Toxoplasmose: Parasit gefährdet Gehirn

Toxoplasmose ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten. Ausgelöst wird sie von einem einzelligen Parasiten namens Toxoplasma gondii. Er ist weltweit verbreitet und befällt Vögel und Säugetiere – einschließlich des Menschen. Seine Endwirte sind jedoch Katzen. Rund 14 Millionen der Samtpfötchen leben in deutschen Haushalten, die Mehrheit von ihnen trägt Toxoplasma gondii in sich. Allerdings wird der Parasit für Menschen nur unter bestimmten Bedingungen zum Problem.Toxoplasmose: Parasit gefährdet Gehirn

Infektionsketten der Toxoplasmose: Katzenkot und Rohwurst als Risiko

Wenn Katzen den Parasiten mit dem Kot ausscheiden, kann er auf verschiedene Weise in den Körper des Menschen gelangen. Möglich ist u.a. eine – in den allermeisten Fällen unbemerkte – Infektion über diese Wege:

Der Kot wird (versehentlich) berührt, z.B. bei Leeren des Katzenklos.

Erde, die mit Katzenkot verunreinigt ist, wird angefasst, z.B. bei der Gartenarbeit.

Gemüse wird roh gegessen. Wenn Pflanzen in Erde mit Toxoplasma gondii wachsen, kann der Erreger auf sie übergehen.

Fleisch- und Wurstprodukte werden roh (z.B. Mett) oder nicht durchgebraten gegessen. Nutztiere, vor allem Schweine, Schafe und Ziegen, aber auch Rinder, infizieren sich über Futter oder Erde und tragen den Erreger im Fleisch.

Kontaminiertes (Grund-)Wasser wird getrunken. Solche Fälle gibt es in Deutschland bislang nicht.

Der Parasit gelangt unbemerkt in den Mund, von dort in den Magen-Darm-Trakt und ins Blut. Darüber kann er sich schließlich im ganzen Körper ausbreiten und verschiedene Krankheiten und Symptome auslösen – Toxoplasmose hat viele Gesichter.

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Jeder Zweite ist infiziert – Toxoplasmose zeigt aber selten Symptome

Bei den meisten Toxoplasmose-"Betroffenen" tritt die Infektion nicht oder kaum in Erscheinung – das Immunsystem reagiert auf die Eindringlinge und bildet Antikörper, die lebenslang bestehen bleiben. Sie sind im Blut nachweisbar und lassen so relativ genaue Schätzungen zu, wie hoch die Infektionsrate in der Bevölkerung ist. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich etwa 30 bis 50 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens bereits mit Toxoplasmen infiziert haben. Bei den über 50-Jährigen geht man sogar von 50 Prozent aus. Die überwiegende Mehrheit weiß nicht, dass sie befallen ist. Prof. Dr. Ildiko Rita Dunay, Leiterin des Instituts für Inflammation und Neurodegeneration an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU), erklärt: "Bei gesunden Menschen löst die Infektion kurzzeitige Erkältungssymptome wie Schüttelfrost, Fieber und Gliederschmerzen aus. Eine solche Infektion kann für Schwangere oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem dagegen gefährlich werden."

Risikophase für Toxoplasmose: Frühschwangerschaft gefährdet

Wer schwanger ist oder gerade versucht, es zu werden, muss besonders achtsam sein: Wenn Frauen zum ersten Mal Toxoplasmose während der Schwangerschaft bekommen, kann das für das Ungeborene gefährlich werden. Wenn noch keine Antikörper vorhanden sind, kann der Parasit aus dem Blut der Mutter über die Plazenta zum Fötus vordringen. Das passiert nur sehr selten, aber wenn der Erreger das Ungeborene erreicht, kann er bleibende Schäden verursachen oder gar eine Fehlgeburt auslösen. Je nach Stadium gibt es besondere Anfälligkeit für Toxoplasmose. Nach der Frühschwangerschaft vermindert sich im zweiten und dritten Drittel das Risiko für schwere Schäden, dafür steigt mit Entwicklung der Plazenta die Wahrscheinlichkeit, dass der Erreger das Kind erreicht. Nach der Frühschwangerschaft kann Toxoplasmose u.a. die Sehnerven schädigen und zu lebenslangen Sehbehinderungen bei den betroffenen Kindern führen.

Ein Test auf Toxoplasma-Antikörper wird von den gesetzlichen Krankenkassen meist nur bei Schwangeren mit begründetem Infektionsverdacht übernommen. Der Bluttest kostet Selbstzahler rund 15 Euro und kann beim Frauenarzt gemacht werden. Mehr zu Toxoplasmose in der Schwangerschaft, gibt es hier.

Toxoplasmose im Gehirn: Vergesslich und deprimiert durch Parasiten?

Es ist kaum vorstellbar, aber der winzige Parasit kann neben Schwangerschaftskomplikationen offenbar auch Vergesslichkeit verursachen. Wenn Toxoplasma gondii über den Blutkreislauf bis ins Gehirn wandert, kann es sich dort lebenslang in Nervenzellen einnisten und den Hirnstoffwechsel verändern.

Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit sind bei Menschen, die schon mit Toxoplasma gondii infiziert waren, schlechter als bei Personen, die noch keinen Kontakt mit dem Erreger hatten. Das kam bei einer Untersuchung des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung der TU Dortmund mit insgesamt 84 Probanden heraus. Sie alle waren in der Altersstufe ab 65 Jahren und wurden – je nach Antikörper-Status – in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Teilnehmer gaben u.a. eine Einschätzung ihrer Lebensqualität ab und absolvierten dann verschiedene Tests, in denen das Arbeitsgedächtnis gefordert war. Die mit Toxoplasma gondii infizierten Teilnehmer schnitten dabei nachweisbar schlechter ab. Und: Sie beurteilten auch ihre körperliche, psychische und soziale Lebensqualität als schlechter als die Kontrollgruppe.

Wie sich diese Unterschiede genau erklären lassen und ob sie wirklich alle mit Toxoplasmose zusammenhängen, soll nun in einer gerade laufenden Langzeit-Untersuchung weiter erforscht werden. Ergebnisse einer Tier-Studie geben weitere Hinweise. Bei Mäusen mit Toxoplasmose kam es im Gehirn zu einer Stoffwechselstörung und Entzündungsreaktion – die die Nager offenbar zu absurdem Verhalten trieb. "Die Mäuse, die ja Beutetiere von Katzen sind, hatten nach der Infektion ihre natürliche Furcht vor Katzen verloren. Wenn man den Nagern den Geruch von Katzenurin präsentierte, schienen sie sogar eine Präferenz für Katzen entwickelt zu haben", so die Magdeburger Forscher.

Auch für Menschen könnten diese Erkenntnisse medizinisch relevant sein. "Sie unterstützen die Vermutung, dass Toxoplasma gondii ein Risikofaktor für neuropsychische Erkrankungen ist. Fehlfunktionen glutamaterger Synapsen werden mit den Ursachen von Depressionen, Schizophrenie und Autismus in Verbindung gebracht", gibt Neuroimmunologin Dunay zu bedenken. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den Parasiten und psychischer Störungen ist aber noch längst nicht bewiesen, die genauen Mechanismen müssen durch viel weitere Forschung geklärt werden.

Wie Toxoplasmose behandelt werden kann, wie man vorbeugt

Kaum jemand, der mit Toxoplasmose infiziert ist, muss behandelt werden. Nur in Ausnahmefällen, wie etwa der Schwangerschaft oder bei schweren Verläufen, werden Antibiotika eingesetzt. Dabei sind nur ganz bestimmte Arten wirksam. Zur Therapie von Toxoplasmose-Infektionen wird oft Sulfadiazin eingesetzt, das die Vermehrung der Toxoplasmen teilweise behindert. Im Versuch mit den verhaltensauffälligen Mäusen konnte das die Hirnchemie normalisieren und die Entzündungsreaktion bremsen. Ob Sulfadiazin diesen Effekt auch bei betroffenen Menschen hat, muss weiter untersucht werden. Verschiedene Antibiotika kommen auch bei einer Erstinfektion mit Toxoplasmose in der Schwangerschaft zum Einsatz. Bis zur 16. Schwangerschaftswoche bekommen Frauen Spiramycin, dann meistens eine Kombination aus Sulfadiazin und einem Anti-Parasiten-Mittel.

Viel bedeutender als die Akutbehandlung ist aber die Vorbeugung von Toxoplasmose bei Schwangeren und immungeschwächten Menschen, die noch keine Antikörper haben. Verschiedene Vorsichtsmaßnahmen reduzieren das Risiko, sich den Parasiten einzufangen, darunter:

Keine rohen oder nicht ausreichend erhitzten tierischen Lebensmittel essen – wie z.B. Mett, Rohwürste, rohe Schafs- und Ziegenmilch bzw. Käse daraus. Nach aktuellsten Erkenntnissen sollte auch Rindfleisch besser durcherhitzt werden.

Rohes Gemüse und Obst gründlich waschen vor dem Essen.

Aufmerksame Hygiene: Gründliches Händewaschen nach der Zubereitung von rohem Fleisch, nach der Arbeit mit Erde und nach dem Besuch von Sandspielplätzen. Idealerweise sollten bei der Gartenarbeit Handschuhe getragen werden.

Katzen im Haushalt nur mit Dosen- und/oder Trockenfutter ernähren, nicht mit rohem Fleisch.

Katzenklos sollten täglich mit heißem Wasser gereinigt werden, und zwar von nicht-gefährdeten Personen. Die Erreger im Katzenkot werden bei Raumtemperatur nämlich erst ca. 24 Stunden nach der Ausscheidung infektiös.

Generell bergen Wohnungskatzen ein kleineres Infektionsrisiko als Freigänger, aber niemand sollte die Tiere an sich als Keimgefahr verteufeln. Die Parasiten werden zwar von ihnen ausgeschieden, gelangen aber in vielen Fällen erst über weitere Quellen zum Menschen, wie rohe Nahrungsmittel oder dem Kontakt mit verunreinigter Erde. 40 Millionen Menschen hierzulande können sich schließlich kaum alle direkt bei Katzen angesteckt haben. Hygiene statt Hysterie ist ohnehin das Gebot der Stunde, um sich wirksam vor Krankheitserregern zu schützen – Aufmerksamkeit im Alltag hält uns und andere gesund.

Auf was gerade während der Schwangerschaft besonders zu achten ist, welche Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll sind und noch viel mehr lesen Sie auf unserer großen Themenseite. Alles zur Gesundheit und Haltung unseres Lieblingshaustiers Katze erfahren Sie hier.

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