Das Alpaka wurde positiv auf die ansteckende Krankheit Rindertuberkulose getestet. Seine Besitzerin wehrt sich gegen das behördlich verordnete Einschläfern des Tieres und löst damit eine generelle Debatte aus.
Im Streit um ein dem Tode geweihtes Alpaka wird es in England persönlich. Die Regierung begehe einen "mörderischen Fehler", wenn sie
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ohne weitere Tests einschläfern lasse, schrieb ein prominenter Tierschützer in der Zeitung "The Sun" (Montag). Sein Name: Stanley Johnson - Vater des britischen Premierministers Boris Johnson. Auch die Ehefrau des Regierungschefs wird wohl in die Debatte hineingezogen.
Er werde an Carrie Johnson, die für ihr Tier-Engagement bekannt ist, appellieren, sich bei ihrem Ehemann für
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einzusetzen, sagte Dominic Dyer von der Tierschutzorganisation Born Free Foundation der Zeitung "Telegraph".
Die Regierung beharrt auf ihrer Position:
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müsse sterben, weil er an der ansteckenden Rindertuberkulose erkrankt sei. Das hätten zwei Tests bestätigt. Ein Gericht hat sich in der vergangenen Woche hinter die Entscheidung gestellt und der Regierung nun 30 Tage Zeit gegeben,
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einzuschläfern.
Rindertuberkulose bereitet britischen Landwirten große Probleme, zumal die Erreger auf Menschen überspringen können. "Jede Woche müssen allein in England 500 Rinder aus Herden entfernt werden, um die Ausbreitung zu stoppen", schrieb Umweltminister George Eustice in der Zeitung "Mail on Sunday". "Hinter jedem dieser Fälle steht ein Bauer, der Verluste und Tragödien erlitten hat."
Falsche Resultate?
Doch Geronimos Besitzerin Helen Macdonald ist sich sicher: Die Tests hätten falsche Resultate gezeigt. "Das Umweltministerium weiß seit Jahren, dass Tuberkulose-Hauttests bei Alpakas zu falsch-positiven Ergebnissen führen können", sagte Tierschützer Dyer. Statt
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mit einem genaueren Bluttest zu untersuchen, ordne Eustice den Tod des sechsjährigen Tieres an, "um eine stärkere Überprüfung der zahlreichen Versäumnisse der Regierung bei der Bekämpfung der Rindertuberkulose bei Rindern, Alpakas und Dachsen zu vermeiden".
Im Londoner Regierungsviertel protestierten Tierschützer am Montag gegen die Pläne der Regierung. Eigentlich sollten lebende Alpakas den Protest vom Umweltministerium zu Johnsons Amtssitz in der Downing Street begleiten, blieben aber wegen des Stressfaktors doch weg. An die 100.000 Menschen unterzeichneten eine Petition, die Johnson zum Einschreiten auffordert. Geronimos Besitzerin Macdonald aus der Nähe von Bristol in Westengland weiß die Stimmung auf ihrer Seite.
Ursprünglich stammen Alpakas aus den südamerikanischen Anden. Doch mittlerweile werden die Klein-Kamele in Europa gezüchtet. Mit ihren großen Kulleraugen, dem flauschigen Fell, langen Hals und einem Mund, der immer aussieht, als würde er lächeln, gelten die Tiere vielen Menschen als Inbegriff von Niedlichkeit. Wohl auch deshalb sorgt der Streit um
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- benannt nach einem bekannten Apachen-Häuptling - bei den für ihre Tierliebe bekannten Briten für Empörung.
Tierschützer fordern Impfungen für Rinder
Den Tierschützern geht es um mehr. "Der Fall von
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, dem Alpaka, könnte sich als wichtiger Wendepunkt bei der Verbesserung der Bekämpfung der Rindertuberkulose erweisen, um Rinder, Alpakas und die Zukunft unserer wertvollen Tierwelt besser zu schützen", sagte Dyer. So dürfen jedes Jahr zahlreiche Dachse gekeult werden, da die Tiere ebenfalls Rindertuberkulose übertragen können. Die Praxis soll von 2022 an auslaufen - zu spät, kritisieren Tierschützer. Sie fordern andere Maßnahmen wie etwa Impfungen für Rinder.
Die Regierung gab sich trotz des lautstarken Protests gelassen. Die Politik müsse sich an die Regeln halten, trotz aller Emotionen, sagte Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng dem Sender Sky News. "Ich denke, dass es eine Sommerlochgeschichte ist."
(APA/dpa)