„Die beiden befinden sich in einem desolaten Gesundheitszustand“, schreibt die Reptilienauffangstation der Städteregion Aachen, die sich um die beiden Maurischen Landschildkröten kümmert, bei Facebook. „Besonders bei einem Tier ist der Bauchpanzer butterweich, bei starker Höckerbildung des Rückenpanzers. Das zweite Tier zeigt die gleichen Degenerationen, wenngleich nicht ganz so heftig.“
Eins ist klar – die Schildkröten leiden. Der Grund für die verformten Panzer, so vermuten es die Tierschützer: Die Schildkröten wurden falsch gehalten. „An einen Zufall wollen wir nicht so recht glauben. Wir vermuten eher, dass die extrem schlecht gehaltenen Tiere ausgesetzt wurden“, schreiben sie.
Hinweise auf mögliche Besitzer gibt es nicht nicht.
Schildkröten wurden falsch gehalten
Die Verformung des Panzers sei nämlich das Zeichen einer fortgeschrittenen metabolischen Knochenerkrankung – ausgelöst durch UV-Mangel und die falsche Ernährung. „Hierbei kommt es zu einem massiven Abbau von Knochengewebe“, erklären die Reptilien-Experten. „Wahrscheinlich hat das Tier niemals Winterstarre gehalten und wurde durchweg mit Obst und Gemüse ernährt. Wahrscheinlich eine Terrarienhaltung ohne UV-Licht. Das Tier bricht im wahrsten Sinne des Wortes zusammen.“
Die Verformungen könnten außerdem auf die inneren Organe drücken, sagt Amine Fehr, Leiterin der Reptilienstation gegenüber „RTL“. Das sei schmerzhaft und könne die Atmung sowie die Funktion der Nieren behindern.
Foto: Reptilienauffangstation in der StädteRegion Aachen (Screenshot)
Kein UV-Licht, falsches Futter
Die Reptilien-Retter glauben, dass die Schildkröten das ganze Jahr ohne UV-Licht in einem Terrarium gehalten worden sind. Winterstarre hätten sie nie gehalten. Dabei ist das für die Tiere extrem wichtig.
Fehr: „Die Winterstarre gehört zum natürlichen Jahreszyklus mediterraner Landschildkröten. Auch die hormonelle Regulation ist auf diesen Jahresablauf ausgerichtet. Fehlt die Winterstarre, so bringt das den natürlichen Rhythmus und die hormonellen Abläufe durcheinander, was auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen führt. Auch natürliche Abläufe wie Paarung und Eiablage geraten durcheinander.“
Nun müssen die Maurischen Landschildkröten in Aachen mit Medikamenten behandelt werden – verschwinden werden die Verformungen allerdings nie. Die Tiere würden für immer „Dauerpfleglinge“ bleiben, sagt Fehr. „Im Optimalfall kann man die Knochenerweichung stoppen und soweit umkehren, dass die Knochen wieder mineralisieren und aushärten. Damit kann man das Skelett stabilisieren. Wenn die Tiere größer werden, kann sich die Deformierung geringfügig verbessern, aber niemals komplett umkehren. Mit viel Glück können sie nach der langwierigen Behandlung ein einigermaßen normales Leben führen.“
Maurische Landschildkröten sind geschützt
Maurische Landschildkröten sind laut EU-Artenschutzverordnung und nach dem Washingtoner Artenschutz-Abkommen geschützt. Sollten sie trotzdem als Haustiere gehalten werden, stellen sie hohe Anforderungen an ihre Besitzer: Sie brauchen ausreichend Platz, zwischen März und Oktober Auslauf in einem Freigehege, um genug Sonnenlicht aufnehmen zu können, Wasserstellen und Verstecke. Außerdem müssen sie sich für die Winterstarre in die Erde eingraben können.
Die falsche Haltung der Geschützen Schildkröten ist strafbar. Deswegen will auch die Reptilienauffangstation Aachen „erst den legalen Besitz überprüfen, bevor die Schildkröte wieder an den Besitzer übergeben wird“, sollten sich die Halter melden.
Bei den verheerenden Hochwassern in Nordrhein-Westfalen wurde auch die Reptilienauffangstation Aachen überschwemmt. Die gesamte Station muss wieder aufgebaut werden. Dabei kannst Du den Tierschützern mit einer Spenden helfen.