Von Manfred Ofer
Mannheim. Die Uhr tickt. Die negativen Folgen des Klimawandels sind schon lange bekannt – und trotzdem ist das Thema im vergangenen Jahr in den Hintergrund gerückt. Während ein Virus die Welt bewegt, schreitet in dessen Schatten die globale Erwärmung voran. Auf die damit verbundenen Konsequenzen für die Gesundheit möchten die Aktivisten von "Health for Future" aufmerksam machen. Das junge Aktionsbündnis besteht aus Vertretern von Medizin- und Pflegeberufen. Auch in Mannheim ist eine Ortsgruppe aktiv.
Das breite Bündnis widmet sich den globalen Folgen des Klimawandels für die Gesundheit. In Mannheim gehören Anne Schirren (22) und Paul Wein (21) zu einer Gruppe von Aktivisten. Beide studieren an der medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. "Es ist wichtig, möglichst alle Folgen der Erderwärmung im Blick zu haben", sagt Schirren, die vor zwei Jahren die Ortsgruppe mit begründet hat. Die extreme Hitze der vergangenen Sommer begünstige viele Erkrankungen, darunter Herz- und Nierenleiden, aber auch Schädigungen der Lunge durch höhere Feinstaubkonzentrationen. Dazu lägen valide Studien vor. Die Wetterereignisse gingen auch mit Trinkwasserknappheit und Ernteausfällen einher, die in der südlichen Hemisphäre bereits große Migrationsbewegungen zur Folge hätten. "Es liegt nahe, anzunehmen, dass das auch zu politischen Konflikten führen kann, wenn es nicht bereits passiert", sagt Wein. Letztendlich seien in einer globalisierten Welt früher oder später alle Menschen von den Auswirkungen betroffen.
Die Aktivisten von "Health for Future" wollen über solche Zusammenhänge mit Plakat-Aktionen, Vorlesungen und Mahnwachen an Unis und Kliniken aufklären. Sechzig Ortsgruppen gibt es deutschlandweit. Anne Schirren wurde durch ihre Schwester, die auch Medizin studiert, auf die Plattform aufmerksam. Paul Wein kam durch eine Vorlesungsreihe mit dem Thema in Berührung. "Vielen Angehörigen der angehenden Ärzteschaft ist das Zusammenspiel von Klimawandel und Gesundheit tatsächlich nur am Rande bekannt", sagt er. Als solche hätten sie jedoch eine Verantwortung gegenüber der Bevölkerung, der man am ehesten durch Prävention gerecht werde: "Wer den Klimaschutz vorantreibt, geht damit auch an die Wurzeln zahlreicher Krankheiten."
Leider neige der Mensch dazu, ein akutes Ereignis abzuwarten, ehe er Probleme wie den Klimawandel angehe, sagt Schirren. "Dass die Polkappen schmelzen und in anderen Ländern Dürre herrscht, bekommen wir zwar mit, doch es fühlt sich trotz allem ganz weit weg an." Für die Menschen vor Ort sei das Problem aber schon jetzt existenziell. "Als Tourist, der in so einem Land Urlaub macht, muss man ja nicht den Rest des Jahres damit klarkommen", fügt Wein hinzu. Der Stand der Forschung zeige aber, dass sich das ändern werde.
Am Beispiel von Corona könne man die Folgen der Erderwärmung greifbar machen, und zwar anhand der sehr wahrscheinlichen Übertragung vom Tier auf den Menschen. "Je weiter der Mensch in Ökosysteme vordringt, in denen Tiere leben, mit denen er sonst nicht in direkten Kontakt kommt, desto wahrscheinlicher ist die Übertragung neuer Infektionskrankheiten", erklärt Schirren. Dürren führten dazu, dass Menschen auf der Suche nach Anbauflächen in solche Areale eindringen – und so landeten auch exotische Tiere auf dem Speisezettel, die Überträger von Krankheiten seien, auf die man nicht vorbereitet sei.
"Deshalb ist es so wichtig, Ökosysteme wie den Regenwald zu schützen, indem man die Produktion von Kohlendioxid nachhaltig reduziert", sagt Wein. In Krankenhäusern sei das zum Beispiel durch ein intelligentes Energie- und Abfallmanagement möglich, etwa mit LED-Lampen. Um die Politik für das Thema zu sensibilisieren, haben die Mannheimer Aktivisten nun einen Brief an die Parteien vor Ort geschickt.