Experten-Meinung
Offen über Demenz reden
Susette Schumann rät, die Betroffenen sowohl bei Diagnosen als auch bei Entscheidungen mit einzubeziehen.
Susette Schumann, Gesundheits- und Krankenpflegerin
10. August 2021
13:28 Uhr
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Für Menschen mit Demenz sind soziale Kontakte mit am wertvollsten. Das geht auch ohne Worte, wenn man etwa zusammen Fotos von früher ansieht.
Foto: Uwe Umstätter/dpa-tmn
Susette Schumann ist Vizepräsidentin der Deutschen Fachgesellschaft für aktivierend-therapeutische Pflege (DGATP).
Foto: Schumann/picture alliance/dpa/Susette Schumann
Berlin.
Susette Schumann ist Vizepräsidentin der Deutschen Fachgesellschaft für aktivierend-therapeutische Pflege. Sie bildet Pflegefachkräfte im Umgang mit Demenz aus und hat auch für Angehörige praktischen Rat.
Demenz. Vor dieser Diagnose schrecken viele Menschen zurück. Wie können Angehörige und Betroffene über die Diagnose Demenz reden?
Auf jeden Fall offen. Ich rate, Betroffene zur Befundbesprechung zum Arzt mitzunehmen. Damit schaffe ich eine Offenheit und vermittle: Wir haben hier keine Geheimnisse, wir reden über dich, aber wir reden auch mit dir. So hat der Mensch mit Demenz ein gewisses Mitspracherecht. Er kann sich, wenn er will, in das Gespräch einmischen und dem Ganzen einen Weg geben. Gerade bei einer beginnenden Demenz sind die Menschen noch in der Lage, zu entscheiden.
Was muss nach so einer Diagnose möglicherweise verändert werden?
Alles im Alltag sollte darauf ausgerichtet sein, dass sich der Demenzkranke so lange wie möglich selbst darin orientieren kann. Da geht es zum Beispiel darum: Kommt derjenige allein ins Bad? Meist ist es den Menschen sehr wichtig, dass keine Möbel umgestellt werden. Wenn alles so ist, wie sie es kennen, gibt ihnen das Sicherheit. Andererseits kann es bei einer bis oben vollgestopften Wohnung sein, dass Dinge im Weg und zu viele Reize vorhanden sind. Dann muss man vielleicht ein bisschen Raum schaffen. So viel wie gerade nötig, lautet die Devise.
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Kann man etwas gegen die Krankheit tun?
Ein Medikament, das die Demenz aufhält, gibt es bisher nicht. Man hofft, mit manchen Medikamenten die Verschlechterung verzögern zu können. Es ist schon viel wert, wenn der Erkrankte so lange wie möglich in der eigenen Wohnung leben kann. Daneben gibt es zum Beispiel auch Gedächtnissprechstunden, die Therapien zum Gedächtnistraining anbieten.
Eine Frage, die viele Angehörige bewegt und umtreibt: Wie erlebt man mit Demenzkranken schöne Momente?
Viele Angehörige machen das ganz intuitiv, das ist oft am besten. Die Frage ist: Womit fühlt sich der Mensch mit Demenz wohl? Für alte Menschen bedeutet es oft generell Lebensqualität, wenn sie nach draußen können, wissen, was für ein Wetter und was für eine Jahreszeit ist. Vielleicht kann man gemeinsam spazieren gehen. Drinnen sind es oft gesellige Gelegenheiten. Bei Kaffee und Kuchen zum Beispiel kann man ungezwungen reden und es hat mit Entspannung und Genuss zu tun. Für Menschen mit Demenz sind soziale Kontakte mit am wertvollsten. Je weiter die Demenz fortschreitet, desto weniger geht dieser Kontakt von den Erkrankten aus. Angehörige können dann von sich aus Angebote machen, Anlässe schaffen. Das geht auch ohne Worte, wenn man etwa zusammen Fotos von früher ansieht: von der Hochzeit oder von Haustieren. Auch Gerüche wecken bei Demenzkranken oft schöne Erinnerungen. Man kann Waffeln oder Kuchen backen, das wird sogar therapeutisch eingesetzt. (dpa)
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