Klon-Technologie
Tabubruch bei Tierli für 50'000 Franken: Genfer Firma will Hunde und Katzen klonen lassen
Müssen Tierhalter künftig von ihrem geliebten Vierbeiner nie mehr Abschied nehmen? Im Ausland ist das Klonen von Hunden und Katzen bereits erlaubt. Nun möchte ein Westschweizer ins Geschäft einsteigen. Doch bei der Gesetzeslage gibt es offene Fragen.
Benjamin Weinmann
27.05.2021, 05.00 Uhr
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«Hello again»: Der Howard-Carpendale-Hit wäre das wohl passendste Willkommenslied beim Wiedersehen mit geklonten Haustieren.
Chris Collins /The Image Bank RF
Rex, Mimi, Fido oder Luna – Haustiere sind die besten Freunde des Menschen. Der Tod der haarigen Vierbeiner ist denn auch für viele Herrchen und Frauchen ein schmerzhafter Verlust, vergleichbar mit jenem eines Familienmitglieds. Doch was, wenn man gar nie Abschieden nehmen müsste?
Genau das verspricht die neue Webseite «Swiss Pet Cloning». Der Hund oder die Katze sollen geklont zu ihrer Familie zurückkehren können. Die Idee: Vor oder nach dem Ableben des treuen Gefährten werden Stammzellen entnommen, Embryonen damit gezüchtet, die dann von einer animalischen Leihmutter ausgetragen werden.
«Klar, dass das Thema ethische Fragen aufwirft»
Bei «Swiss Pet Cloning» handelt es sich um ein neues Angebot eines Genfer Unternehmers Jonathan Français* (*Name geändert). CH Media konnte mit ihm sprechen – unter der Bedingung, dass sein Name nicht genannt wird. Die Angst vor Kritik hält ihn davon ab, an die Öffentlichkeit zu treten. «Mir ist klar, dass das Thema ethische Fragen aufwirft», sagt Français. Doch er habe selbst eine Katze und würde nicht zögern, diese klonen zu lassen.
Die Entnahme von Stammzellen gilt in der Schweiz als Tierversuch und muss von den Behörden bewilligt werden. Dieser Prozess soll gemäss Français’ Vision hierzulande in einer Klinik stattfinden, die eigentliche Klonung dann im Ausland. Denn Klon-Praxen gibt es in der Schweiz nicht – in asiatischen Ländern wie China und in den USA hingegen schon. Kostenpunkt: Bis zu 55'000 US-Dollar für einen Hund, 40'000 Dollar für eine Katze. Mit welchen ausländischen Klon-Firmen er in Kontakt steht, will er nicht verraten. In China gibts zum Beispiel Sinogene, in den USA Viagen. Der texanische Anbieter klont auch Frettchen und Pferde. Unter anderem hat sich die bekannte Sängerin und Schauspielerin Barbra Streisand von Viagen ihren Hund klonen lasen.
Aus «Buddy 1» wird «Buddy 2»: So wirbt die texanische Firma Viagen für das Klonen von Haustieren.
Viagen / Youtube
Und wie identisch ist der Klon zum Original? «Zu 99 Prozent handelt es sich um den gleichen Körper der Katze oder des Hundes», sagt Français. «Er hat die gleichen Fellmuster, die höchstens minim abweichen.» Nicht kopiert werden kann hingegen der Charakter des Tieres - und dessen Gedächtnis. «Es wird sich nicht an den Tierhalter erinnern können.»
Français, der sich nur als Vermittler für Klon-Aufträge sieht und daneben im Geschäft mit Bitcoin-Währungen mitmischt, betont, dass er mit seinem Klon-Vermittlungsbusiness noch nicht beginnen konnte. «Die Nachfrage ist zwar sehr gross, aber wir müssen noch einige Fragen klären bevor wir starten.» Dies allerdings nicht freiwillig. Laut dem Genfer Gratisanzeiger «GHI» hat sich der kantonale Veterinärmediziner Michel Rérat eingeschaltet. Er verlangt von «Swiss Pet Cloning» mehr Informationen zum genauen Ablauf.
Genfer Veterinärmediziner schaltet sich ein
Rérat sagt auf Anfrage, er habe bis heute noch keinen Antrag der Firma erhalten. Und das knapp erklärte Verfahren auf der Homepage scheine ihm die nötigen Kriterien nicht zu erfüllen, um die Zellentnahme bei einem lebenden Tier zu genehmigen. In den USA und Asien seien die Regeln diesbezüglich oft weniger streng.
«Ich fände es schade, wenn sich die Schweiz gegen derartige, wissenschaftliche Fortschritte wehren würde», sagt Français. Aber er wolle alle Regeln befolgen. Sollten die Auflagen zu aufwendig werden, schliesse er jedoch nicht aus, die Geschäftsidee wieder zu begraben.
«Experimentelles Niveau»: Bund hegt Zweifel an Verfahren
War 1996 eine internationale Sensation: Das erste geklonte Tier, das Schaf Dolly.
KEY
Doris Schneeberger, Sprecherin des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), betont, dass das Klonen von Tieren «ein technisch sehr anspruchsvolles Verfahren» sei, das hohe Fachkompetenz erfordere. «Es bewegt sich auch in Ländern, die Tiere klonen, nach wie vor auf einem relativ experimentellen Niveau.» Hierzulande habe man bisher keine Kenntnis von entsprechenden Forschungen oder gar durchgeführten Klonungen.
In der Schweiz seien die Hürden für eine Klonerzeugung von Tieren sehr hoch, sagt die BLV-Sprecherin. Dabei gehe es um eine Güterabwägung. Zudem müsse der Tierversuch unerlässlich sein. «Es ist somit ausgeschlossen, dass in der Schweiz Tiere ausserhalb eines wissenschaftlich gut begründeten Tierversuchs geklont werden können.» Die Sehnsucht nach dem geliebten Heimtier reiche für eine Bewilligung nicht aus.
Ist der Import des geklonten Hundes erlaubt?
Doch was ist mit Klon-Tieren aus dem Ausland, so wie es «Swiss Pet Cloning» vorsieht? Können die kopierten Hunde und Katzen aus den USA und China problemlos in die Schweiz eingeführt werden? Zu dieser Frage könne man aktuell keine Auskunft geben, sagt Schneeberger. «Die rechtliche Situation wird gegenwärtig abgeklärt.»
Somit bleibt unklar, ob die «Swiss Pet Cloning» eine Zukunft hat oder nicht. Bis dahin erhalten Interessierte auf der Webseite Antworten auf Fragen wie, was man tun soll, wenn das Haustier unerwartet stirbt. «Bleiben Sie ruhig und folgen Sie diesen Schritten: Wickeln Sie das Tier in ein feuchtes Tuch ein und lagern sie es im Kühlschrank.»
Eine amerikanische Familie erklärt gegenüber dem US-Fernsehsender CBS, weshalb sie sich dazu entschlossen hat, ihren Hund klonen zu lassen.
CBS / Youtube
Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
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