."
Der Zoll an deutschen Flughäfen hat wieder mehr zu tun: Der Reiseverkehr läuft nach langer Zeit wieder an, und mit mehr Passagieren steigt das Risiko, dass unerlaubte Pflanzen und Früchte und somit Schädlinge im Koffer nach Deutschland gelangen. Die Stichproben sollen verhindern, dass sich hier neue Insekten ansiedeln und das heimische Ökosystem zerstören.
Meister winkt einen jungen Mann aus Abu Dhabi in den Kontrollbereich. "What’s inside this bag?", fragt er. "Clothes and food", antwortet der Urlauber. Essen? Die Beamten schauen stutzig und bitten ihn, den Koffer zu öffnen.
Zwölf Milliarden Euro Schaden jährlich in der EU
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt den wirtschaftlichen Schaden durch gebietsfremde Schädlinge allein in der Europäischen Union auf etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr.
Da der Handel mit Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen weltweit zunimmt, wächst seit Jahren auch das Risiko, Krankheiten oder Schädlinge einzuschleppen. Im Jahr 2018, also vor der Corona-Pandemie, gab es 8720 Beanstandungen bei pflanzlichen Waren, die in die EU importiert wurden. Bei knapp einem Fünftel wurden Schadorganismen festgestellt - 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Ein großer Teil entfällt dabei auf den privaten Reiseverkehr. Seit Jahren bemerkt der Zoll, dass die unerlaubten Pflanzenimporte in Koffern zunehmen, und die Dunkelziffer sei beträchtlich.
Kleine Mitbringsel, große Schäden - viele Urlauber sind sich nicht bewusst, wie gefährlich das Mitbringen von Obst und Pflanzen sein kann.
Der Mann aus Abu Dhabi zieht Süßigkeiten, Mandeln, Honig aus dem Gepäck - und einen Dattelsalat. Muss der konfisziert werden? "Bei den Datteln gibt es eine Ausnahme", sagt der Zollbeamte Meister. Auch Ananas, Bananen, Durian-Früchte und Kokosnüsse dürfen ohne Pflanzengesundheitszeugnis eingeführt werden. Ansonsten aber gilt: Wer Pflanzen und Obst aus einem außereuropäischen Land mitbringt, braucht ein Pflanzengesundheitszeugnis.
Eingeschleppter Käfer zerstört ganze Baumbestände
Kurz darauf müssen eine Thailänderin und ihr Sohn auspacken. Und tatsächlich: Die Zollbeamten finden Zitronen, Ingwer, Chili, Mango und vieles mehr. Die Gefahr: Exotische Fruchtfliegen, weiße Fliegen, Fransenflügler, Rüsselkäfer oder die Zitrus-Schwarzfleckenkrankheit könnten auf diesem Weg zu uns gelangen. Experten wissen: Wenn sich Schädlinge von weit weg erst einmal hier ansiedeln und beginnen, Kulturen zu zerstören, sind sie nur schwer wieder wegzubekommen.
Der Asiatische Laubholzbockkäfer etwa soll Anfang der 2000er-Jahre über Verpackungsholz aus Asien in die Nähe von Passau eingeschleppt worden sein. Seitdem zerstört der schwarz-weiß gescheckte Käfer europaweit ganze Baumbestände.
Vernichtung auf Kosten der Urlauber
Das Obst und Gemüse der Thailänderin geht nun an die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, die für die sogenannte "phytosanitäre Überwachung" zuständig ist. Hier untersucht Jürgen Leiminger die Ware auf Krankheiten und Schädlinge.
Der Leiter für den Bereich "Pflanzengesundheit bei Ein- und Ausfuhr" findet zwar nichts, aber ein Pflanzengesundheitszeugnis bei der Einreise aus Drittländern ist Pflicht - und Sicherheit geht vor. "Von daher werden diese Waren einer ordnungsgemäßen Vernichtung unterzogen".