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as Essen von Insekten geht in Deutschland allenfalls als Mutprobe für achtjährige Jungs oder Teilnehmer von Dschungelcamp-Shows durch. Auf dem Teller toleriert kaum jemand die Krabbelviecher. Aber der Igitt- und Ekelfaktor ist eine Frage der kulturellen Prägung. Weltweit beziehen nach Schätzungen von Experten zwei Milliarden Menschen Raupen, Würmer, Käfer und Heuschrecken in ihren Speiseplan mit ein. Auch in Europa beginnt eine vorsichtige Änderung der Haltung, ob Kerbtiere als Nahrung infrage kommen.
So startete die Schweizer Supermarktkette Coop jetzt in sieben Testmärkten den Verkauf von Burgern und Hackbällchen auf der Basis von Mehlwürmern. Seit etwa drei Monaten sind sie dort zugelassen. Die junge Osnabrücker Firma Bugfoundation vertreibt bereits in Belgien und den Niederlanden Burger, deren Fleischklops zwischen Brötchenhälften und Salat nicht wie üblich aus Rindfleisch, sondern aus gemahlenem Buffalowurm und pflanzlichen Bestandteilen besteht – allerdings nur über die Gastronomie. Im britischen Pembrokeshire probierte ein Restaurant es mit Grillen-Kebab.
Hier werden Burger und Meatballs mit Mehlwürmern als Zutaten verkostet
Quelle: dpa
Auch auf dem deutschen Markt bröckelt die Abwehrhaltung allmählich. Bugfoundation will voraussichtlich im kommenden Jahr in den Heimatmarkt einsteigen. „Sobald wir in Deutschlands verkaufen dürfen, werden wir auch verkaufen“, sagte Entwicklungsmanager Max Kultscher der WELT. Derzeit ist der Verkauf hierzulande noch untersagt.
In Deutschland kommen Insekten in Tiernahrung vor
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Doch Anfang kommenden Jahres ändert sich die Gesetzeslage. Eine vergleichsweise strenge EU-Verordnung für neuartige Lebensmittel aus dem Jahr 1997 (Novel-Food-Verordnung) wird zum 1. Januar 2018 durch eine Nachfolge-Regelung ersetzt, nach der Insektenteile für den menschlichen Verzehr zugelassen werden können. Zuvor muss allerdings eine intensive Unbedenklichkeitsprüfung für jede Insektenart stattfinden, die einige Monate in Anspruch nehmen kann.
Bisher werden Insekten in Deutschland als Massenprodukt nur indirekt genutzt. So stellt ein Betrieb im brandenburgischen Baruth seit mehreren Jahren Nahrung für Fische, Schweine und Geflügel aus den Larven der schnell wachsenden Schwarzen Soldatenfliege her, die als besonders fett- und eiweißreich gelten. Menschliche Konsumenten, denen es mit dem Ausprobieren gar nicht schnell genug gehen kann, sind einstweilen auf Online-Händler wie „wuestengarnele.de“ angewiesen, die Produkte wie Insekten-Schokolade, Grillen in feinen Gewürzen und Kräutern oder Lollies „mit echter Heuschrecke“ anbieten.
Mit Mehlwurm: Burgerfleisch in einem Schweizer Supermarkt
Quelle: AFP
Wer die Ekel-Schwelle überwunden hat, kann seine neue Leidenschaft mit kulinarischen, ernährungsphysiologischen und umweltpolitischen Argumenten untermauern. Die Schweizer Mehlwurm-Burger werden geschmacklich als fleischähnlich beschrieben, bloß etwas nussiger. Auch in der Konsistenz seien sie von herkömmlichen Rindfleischprodukten kaum zu unterscheiden. Deshalb stehe der Begriff „Insekt“ groß auf der Packung und es sei ein stilisiertes Kerbtier abgebildet, sagte ein Coop-Sprecher gegenüber lokalen Medien: „Wir wollen niemanden täuschen.“ In manchen Kulturen werden Insekten wegen ihres guten Geschmacks als teure Delikatessen vermarktet, in der chinesischen Medizin sogar als Arzneimittel eingesetzt.
Insekten enthalten hochwertige Mineralstoffe
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Dass sich Insekten grundsätzlich gut zum menschlichen Verzehr eignen, ist unter Experten unumstritten. Die Welternährungsorganisation FAO bezeichnet sie als „Fleisch der Zukunft“ und bescheinigt ihnen in einer Studie mit dem witzigen Titel „Humans Bite Back“ – „Jetzt beißt der Mensch zurück“ – hervorragende Nahrungsmitteleigenschaften.
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„Insekten gelten als gute Nährstofflieferanten, denn sie enthalten hochwertiges Eiweiß, Fett mit hohem Anteil an ungesättigten Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe wie Kupfer, Eisen, Magnesium, Mangan, Selen und Zink“, schreibt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Hochwertige Aminosäuren im Insekten-Eiweiß seien für bestimmte Verbrauchergruppen wie Sportler oder Vegetarier zur Ergänzung der Ernährung oder als Alternative zu Fleisch interessant.
Dazu kommen ökologische Vorteile bei der Erzeugung. Während Rinder im Schnitt acht Kilo und Schweine fünf Kilo Futter brauchten, um ein Kilo Biomasse aufzubauen, reichen dem Insekt im Durchschnitt zwei Kilo, so das bayerische Landesamt. Hauptgrund: Insekten passen als wechselwarme Tiere ihre Körpertemperatur stets der Umgebung an und leben damit von Natur aus energieeffizient, verglichen mit gleichwarmen Lebewesen wie Säugetiere oder Vögel. Dazu kommt laut Bugfoundation die bessere Verwertungsquote. So seien rund 80 Prozent einer Heuschrecke essbar, beim Rind sind es nur 40 Prozent.
Behörden weisen auf Gesundheitsgefahren hin
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Dennoch haben Kritiker neben kulturellen auch sachliche Einwände. Mehlwürmer beispielsweise werden bei 28 bis 30 Grad gehalten, ihre Zucht verbraucht damit vergleichsweise viel Energie. Außerdem ernähren sie sich überwiegend von Getreide, also einem Nahrungsmittel, das auch direkt der menschlichen Ernährung dient. Für den Großteil der Insekten gilt das jedoch wiederum nicht – sie ernähren sich von Pflanzen, die nicht als Grundnahrungsmittel für den Menschen gebraucht werden, und können auch bei niedrigeren Temperaturen gezüchtet werden.
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Das Landesamt in München weist jedoch auf mögliche Gesundheitsgefahren hin, die eine gesonderte Zulassung unerlässlich machten. So lägen noch keine verlässlichen Daten über langfristige Auswirkungen des Verzehrs vor. „Bestimmte Insektenarten enthalten bekannterweise von Natur aus toxische Substanzen wie zum Beispiel metabolische Steroide, die ein Risiko darstellen können“, erklärt die Behörde.
Generell gelten die Krabbeltiere als potenzielle Überträger von Krankheitserregern, so dass die Experten von einem Verzehr im rohen Zustand dringend abraten. Erhitzen sowie eine Lagerung von bereits gegarten Insekten im Kühlschrank sei „erforderlich, um die mikrobiologische Unbedenklichkeit eines derartigen Produktes zu garantieren und Verderbserscheinungen zu verhindern“.
Übrigens ist das Verspeisen von Insekten auch in Deutschland ein nicht ganz so neuer Trend wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Aus dem 19. Jahrhundert ist das Rezept einer Maikäfersuppe überliefert. Das Leipziger „Magazin für die Staatsarzneikunde“, Ausgabe 1844, preist das Gericht als „vortreffliches und kräftiges Nahrungsmittel“. Es schmecke „ähnlich einer Krebssuppe, nur kräftiger“.