Niehl -
Über den allerletzten Tag in seinem alten Leben hat sich Jürgen Moll bisher keine Gedanken gemacht. Doch so vehement, wie er jetzt auf die Frage, ob er am letzten Tag in seinem Geschäft denn keine einzige Träne vergießen wird, mit dem Kopf schüttelt, könnte man fast meinen, der Abschied sei ihm egal. Nach 34 Jahren wird Moll am 31. August das letzte Mal die Tür seines Zoofachgeschäfts „Zoo Moll“ in Niehl abschließen. Doch der Unternehmer hat eine neue Idee.
Tierfutter-Verkauf auf Märkten
Sein zweites, neues Leben steht seit Wochen zusammengeklappt auf einem Parkhausdach in der Nähe seines Geschäfts. Ab Oktober will er mit dem Anhänger durch die Lande ziehen, über die Wochenmärkte in Köln, aber auch nach Düren, Overath oder Waldbröl. Und dabei machen, was er eigentlich schon immer getan hat: Tierfutter verkaufen. Getrocknete Kaninchen-Ohren, Futter-Kolben für Vögel, alles aus Deutschland, vielleicht manches sogar in Bio-Qualität, vielleicht sogar noch mit ein paar zusätzlichen Raffinessen.
Aber eben nur noch Tierfutter. Keine Hamsterkäfige, keine Hundeleinen, und erst recht keine lebenden Tiere mehr. „Ich bin froh, etwas Neues zu starten“, sagt Moll. „Meine emotionale Bindung zu meinem Geschäft war früher enorm. Jetzt ist sie abgeflacht.“ Wie konnte es so weit kommen?
Alles rund ums Haustier verkauft Jürgen Moll seit 34 Jahren im Geschäft an der Friedrich-Karl-Straße. Doch am 31. August ist Schluss.
Foto:
Raphael Markert
Doch noch fiept und zwitschert es hier in der kleinen Zoofachhandlung aus jeder Ecke, auch wenn Moll schon einige Tiere verkauft hat. Es riecht ein wenig streng – nach Tierfutter, das er am Eingang drapiert hat. Doch die Zahl der Menschen, die jeden Tag an seinem Laden in der Niehler Friedrich-Karl-Straße vorbeilaufen, hat sich innerhalb der vergangenen Jahrzehnte fast halbiert, schätzt Moll. „Früher hatten wir hier im Bereich 13 Fachgeschäfte, heute sind wir nur noch zu dritt.“ Gerade erst hat auch der Metzger neben Moll zugemacht, noch steht das Ladenlokal leer.
Konkurrenz aus dem Internet
Ob Molls Geschäft zeitnah wiedervermietet werden wird, war nicht zu erfahren. „Mir fehlt einfach die Laufkundschaft“, erzählt er. Dazu kommt der Internethandel. Man könnte meinen, eine Tierfachhandlung sei vom Onlineboom weitestgehend verschont geblieben. Doch das Gegenteil sei der Fall, erzählt Moll. „Die Kunden lassen sich bei mir beraten, kommen nach sieben Tagen wieder, kaufen nur das Tier und sagen, dass sie das Zubehör schon im Internet gekauft haben. Das ist frustrierend.“
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Dabei mache er mit verkauften Tieren quasi keinen Umsatz, weil er sie vor dem Verkauf selbst monatelang pflegen und füttern müsse – das kostet. Und selbst Tiere kauften die Menschen heute immer öfter auf Kleinanzeigen-Portalen im Internet, weiß Moll.
1985 übernahm er das Geschäft
Die Zoohandlung hatte sein Vater schon 1964 eröffnet, damals noch auf der Riehler Garthestraße. 1985 übernahm Jürgen Moll, zog um in die Friedrich-Karl-Straße nach Niehl, erlebte mit seinem Geschäft einen wahren Boom der Zoobranche. Es lief gut. Damals, als die Menschen all das, was ihr Haustier brauchte, bei ihm kauften. Seit damals sind aus 110 inhabergeführten Zoohandlungen in Köln weniger als zehn geworden, sagt Moll.
Jürgen Moll vor seinem Geschäft, das er seit 1985 an der Friedrich-Karl-Straße führt.
Foto:
Raphael Markert
Er sagt es ohne Groll. „Es wird Zeit, sich von dem Alten zu trennen“, sagt er. Sein Geschäft nennt er heute eine „Gefangenschaft“. Moll will mit 57 Jahren nochmal frei sein und ungebunden. Vielleicht auch mal erst morgens entscheiden, auf welchem Markt er die nächsten Stunden verbringen will. Eben nicht mehr bis zu 65 Stunden in der Woche, auch an Feiertagen und Wochenenden, in seinem Geschäft verbringen müssen.
Online-Geschäft kommt für ihn nicht in Frage
Moll weiß, dass er mit seinem Neustart ein Risiko eingeht. Wochenmärkte hätten oft ein ähnliches Problem wie der Einzelhandel. Auch sie werden immer weiter von den Onlinebestellungen unter Druck gesetzt. Doch selbst in das Internetgeschäft zu wechseln, wäre für Moll nie in Frage gekommen. Er will bei den Menschen bleiben, beraten, sprechen, ihnen in die Augen schauen, bestenfalls seine alten Stammkunden behalten.
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Und er glaubt, mit seinem Tierfutter-Anhänger gleichzeitig weniger arbeiten und mehr Umsatz machen zu können als bisher. „Wir werden um 6 Uhr anfangen“, sagt Moll. „Und um 14 Uhr sind wir dann schon wieder zu Hause. Jeden Tag auf einem anderen Wochenmarkt.“
Wenn Moll von der Geschäftsidee spricht, tut er das fast immer in der Wir-Form. Wir, damit meint er sich und seine neunjährige Eurasierhündin Laska, die fast immer um ihn herumwuselt. „Allein deswegen hätte ich ja nicht viel anderes machen können. Sie muss dabei sein.“