Auf den Hund gekommen: Apple AirTags im Praxistest

Das Konzept ist alt und erprobt. Man befestigt ein Stück Elektronik an wichtigen Gegenständen wie Schlüsselbund, Rucksack oder Fahrrad und ortet diese Gegenstände dann, wenn sie abhandengekommen sind. Das geschieht in der Regel per Bluetooth und ist damit auf die Reichweite dieser Funktechnik begrenzt. Anbieter wie Tile benutzen auch ihre Apps auf fremden Handys, um die Tags außerhalb der Bluetooth-Reichweite zu finden.Auf den Hund gekommen: Apple AirTags im Praxistest

Der AirTag in Apples Schlüsselanhänger

(Bild: Volker Weber )

Apple AirTags haben hier einige entscheidende Vorteile. Sie nutzen das „Wo ist?“-Netzwerk, in das fast alle aktuellen Apple-Geräte, wie iPhones, iPads, iPods, Apple Watch oder Macs eingebucht sind, damit sie bei Verlust selbst wieder aufzufinden sind. Apple spricht von einer Milliarde Geräten, die ein engmaschiges Netz bilden. Sieht eines dieser Geräte den Bluetooth-Beacon eines fremden Gerätes, dann übermittelt es den Standort an den Eigentümer, verschlüsselt mit dem öffentlichen Schlüssel des Empfängers. Die Kennung des Beacons ändert sich alle 15 Minuten, damit man es nicht so einfach tracken kann. Vom Sender bis zum Empfänger ist die Verbindung verschlüsselt, sodass selbst Apple diese Standorte nicht kennt. Der AirTag kennt seinen Standort nicht und kann ihn schon deshalb nicht speichern.

Find mich!Auf den Hund gekommen: Apple AirTags im Praxistest

Die Hardware ist unspektakulär. Ein kleines staub- und wasserdichtes Gehäuse mit IP67 Rating. Eine Seite ist aus Metall, die andere aus Kunststoff und funktioniert als Lautsprecher, sodass der AirTag Töne produzieren kann. Die Kunststoffseite wird von Apple auf Wunsch kostenlos graviert. Angetrieben wird der Tag von einer selbst zu tauschenden CR2032-Batterie, die mehr als ein Jahr halten soll. Man kann den AirTag einfach in eine Tasche stecken und es gibt bereits Hundehalsbänder, die ein kleines Täschchen haben, wo der AirTag reinpasst.

Das Airtag hat keine Befestigungsmöglichkeiten und braucht weiteres Zubehör. Zum Größenvergleich ein iPhone 12.

(Bild: Volker Weber)

Der Preis von 35 Euro für ein AirTag erhöht sich allerdings, wenn man ihn an einem Schlüsselbund befestigen will. Er hat nämlich anders als andere ähnliche Geräte kein Loch, durch den man einen Ring ziehen könnte. Apple verkauft einen Schlüsselanhänger und Taschenanhänger für 35 Euro bis 45 Euro. Für das Zubehör des Luxus-Anbieters Hermès muss man an diese Preise noch eine Neun anhängen. Immerhin ist der AirTag bei dem Preis schon enthalten.Auf den Hund gekommen: Apple AirTags im Praxistest

Die AirTags haben vier Funktionen: Man kann den Tag via Bluetooth lokalisieren und piepsen lassen, mit den mit U1-Chip bestückten iPhones 11 und 12 per Ultra Wideband (UWB) lokalisieren (Richtung und Entfernung) und als verloren markieren. Dabei kann man eine Nachricht hinterlassen, die auf fremden Apple-Geräten angezeigt wird, etwa: „Bitte rufen Sie mich unter 0171... an. Finderlohn!“. Diese Information kann per NFC ausgelesen werden und ist bei Apple-Geräten direkt in der „Wo ist?“ zu sehen, während bei Android-Handys eine Webseite angezeigt wird. Innovativ ist die vierte Funktion: Wenn ein AirTag für längere Zeit von seinem Besitzer getrennt ist, macht es sich bemerkbar, um den Träger zu alarmieren, dass er einen fremden Tracker mit sich herumträgt. Wenn der AirTag in diesem Zustand bewegt wird, dann piepst er vernehmlich. Abgeschaltet wird er einfach, in dem man die Batterie entfernt.

Die App zeigt Richtung und Entfernung an, wenn man den AirTag per UWB ortet.

(Bild: Volker Weber)

Apple hält sich bedeckt, nach wie langer Zeit dieser Hinweis auf fremde AirTags kommt. iPhone-Nutzer werden auf ihrem Bildschirm benachrichtigt, [Update] wenn man an einer eigenen Addresse ankommt. Diese Orte entnimmt das iPhone dem Eintrag Meine Karte des eigenen Adressbuchs. An allen anderen Orten erscheint die Alarmierung am Tagesende.[/Update] Nach drei Tagen soll der AirTag beginnen zu piepsen, wenn man ihn nicht zuvor durch Entfernen der Batterie abgeschaltet hat. Dieses Intervall kann Apple jederzeit anpassen.Auf den Hund gekommen: Apple AirTags im Praxistest

"Wo ist?" im Detail

Ein AirTag ist bei der Auslieferung im Zustand Unpaired. Legt man ihn neben ein Owner Device (iPhone etc.), kann man ihn mittels der „Wo ist?“-App mit der Apple ID verknüpfen und er wechselt in den Zustand Connected. Der AirTag kann sich jetzt mit allen Owner Devices dieser Apple ID verbinden. Der AirTag lässt sich nun mit keiner anderen Apple-ID mehr verbinden, bis er aus dem Apple-Account entfernt wird.

Nach einem Neustart oder Reboot ist der AirTag zunächst immer im Zustand Separated. Findet er ein Owner Device, dann wechselt er in den Zustand Nearby. In diesem Zustand kann man ihn per Bluetooth oder UWB auffinden. Entfernt sich das Gerät von allen Owner Devices, dann wechselt er in den Zustand Separated. Jetzt versucht er andere Geräte zu finden, über die er kommunizieren kann. Über den Beschleunigungssensor erkennt der AirTag, ob er in Bewegung ist. Findet er nun mitreisende andere Geräte, aber kein Owner Device, dann schaltet er in den Modus Unwanted Tracking (UT). Für diese Zustandsübergänge gibt es Timeouts. Wenn der AirTag in diesem Zustand wieder ein Owner Device findet, geht er über Connected in den Nearby-Zustand, der Timer wird zurückgesetzt und der UT-Modus beendet.

Daraus ergeben sich mehre Use Cases. Liegt der AirTag zuhause und man geht weg, ohne ihn mitzunehmen, dann wechselt er in den Zustand Separated, falls kein Owner Device mehr zuhause ist, startet aber nicht den UT-Modus, weil es in Ruhe ist. In der „Wo ist?“ App sieht man den letzten bekannten Ort. Wenn sich der AirTag mit fremden Apple Devices verbindet, dann sendet er verschlüsselt seinen Ort, ohne bekannt zu geben, mit welchem Gerät es verbunden war.Auf den Hund gekommen: Apple AirTags im Praxistest

Ein AirTag kann piepsen, per UWB gesucht werden, dazu lassen sich Nachrichten hinterlegen. Im Verloren-Modus kann der Fund des AirTags automatisch gemeldet werden.

(Bild: Volker Weber)

Im Zustand Separated kann man den AirTag in den Verloren-Zustand versetzen und eine Nachricht hinterlassen. Wird er von jemand anderem per NFC ausgelesen, dann kann der Finder die Nachricht lesen. Wird der AirTag von einem fremden Apple-Gerät gefunden, dann erhält man eine Push-Nachricht mit dem aktuellen Ort.

Wenn der AirTag jemand anderem zugesteckt wird, dann macht er sich nach Ablauf des Timeouts per Piepsen bemerkbar und man kann einfach die Batterie herausnehmen, um das Tracking zu beenden. Aktuell beträgt der TimeOut drei Tage. Das erscheint sehr lang, wenn es jemand darauf abgesehen hat, eine Wohnadresse zu finden. Auf der anderen Seite ist dies der erste Tag, der solche ungewohnte Verfolgung vermeiden hilft. Es geht Apple darum, Gegenstände zu finden und nicht Menschen zu verfolgen. [Update] iPhone-Nutzer müssen keine drei Tage auf die Alarmierung warten. Sie erscheint beim Eintreffen an einer eigenen Adresse oder spätestens am Ende des Tages.[/Update]Auf den Hund gekommen: Apple AirTags im Praxistest

Fazit

Gegenüber anderen Anbietern wie Tile haben die AirTags einen entscheidenden Vorteil. Tile muss zunächst eine App installieren und Zugriff auf die Ortungsdienste, auch im Hintergrund, erlangen. Dafür nervt die App den Anwender so lange, bis er zustimmt. Ohne diese Apps könnte Tile die eigenen Tags niemals außerhalb der Bluetooth-Reichweite finden.

Apple dagegen hat diese Funktion bereits im Betriebssystem auf beinahe einer Milliarde Geräte in Kundenhand und hat sein „Wo ist?“-Netzwerk für Drittanbieter geöffnet. Hersteller von anderen Mfi-zertifiziertenTags werden dabei allerdings zu Hardware-Lieferanten degradiert und können nicht selbst Kundendaten ansammeln.

(vowe)