Von Martina Birkelbach
Eberbach.
Die einen finden sie niedlich und halten sie sogar als Haustiere, andere ekeln sich. Fakt ist, wenn es zu viele sind, handelt es sich um eine Plage. Ratten können sich nicht nur über Vorräte oder beispielsweise Stromkabel hermachen, sie können auch Krankheiten übertragen. Nicht hilfreich ist dabei, dass die kleinen Nager sehr intelligent und anpassungsfähig sind, zudem über eine ausgeklügelte Sozialstruktur verfügen und äußerst vermehrungsfreudig sind.
Alles Fähigkeiten, die den Tieren zu einer erfolgreichen Verbreitung verhalfen. Die Allesfresser können ausgezeichnet schwimmen und siedeln sich oft in der Kanalisation an, wo sie Unterschlupf und Nahrung finden. Auch in Eberbach und Umgebung gibt es Ratten. Einmal jährlich, meistens im Frühjahr, findet die "Rattenbekämpfungsaktion der Stadt Eberbach" statt. Wie Bürgermeister Peter Reichert erläutert, kann die Aktion bei starkem Rattenbefall "auch mehrmals" durchgeführt werden.
Eigentlich wollte die seit 1988 für die Stadt tätige Firma Carl Holler GmbH aus Saarbrücken vergangene Woche auf "Bekämpfungstour" gehen, "aus Termingründen" wurde die Aktion nun aber auf diese Woche verschoben. Am Montag soll es losgehen. Laut Bürgermeister Reichert findet die Bekämpfung "überwiegend im Kanalnetz auf dem Gemarkungsgebiet der Stadt Eberbach statt, es werden aber auch Uferrandstreifen an Neckar, Holderbach und Itter belegt".
Die Bekämpfungsaktion erfolgt auch auf privaten Grundstücken, sofern dieser von der Kanalisation ausgeht und der Rattenbefall beim Ordnungsamt gemeldet wurde. In diesem Jahr haben sich laut dem Stadtoberhaupt "etwa 30 Grundstücksbesitzer" bei der Stadt gemeldet, "die Rattenbefall auf ihrem Eigentum festgestellt haben".
"Im vergangenen Jahr war der Rattenbefall ganz schlimm, erklärt Carl Holler, Inhaber der bundesweit tätigen Schädlingsbekämpfungsfirma, der seit 1968 Ratten bekämpft. Dieses Jahr wird es wohl nicht besser sein, "das merkt man an den Meldungen, die gehen wieder verstärkt ein". Auch in Eberbach sind die Meldungen der Grundstückseigentümer laut Bürgermeister Reichert "im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen". Schuld an der Plage sind vorrangig die Menschen. Holler: "Vor allem, weil immer wieder Essenreste über die Toiletten entsorgt werden. Damit werden die Ratten gefüttert". Aber auch Vogelfutterhäuschen, insbesondere "runde Vogelfutterringe", und Komposthaufen ziehen die Nager an. Derzeit zählen die Vogelfutterhäuschen zum größten Futterspender: "Die Vögel picken und schmeißen das Futter runter – und die Ratten platzieren sich direkt daneben".
Holler: "Eine Ratte kann neun bis 19 Junge pro Wurf bekommen", betont der Fachmann. Wie oft eine Ratte "wirft", hängt von verschiedenen Situationen ab, etwa "dem Wetter oder der Umgebung". Dann kommt es immer darauf an, wie sich die Kleinen entwickeln, "aber nach drei bis vier Monaten können sie schon wieder flügge sein". Eine Ratte kann laut Holler bis zu fünf Jahre alt werden.
Mit einer Zwei-Mann-Kolonne rücken ab heute die Schädlingsbekämpfer der Firma Holler an. Eine "gute Woche" werden sie von morgens bis abends "wahrscheinlich mit einigen Überstunden" gegen den tierischen Feind in Eberbach und in den Ortsteilen kämpfen. Dabei wird, neben der Arbeit auf den Grundstücken und Uferrandstreifen "in jeden zweiten Kanaldeckel" ein Köder gelegt. Alle Straßen werden dazu abgefahren und jeder zweite Schacht geöffnet. Der Köder besteht laut Holler aus "einer festen Masse – einem wasserfesten Block, unter anderem aus Haferflocken, Getreide, Paraffin und eben Gift, einem Blutgerinnungshemmer". Die Ratte frisst und "verblutet innerlich".
Allerdings stirbt sie erst nach einigen Tagen, damit die intelligenten Artgenossen nicht merken, dass mit dem Futter etwas nicht stimmt.
Was sich doch sehr grausam anhört, ist für den Fachmann aber weniger schlimm. "Die Ratte merkt das nicht. Das ist wie eine Altersschwäche, sie hat keine Schmerzen. Man muss sich das wie Einschlafen vorstellen."
Die Rattenbekämpfungsaktion kostet die Stadt Eberbach laut Bürgermeister Reichert jährlich bei rund 5000 Euro.
Bleibt also nur noch eines, den Ratten Eberbachs eine "gute Nacht" zu wünschen.
NABU: Keine Einwände gegen Vergiftung
Arnd Koch. Foto: mabi
Eberbach. (mabi) Auch Arnd Koch vom NABU-Vorstand Eberbach hat sich Gedanken über Vergiftungsaktionen der Ratten gemacht. Einwände gegen die Rattenbekämpfungsaktionen hat der Naturschützer spontan keine gefunden. "Dass solche Maßnahmen überhaupt nötig sind, liegt wohl indirekt hauptsächlich an der unsachgemäßen Entsorgung von Speiseresten", so Koch. Bekämpft wird die Wanderratte, auch "Kanalratte" genannt. Die Hausratte hingegen ist mittlerweile so gut wie ausgestorben. Die Verbreitung der Wanderratte wird vor allem durch die falsche Entsorgung von Speiseresten (etwa über die Toilette in die Kanalisation) gefördert.
Um Rattenbesuch einzudämmen bzw. an Vogelfütterungen zu vermeiden, empfiehlt er, Futter nicht am Boden auszulegen, sondern "geeignete für Ratten nicht erreichbare Auffangteller unter den Futtersäulen anzubringen". Zumindest aber sollten Futterreste unter den Futtersäulen täglich beseitigt werden. Gewählt werden sollten Futterspender (Futtersilos), bei denen die Vögel nicht im Futter herumlaufen und es mit Kot verschmutzen können. Damit werde die Übertragung und Ausbreitung von Krankheitserregern minimiert und das Futter vorm Verderben bewahrt.
Koch: "Futterspender müssen so gebaut und angebracht werden, dass das Futter auch bei starkem Wind, Schnee und Regen nicht durchnässt werden kann, da es sonst verdirbt oder vereist." Geeignete Futtersilos sind laut Koch "wartungsfrei". Darin kann Futter für einen längeren Zeitraum angeboten werden und sie müssen meist nur vor und nach der Wintersaison gereinigt werden. Ratten haben bei dieser Art der Fütterung so gut wie keine Chance "mitzuessen".
Koch verweist zudem auf den bekannten Vogelkundler Prof. Dr. Peter Berthold, der in seinem Buch "Vögel füttern aber richtig" (Berthold/Mohr, Kosmos, 2017) ebenfalls kurz zum Thema Vogelfütterung und Ratten Tipps gibt. Unter anderem empfiehlt Berthold auch den "Lebendfang", allerdings nur in speziellen Fällen, "wenn er bei den meist sehr vorsichtigen Tieren gelingt". Ist der Lebendfang erfolgreich, "veranlasst man gefangene Ratten in der Falle durch leichte Bedrängnis (Anblasen usw.) zu Angstschreien, die meist die anderen Mitglieder einer ansässigen Gruppe vertreiben".