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PEGNITZ
- Was heißt eigentlich „vegan“, die nächste Stufe nach „vegetarisch“? Der Veganismus lehnt nicht nur den Verzehr von Fleisch ab, sondern überhaupt jede Nutzung von Tieren und tierischen Produkten. Zu dieser Lebensweise bekennen sich immer mehr Menschen – auch die „Macher“ des Weihnachtsmarkts des Gnadenhofs, der am Wiesweiher stattfand.
„Das Risiko, dass das vegane Essen hier nicht angenommen würde, gab es natürlich. Aber es hat sich nicht bewahrheitet“, sagt Monika Pracht, die Vorsitzende des Vereins „Gnadenhof Fränkische Schweiz“. Ihr Markt war einer der wenigen in ganz Deutschland, wo keine tierischen Produkte angeboten wurden.
Denn der Pferdefleischskandal, die Vogelgrippe, der Rinderwahnsinn, der Analogkäse, die Schweinepest, die Massentierhaltung und „Gammelwurst“ sind lauter Begriffe, die einem kurzfristig den Bissen im Halse feststecken lassen. Doch kaum verstummen die Berichte darüber, sind sie wieder gegessen. Wenn dann irgendwo die Thüringer, Kulmbacher oder Nürnberger Bratwurst auf dem Grill eines Weihnachtsmarkt liegt, interessiert es keinen mehr, unter welchen Umständen diese produziert wurde.
Der Gnadenhof machte es anders. Dort gab es überhaupt kein Fleisch. Kein Steak, keine Gulaschsuppe, keine Bratwurst.
„Ich bin seit gut 40 Jahren Vegetarier. Vegan habe ich noch nicht ganz geschafft“, sagt Pracht. Denn wenn man sich mit Schlachttieren und ihrem Leid beschäftigt, vergeht der Appetit auf Fleisch. Allein auf weiter Flur steht sie damit nicht. Denn der „Bund der Vegetarier“ geht zurzeit von rund sieben Millionen Vegetariern und 900 000 Veganern in Deutschland aus. Die Zahl der Vegetarier hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verzehnfacht. Wo in Jäger-Foren im Internet etwa Rezepte für Krähenburger veröffentlicht werden, bietet der Vegetarierbund Rezepte für orientalische Sesam-Fruchtbällchen.
An den Ständen, die im Wiesweiherpark aufgebaut waren, stand auf den Plakaten: Veganes Steak, veganes Gulasch, Waffeln mit veganer Schokolade, Torten ohne Gelatine. Lediglich in Großstädten wie Berlin, Duisburg, Düsseldorf, Hamburg, Hannover oder Leipzig gibt es so etwas. Doch die Kleinstadt Pegnitz zieht jetzt dank „Gnadenhof“ nach.
„Das Feedback war, obwohl es kein Fleisch zum Essen gab, gut“, so Monika Pracht. Zum Beispiel fuhren Jan Stichert und Elke Kroker extra aus Nürnberg her: Er kaufte veganes Gulasch, sie veganes Schnitzel. „Wir sind seit einem Jahr konsequent Veganer“, erzählten sie. Stufenweise schraubten sie den Fleischkonsum herunter, bis nur noch vegetarisches Essen auf dem Tisch stand. Schließlich verzichteten sie auch auf Milch und Ei. „Es ging um die ganzen Berichte der Massentierhaltung“, so die beiden.
Und genau der Aspekt zählt auch beim Ehepaar Ruth und Ludwig Meisner aus Neunkirchen, die sich hier das vegane Essen schmecken ließen: „Wir sind keine Vegetarier. Aber wir kochen viel mit Gemüse. Und auf Hühnchen oder Pute verzichten wir ganz. Das machen wir, seitdem wir im Fernsehen einen Bericht über einen sehr bekannten Betrieb gesehen haben, wie die mit den Tieren umgehen. Genau in dem Moment, in dem wir den sahen, hatten die uns als Kunden verloren.“
Auch die zehnjährige Carla aus Weidenberg ließ sich ihr fleischloses Gulasch schmecken. Sie erzählte: „In der Schule esse ich ab und zu schon einmal ein Salamibrot von einer Freundin. Aber zu Hause gibt es kein Fleisch, weil meine Mama ist auch Vegetarier. Die muss immer weinen, wenn sie auf der Straße einen Tiertransporter überholt.“
Der Weihnachtsmarkt war übrigens anstrengend: „Es ist ein Riesenakt für einen Verein, das zu stemmen. Wir haben gemerkt: Wenn er nächstes Jahr wieder stattfinden soll, brauchen wir mehr Helfer“, so Monika Pracht.