Michael Koch (41) aus Brieselang hat bereits eine lange Karriere in der kommunalen Politik hinter sich. Nun hat er im April einen komplett neuen Posten angetreten. Er ist ab sofort der neue Beigeordnete des Landkreises und wird sich als Wahlbeamter um das Dezernat für Umwelt, Landwirtschaft, Ordnung und Sicherheit kümmern. Hier setzt er eigene Akzente, arbeitet aber auch eng mit den Kommunen und Städten im Havelland zusammen.
Michael Koch ist in Berlin-Charlottenburg aufgewachsen. Als er 16 Jahre alt war, zog seine Familie nach Brieselang um. 1999 stand für den Abiturienten ein Lehramtsstudium für Geschichte und Biologie an der Universität Potsdam an. Parallel unternahm er aber auch schon seine ersten politischen Schritte in der Kommunalpolitik.
Michael Koch zog 2003 in die Brieselanger Gemeindevertretung ein und wurde dort mit 23 Jahren direkt Fraktionsvorsitzender. Der Sprung in den Kreistag gelang ebenfalls. Hier übernahm er im Januar 2010 den Fraktionsvorsitz für die CDU. Das Lehramtsstudium gab Koch auf, um ins Verwaltungsfach zu wechseln. An der Brandenburgischen Kommunalakademie legte er seinen Abschluss als Verwaltungsfachwirt für Aufgaben des gehobenen nicht-technischen Verwaltungsdienstes ab.
Der Kommunalpolitiker leitete auch lange das Büro für den Bundestagsabgeordneten Uwe Feiler aus Spaatz. Und er trat zur Bürgermeisterwahl in Brieselang an, wo er aber Ralf Heimann unterlag.
Nun kann er als neu gewählter Leiter des Dezernats für Umwelt, Landwirtschaft, Ordnung und Sicherheit direkt im Landkreis weiter für die Bürger tätig sein. Mit Michael Koch sprach Carsten Scheibe.
Was ist eigentlich ein Wahlbeamter?
Michael Koch: „Der Beamtenstatus wurde mir durch die Wahl zum Beigeordneten durch den Kreistag verliehen – allerdings nur befristet auf Zeit. Er gilt zunächst für acht Jahre, eben für genau die Zeit, wie ich auch meinen Posten als Dezernent innehabe.
Acht Jahre sind übrigens eine sehr lange Amtszeit, das ist ja wie zwei Mal Bundestag. In diesen Jahren habe ich demnach tatsächlich einmal die Zeit, um meine Aufgaben gründlich auszugestalten. Ich kann in meinem Wirken wirklich Akzente setzen. Allerdings kann ich mich nach acht Jahren auch nicht damit herausreden, dass ich nicht ausreichend Zeit zur Verfügung hatte und deswegen bestimmte Aufgaben nicht erledigen konnte.“
Ihr Dezernat ist ja auch zuständig für die herrenlosen Müllhaufen, die zunehmend im Wald oder an den Straßen abgeladen werden.
Michael Koch: „Das stimmt so nicht ganz. Die Gemeinden und die Städte sind zuständig für den Müll, der illegal in der geschlossenen Ortslage abgelegt wurde. Die Forstbehörde ist für den Wald zuständig. Wir vom Landkreis kümmern uns verantwortlich um alle Flächen, die außerhalb der Gemeinden und außerhalb vom Wald liegen. Dieses Dreigeflecht stimmt sich aber intensiv untereinander ab.
Die Unsitte, wirklich containerweise Müll in der Natur auszukippen, hat in den letzten Wochen und Monaten leider extrem zugenommen. Das ist sehr ärgerlich, weil das Aufnehmen und Entsorgen dieses Mülls sehr viel Geld kostet. Das ist dann natürlich auch Geld, das wir am Ende alle über die Steuern und Gebühren mitbezahlen müssen.
Für mich ist das oft unverständlich. Der Landkreis holt doch Sperrmüll sogar kostenfrei an der Haustür ab. Und die Wertstoffhöfe der Abfallbehandlungsgesellschaft Havelland sind immer ein kompetenter und auch bezahlbarer Ansprechpartner, wenn es um die Entsorgung von Farben, Spanplatten, Leuchtmitteln oder anderen Dingen geht.
Natürlich ist mir klar, dass zu den Müllschweinen auch viele Firmen gehören, die sich alle Gebühren sparen möchten und deswegen den für sie preiswertesten Weg nehmen. Wir können den Bürgern, die etwa eine Wohnungsauflösung durchführen lassen, nur dazu raten, auf die korrekte Entsorgung durch die beauftragte Firma zu achten und sich die richtige Abgabe ggf. sogar schriftlich belegen zu lassen. Denn führt eine Spur im Müll zu ihnen zurück, sind sie mit verantwortlich.
Geht es um Bauschutt, wird die Entsorgung mitunter richtig knifflig. Da sind oft Stoffe dabei, die eben nicht einfach zu entsorgen sind. Teerpappe z.B. kann nur dann ordentlich entsorgt werden, wenn eine Bescheinigung vorliegt, die klar belegt, dass die Teerpappe kein Asbest enthält. Ansonsten kann es nämlich richtig teuer werden.
Dankbar bin ich für die zunehmenden Aktionen von Bürgerinitiativen, die eigenverantwortlich Müll in der Natur einsammeln, um ihre Nachbarschaft sauber zu halten. Auch die Jäger sind regelmäßig im Wald, um in einer konzertierten Aktion den Müll zu entfernen. Die Sensitivität unserer Bürger der Natur gegenüber nimmt ständig zu.“
Sie leiten ja auch den Zukunftsbereich Klimaschutz. Können wir denn in unserem kleinen Havelland das Klima mit retten?
Michael Koch: „In der Kreisverwaltung haben wir ja gerade das Klimaschutzkonzept für das Havelland überarbeitet. Es ist jetzt 140 Seiten stark. Die Abgeordneten möchten das über den Sommer lesen und verinnerlichen. Wir fragen uns ganz konkret: Wo haben wir die Handlungsmacht als Landkreis, wo können wir etwas tun? Wir können etwa eine energiereduzierende Gebäudesanierung bei den Liegenschaften des Landkreises in Auftrag geben oder noch mehr Geld in strombetriebene Fahrzeuge für den Landkreis sowie in öffentliche Ladesäulen investieren. Für mich geht es darum, allein im Mobilitätssektor den Treibstoffausstoß in jedem Jahr bis 2030 um 3,3 Prozent zu reduzieren.
Wichtig ist es uns dabei, neben dem Strom auch das Thema Wasserstoff zu forcieren. Großverbraucher wie die Busse von Havelbus werden mit Strom allein nicht weit kommen. Hier brauchen wir dringend den Wasserstoff. Unternehmen, die wie Havelbus zum Landkreis gehören, stehen zunehmend unter Druck, die eigenen Emissionen runterzufahren. Da die Logistik sehr stark im Havelland vertreten ist, könnte der Wasserstoff übrigens auch für diese Unternehmen eine große Bedeutung bekommen.
Es sind inzwischen 35 Unternehmen, die sich zum Projekt Wasserstoff zusammengefunden haben. Wir versuchen hier, die gesamte Wertschöpfungskette vom Erzeuger bis zum Endabnehmer abzudecken. Und das Havelland könnte hier durchaus auch eine Erzeugerrolle übernehmen. Die Windräder auf der Nauener Platte könnten nämlich mit dem Verfahren ‚Power to Gas‘ dabei helfen, die durch Windkraft gewonnene Energie direkt zur Wasserstofferzeugung zu verwenden.
Natürlich setzen wir auch weiterhin auf die strombetriebenen Fahrzeuge – auch beim Bürger. Allein in Dallgow-Döberitz waren am 30. Mai 2021 bereits 94 reine E-Fahrzeuge und 53 Hybride gemeldet. 2019 hingegen waren es noch nur sechs E-Fahrzeuge und acht Hybride.
Diese Dynamik sehen wir in vielen Orten im Havelland: Auch die deutschen Automobilkonzerne spüren den heißen Atem des Klimawandels im Nacken und wachen auf. Ich persönlich denke, dass sich das Stromauto erst dann richtig durchsetzt, wenn der Ladevorgang so schnell abläuft wie das Tanken eines konventionellen Benzin- oder Diesel-Autos. Ich persönlich warte auf den Wasserstoff, der liegt mir einfach mehr.
Ich plane übrigens ein eigenes Sachgebiet Klimaschutz im Landkreis, das 2023 an den Start gehen soll.“
Sie möchten gern den Gelben Sack durch die Gelbe Tonne austauschen?
Michael Koch: „Ja, auch daran arbeiten wir. Viele Haushalte haben bereits eine Gelbe Tonne. Sie wird von den Fahrzeugen kulanterweise geleert. Vorgesehen ist eine solche Leerung nicht. Eigentlich müsste man die Tonne vor der Abholung leeren und statt ihr wieder die Säcke vor die Tür stellen. Wir verbrauchen aber eine Million Plastiktüten vom Gelben Sack pro Quartal im Havelland. Das würden wir gern vermeiden. Deswegen soll ab 2023 die Gelbe Tonne flächendeckend im Havelland eingeführt werden. Dann lassen sich die Verwertungsgüter ohne Tüte in die Tonne werfen.“
Wasser ist ein sehr großes Thema im Havelland.
Michael Koch: „Oh ja. Bis Ende Mai hat es zwar ordentlich geregnet im Landkreis. Aber der Juni war einmal mehr extrem trocken, was vor allem die Landwirtschaft schädigt.
Das Wasser fehlt uns längst überall. Wir müssen dramatische Zustände beklagen. Aus ökologischer Sicht braucht etwa die Havel einen Mindestdurchlauf von 20 Kubikmeter Wasser in der Sekunde. Ende Juni lagen wir aber nur bei fünf Kubikmetern. Mit intelligenten Stausystemen versuchen wir, den Wasserstand irgendwie zu halten.
Wir arbeiten deswegen auch daran, ein eigenes Wassermanagement auf die Beine zu stellen, um zu sehen, wie wir zur Grundwasserbildung beitragen können. Damit fangen wir im Westhavelland an und rollen das dann in den Osten aus.
In Wansdorf haben wir ja sogar ein eigenes Klärwerk. Das leitet das gereinigte Wasser aber leider in den Kanal ein – und damit weg von uns. Besser wäre es aber, das geklärte Wasser würde direkt vor Ort in die Landschaft ausgebracht werden, sodass es versickern kann. Das ist kein kleiner Faktor, da geht es um Millionen Liter Wasser. Doch selbst mit einer vierten Klärstufe bliebe der Eintrag von Medikamentenresten ein Problem.“
Ein weiteres Thema, das Ihr Ressort betrifft, ist die Wildschweinkrankheit ASP. Die Landwirte haben Angst, dass die Afrikanische Schweinepest auf ihre Mastställe übergreift.
Michael Koch: „Zunächst einmal können wir alle sehr froh sein, dass die Afrikanische Schweinepest weiterhin noch nicht bei uns im Landkreis angekommen ist. Der Schwerpunkt liegt ja zurzeit im Osten Brandenburgs.
Wir haben uns aber sehr gut vorbereitet, da es jederzeit zu einer Sprungübertragung durch den Menschen kommen kann. Da reichen ein LKW-Fahrer und ein achtlos weggeworfenes Wurstbrot bereits aus, um die Schweinepest zu übertragen.
Der Landkreis Havelland hat vorbeugend 100 Kilometer Zaunanlagen angeschafft und in Friesack eingelagert, die sofort zum Einsatz kommen könnten. Wir haben Wildsammelstellen eingerichtet, wo im Ernstfall tote Wildschweine eingelagert und untersucht werden können. Wir haben die Gemeinden und Städte darum gebeten, uns Leute zu benennen, die bereit wären, die Wälder zu durchkämmen, um nach toten Wildschweinen zu suchen. Diese Bergungstrupps haben wir bereits zusammengestellt und geschult. Auch ist der Kontakt zu unseren Jägern sehr gut.
Auf diese Weise reduzieren wir etwaige Anlaufprobleme und können von ASP nicht überrumpelt werden.
Übrigens: Auch die Geflügelpest beschäftigt uns. Hier hatten wir bislang aber nur einen Fall im West-Havelland. Da ging es um einen verendeten Wildvogel. Es gab zum Glück aber keinen Eintrag in bestehende Bestände.“
Sie sind auch für das Ressort Ordnung und Sicherheit verantwortlich. Wie schaut es da aus?
Michael Koch: „Also das Rowdytum hat zum Glück noch keinen Einzug ins Havelland genommen.
Viele Bürger fragen aber bei uns an, ob wir nicht einmal bei ihnen in der Straße einen Blitzer aufstellen könnten. Oft wird zu schnell und zu rüpelhaft gefahren. Der Landkreis verfügt zurzeit über mehrere hundert Messstellen, an denen er einen Blitzer aufstellen kann. Wir dürfen also nicht überall stehen, es muss alles bestimmten Normen folgen.
Die Polizei ist in diesem Fall oft der bessere Ansprechpartner, denn die Polizisten können mit der Laserpistole an viel mehr Orten stehen als meine Mitarbeiter.“
Wenn Ihre (erste) Dienstphase nach acht Jahren vorbei ist: Was möchten Sie gern erreicht haben?
Michael Koch: „Ich möchte in dieser Zeit sehr gern in Sachen Umwelt und Klima vorangekommen sein. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Mensch einen Anteil am Klimawandel hat und wir die uns verbleibenden Chancen nutzen müssen, um den Planeten bewohnbar zu halten. Jeder Einzelne ist dabei in der Pflicht, das ihm mögliche zu tun, um es zum Besseren zu wenden.“
Der neue Posten bedeutet für Sie doch aber auch: Raus aus dem beschaulichen Brieselang?
Michael Koch: „Ja, das stimmt. Mein Arbeitsplatz liegt nun in Rathenow und nicht in Brieselang. Ich fahre weiterhin mit dem Auto, weil es auch noch zwei weitere Verwaltungsstandorte in Nauen und Friesack gibt, die ich regelmäßig besuchen muss.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 185 (8/2021).