Die Trinkwasser-Initiative und die Initiative Pestizidverbot starten in der ersten SRG-Umfrage mit einem Ja-Vorsprung. Viele politische Beobachter in Bundesbern und im Parlament sind aber überrascht, dass der Zuspruch zu diesen beiden Umwelt-Initiativen nicht deutlicher ausfällt.
Andere Initiativen starteten besser
Denn die letzten Öko-Vorlagen hatten jeweils sehr hohe Sympathiewerte in der ersten Umfrage genossen, bevor der Ja-Anteil dann jeweils einbrach, je näher der Abstimmungstermin rückte.
Eine solche Entwicklung ist gerade bei Volksinitiativen typisch. So war es bei der Fairfood- oder bei der Hornkuh-Initiative. Auch bei den beiden Agrar-Initiativen ist es wahrscheinlich, dass der Ja-Anteil zurückgehen wird. Aber eben, sie starten nicht aus einer komfortablen Lage heraus.
Nein-Kampagne rollt übers Land
Die massive Nein-Kampagne des Bauernverbands ist sehr früh gestartet und dürfte bereits jetzt ihre Spuren hinterlassen haben. Wer übers Land fährt oder auf dem Land wohnt, kann ihnen nicht mehr ausweichen, den «2x Nein»-Fahnen. Der Bauernverband spricht von der grössten Kampagne aller Zeiten.
Bergbauern, die möglicherweise nicht mehr genug Futter für ihre Tiere hätten, dominieren die Debatte, und nicht mehr die zum Teil schlechte Trinkwasserqualität. Die Initianten geniessen zwar die Unterstützung der Umweltverbände, aber sie scheinen schon jetzt ins Hintertreffen zu geraten.
Präsident der Bauern hat noch nie verloren
Bauernverbandspräsident Markus Ritter – selber Biobauer – der immer wieder mal als der mächtigste Lobbyist im Land bezeichnet wird, könnte auch dieses Mal wieder als Sieger hervorgehen. Was im Bundeshaus niemanden erstaunen würde: Mitte-Mann Ritter hat noch nie verloren.
Seine Strategie (und die des Bundesrats) könnte sich auszahlen: Kein Gegenvorschlag zu beiden Initiativen, aufs Ganze gehen. Beide Initiativen zusammen an die Urne bringen und beide als «bedrohlich für den Bauernstand» taxieren.
Verwirrende Parolen
Die SRG-Umfrage zeigt denn auch: Grosse Unterschiede zwischen den beiden Initiativen machen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zurzeit nicht, die Initiative Pestizidverbot schneidet ganz leicht besser ab.
Die Parolen der Parteien und Verbände könnten zunehmend verwirren. Biosuisse, der Verband der Knospe-Betriebe, lehnt die Trinkwasser-Initiative ab, unterstützt aber die Initiative für ein Pestizidverbot. Im Parlament fand aber eine Mehrheit, die Pestizid-Initiative sei radikaler als die Trinkwasser-Initiative.
Die Grünliberalen wiederum gaben nur für die Trinkwasser-Initiative die Ja-Parole heraus. Welche Initiative ist nun besser oder schlechter? Im Zweifelsfall dürften viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger beide Volksbegehren ablehnen.
Ständemehr als Hürde
Wenig überraschend gibt es bei beiden Initiativen einen tiefen Stadt-Land-Graben. Die Zustimmung in den Städten ist hoch, die Ablehnung in der ländlichen Schweiz ist gross. Es zeichnet sich schon jetzt ab: Das Ständemehr könnte zur unüberwindbaren Hürde werden. Darauf zielt auch der mächtige Bauernverband ab.
Andy Müller
SRF-Bundeshausredaktor
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Andy Müller ist Bundeshausredaktor des Schweizer Fernsehens. Zuvor war er Themenplaner und stellvertretender Redaktionsleiter von 10vor10. Er arbeitet seit 2007 für SRF.