07.01.2020, 19:10 Uhr
Die Hose kneift und die Oberarme wabbeln: Nach den Weihnachtstagen plagt viele Menschen das schlechte Gewissen. Lassen Diätpillen die Pfunde schmelzen? So urteilt Stiftung Warentest.
Gemüse statt Gänsebraten, Joggen statt Sofa: Nach den Weihnachtstagen wollen viele Menschen die angefutterten Pfunde schnell wieder los werden. Diätpillen und Schlanksheitsmittel aus der Apotheke versprechen eine Abkürzung auf dem Weg zu Wunschgewicht. Reine Werbeversprechen oder echte Erfolge? Das wollte Stiftung Warentest wissen und hat verschiedene Präparate testen lassen, die laut Marktanalysen besonders oft verkauft werden - darunter sechs rezeptfreie und sieben verschreibungspflichtige Mittel.
Die Ergebnisse sind ernüchternd: Alle rezeptfreien Mittel sind laut Warentest "wenig geeignet". Von verschreibungspflichtigen Appetitzüglern mit Amphetaminen raten die Tester sogar grundsätzlich ab. Der Grund: Die Präparate können zu Nebenwirkungen wie Herzrasen, Unruhe und Schwindel führen. Ein zu hoher Preis für eine schlanke Taille, urteilt Warentest.
"Mit Einschränkung geeignet" sind zwei andere verschreibungspflichtige Mittel. Dabei handelt es sich um Medikamente mit den Wirkstoffen Orlistat (Hartkapseln) beziehungsweise Liraglutid (als Spritze). Orlistat blockiert Enzyme, die Fette aus der Nahrung aufspalten. Liruglitad wurde zunächst als Mittel gegen Diabetes Typ 2 auf den Markt gebracht und ahmt die Wirkung von Darmhormonen nach.
"Studien bescheinigen den beiden Wirkstoffen Erfolg, wenn auch mäßigen", urteilt Warentest. So nahmen stark Übergewichtige mit einer Diät plus Orlistat etwa drei Kilo mehr ab als Studienteilnehmer, die statt des Medikaments nur ein Placebo eingenommen hatten. Bei Liraglutid liegt der Unterschied laut Studien bei etwa vier bis sechs Kilo.
Mäßige Erfolge und Nebenwirkungen
Überschaubare Erfolge, die oft auch Nebenwirkungen mit sich bringen: Viele Studienteilnehmer berichteten über Übelkeit und Durchfall und brachen die Einnahme ab. Zudem sind die Präparate nur bei starkem Übergewicht sinnvoll und sollten nur unter ärztlicher Aufsicht zum Einsatz kommen. Auch können die Mittel keine Diät und Sport ersetzen, sondern ergänzen das Abnehmprogramm, wenn Erfolge ausbleiben.
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Wer die Mittel dennoch anwenden möchte, sollte mit seinem Arzt sprechen - und sich auf hohe Kosten einstellen: Liraglutid-Präparate kosten pro Monat ungefähr 290 Euro. Für den Wirkstoff Orlistat müssen Anwender zwischen 70 und 120 Euro im Monat berappen. Anwender sollte innerhalb von drei Monaten mindestens fünf Prozent ihres ursprünglichen Gewichts verloren haben. Andernfalls sollte die Therapie beendet werden, rät Warentest.
Präparate mit dem Wirkstoff Orlistat gibt es auch in niedriger Dosierung. Diese Mittel sind dann nicht mehr verschreibungspflichtig. Allerdings sei die Wirkung schlechter erforscht als beim verschreibungspflichtigen Pendant, moniert Warentest. "Vor allem fehlen Daten zum langfristigen Erfolg." Die Experten bewerten die Mittel deshalb als "wenig geeignet". Sie sollten allenfalls bei starkem Übergewicht eingesetzt werden, um die Umstellung auf eine fettarme Diät zu unterstützen, so Warentest.
"Kurzfristige Motivationshilfe"
Überzeugt sind die Prüfer auch von den vier anderen rezeptfreien Mitteln nicht. Die Hersteller setzen auf verschiedene Mechanismen: So sollen Chitosan und Faserkomplexe die Aufnahme von Nahrungsfetten hemmen. "Doch die therapeutische Wirksamkeit der vier Medizinprodukte ist nicht ausreichend belegt", so Warentest. Noch am besten schneiden chitosan-haltige Mittel ab. Langfristige Erfolge seien aber nicht zu erwarten. Eine "kurzfristige Motivationshilfe" können die Produkte aber leisten.
Und wie sieht es mit Formuladiäten wie Almased, Slimfast und Yokebe aus? Tatsächlich können die Mittel laut Warentest dabei helfen, schnell ein paar Kilo zu verlieren. Dafür müssen Nutzer eine oder mehrere Mahlzeiten am Tag mit den kalorienarmen Drinks ersetzen. Allerdings drohen auch Nebenwirkungen wie Verstopfung. Formuladiäten sollten daher nur zeitlich begrenzt und bei starkem Übergewicht eingesetzt werden. Warentest empfiehlt sie als eine Art "Auftakt", die Ernährung umzustellen.
Und danach? Wer sein Gewicht dauerhaft halten will, sollte seine Hoffnung nicht ausschließlich auf teure Diätpillen und -pulver setzen. Sondern alte Gewohnheiten hinterfragen, mehr Bewegung in den Alltag einbauen und die Ernährung umstellen. Das spart obendrein den Gang zum Arzt: Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte gibt es auch ohne ärztliches Rezept.
Den vollständigen Test gibt es gegen Gebühr
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ikr
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