Blechlawinen rollten am Samstag durch den Ort. Zwischenzeitlich ging im Rietberger Stadtteil auf den Straßen nichts mehr. „Wir bringen das Material zum Deutschen Roten Kreuz nach Euskirchen“, berichtet Adelmann am Aktionstag, nachdem die Spender sich zunächst bis zu 60 Minuten im Auto gedulden müssen, ehe sie den Kofferraum überhaupt leeren können. Eigentlich wollte Adelmann mit rund 20 Helferinnen und Helfern den Ansturm bewältigen. „Das schaffen die nicht“, sind sich schon die ersten Unterstützer sicher und stellen ihre Fahrzeuge auf dem Betriebshof der Firma Röhr an der Gewerbestraße ab. Kurzerhand packen sie mit an, sortieren Schaufeln, Besen, Hygieneartikel oder Kinderspielzeug.
Im Internet auf Aktion aufmerksam geworden
Daniel Platner ist mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern Kristin und Vanessa nach Mastholte gefahren, um den so plötzlich in Not geratenen Menschen mit aussortierten Sachgütern ein wenig zu helfen. Man sei im Internet auf die Aktion aufmerksam geworden, sagt er. Die Familie habe sich schnell dazu entschlossen, einige Kleider abzugeben. Ähnlich ist es bei Marc und Monika Hoffmann aus Oerlinghausen.
Monika war ebenfalls im Internet auf die Spendenaktion aufmerksam geworden, am Samstag geht das Paar früh einkaufen und sucht gezielt Artikel aus, die nun dringend gebraucht werden: Toilettenpapier und andere Drogerieartikel, Kleidungsstücke bringen die Zwei auch noch mit. Lebensmittel wie Nudeln oder Mineralwasser werden am Samstag gleich schubkarrenweise angeliefert, so dass der riesige Betriebshof der Möbelspedition nicht zu groß war.
Schließlich müssen Polizeibeamte die Zufahrt zu dem Industriegebiet nahe der Langenberger Straße sperren und die potenziellen Spender wieder nach Hause schicken. Das wäre vor allem für Ute Reitz aus Gießen unglücklich gewesen. Sie wird von den Beamten zunächst ebenfalls abgewiesen. Reitz ist aber pfiffig und sagt, sie müsse an der Tankstelle Treibstoff nachfüllen, um wieder nach Hause zu kommen. Den Tank füllt sie auch nach den rund 200 Kilometer Anfahrt, fährt dann aber kurzerhand um die Ecke und liefert die mitgebrachten Getränkeflaschen, das Tierfutter, die Kinderspiele sowie die Hygieneartikel ab.
Bereitschaft zur Hilfe kennt keine Grenzen
Die Bereitschaft zur Hilfe der Rietberger und Bürger aus ganz Ostwestfalen-Lippe und darüber hinaus kennt an diesem Tag kaum Grenzen. Schon die Jüngsten wollen unterstützen. Die vierjährige Ella Biermann etwa hat einiges Spielzeug aussortiert, ebenso zu klein gewordene Kleidung. Zusammen mit Vater Oliver hat sie auch noch einige haltbare Lebensmittel eingepackt und staunte nicht schlecht, als sie die lange Schlange auf der Langenberger Straße sieht. 30 Minuten lang geht es eher in Millimeterschritten vorwärts. Als sie im Industriegebiet ankommen, stellen sie den Wagen ab und gehen die letzten Meter zu Fuß zur Sammelstelle.
Das Wetter ist - anders al san den Vortagen in den Katastrophengebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz - schließlich optimal. Norman Adelmann und seine mittlerweile rund 100 Mitstreiter kommen derweil ganz schön ins Schwitzen angesichts der großen Hilfsbereitschaft der angereisten Menschen. Bereits nach drei Stunden sind alle Reserven ausgereizt, können letztlich keine Hilfsangebote mehr angenommen werden. So können die Lkw-Auflieger nach und nach befüllt werden, um schließlich noch am Abend in die Eifel zu starten.
Acht Sattelauflieger gehen auf Reise
Acht Sattelauflieger samt Zugfahrzeug stellt die Spedition von Johannes Röhr schließlich zur Verfügung, um die Hilfsgüter in den Südwesten des Bundeslands zu bringen. Und weil die Auflieger voll gepackt sind, fährt noch ein Transporter samt Anhänger mit. Ein Auflieger mit Kleidung bleibt zunächst in Mastholte. Ferner wird noch ein Bus der Firma Mertens organisiert, um genügend Helferinnen und Helfer beim Abladen zur Verfügung zu haben. Das Deutsche Rote Kreuz unterstützt ebenfalls mit einem Begleitfahrzeug.
Konvoi unter der Fahne des DRK
Menschen zu mobilisieren und Hilfsgüter zu spenden, ist das eine. Für die gespendeten Sachen Abnehmer zu finden, sie dort hinzuliefern, wo sie benötigt werden, ist eine andere Sache. Hier kam am Samstag das Deutsche Rote Kreuz ins Spiel. „Wer im Katastrophengebiet hat unsere Spenden besonders nötig, und wer kann diese empfangen und an die von der Flutkatastrophe am schwersten Betroffenen weiterleiten?“
Mit diesen Fragen hatte sich Norman Adelmann an den Mastholter Rotkreuzleiter Holger Geistmeier gewandt, der die Bitte um Unterstützung an den Kreisrotkreuzbeauftragten Jürgen Strathaus weiterleitete. Dieser stellte daraufhin über seinen im Hilfseinsatz stehenden Stellvertreter Alexander Steinberg eine Verbindung zum Krisengebiet her. Steinberg, vor Ort gut vernetzt, bekam Kontakt zum Krisenstab des Kreises Euskirchen – und das „Go“ für den Hilfstransport.
Spendenkonto eingerichtet
Am Samstagabend setzte sich der Konvoi in Marsch. Um die gespendeten Materialien einlagern zu können, waren rund 400 Quadratmeter Fläche erforderlich. Das DRK bittet indes eindringlich darum, zum jetzigen Zeitpunkt von weiteren Sachspenden abzusehen. Lebensmittel und Hygieneartikel würden von großen Versorgern sehr schnell und unkompliziert bereitgestellt. Hinzu komme, dass vor Ort viele Kräfte noch immer damit beschäftigt seien, Menschenleben zu retten und zu sichern, was zu sichern sei.
Daher bittet das DRK um Geldspenden. Spendenkonto DRK: IBAN: DE63370205000005023307, BIC: BFSWDE33XXX, Stichwort: Hochwasser.