Navigation Wenn die Bedrohung der Biodiversität von weither kommt

Die Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) stammt aus den USA und ernährt sich von Eiern, die sie von Amphibien raubt.

Denis Rozhkov

Wird Ihr Garten von exotischen Arten heimgesucht? Importierte Pflanzen und Tiere gehören zu den Hauptursachen für den Verlust der weltweiten biologischen Vielfalt. In der Schweiz trägt der Kampf gegen invasive Spezies Früchte. Doch es braucht die Anstrengung aller.

Dieser Inhalt wurde am 22. Mai 2019 - 11:00 publiziert

22. Mai 2019 - 11:00

Ich bin ein Tessiner Journalist, lebe in Bern und befasse mich in Artikeln, Reportagen, Interviews und Analysen mit wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen. Ich interessiere mich für Klima-, Energie- und Umweltfragen sowie für alles, was mit Migration, Entwicklungshilfe und Menschenrechten im Allgemeinen zu tun hat.

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Cuando la amenaza viene de lejos

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Quando a ameaça à biodiversidade vem de longe

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动植物"移民"对瑞士的威胁

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Quand la menace sur la biodiversité vient de loin

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التنوع البيولوجي في خطر

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Чужие животные и растения угрожают биоразнообразию Швейцарии

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How Switzerland is battling invasive species

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生物多様性を脅かす「遠方からの来客」

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Quando la minaccia viene da lontano

(Original)

Sie ist eines der Symbole des Tessins, dem Schweizer Kanton südlich der Alpen. Sie steht in privaten Gärten und Pärken, und dank einem fast mediterranen Klima breitet sie sich auch in den Wäldern aus. Für die Verantwortlichen der Tourismusförderung ist die Chinesische Hanfpalme, auch Tessinerpalme genannt

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, eine wertvolle Partnerin.

Allerdings nicht für Brigitte Marazzi vom Naturkundemuseum des Kantons Tessin. Sie sieht in dieser ostasiatischen Palme ein Problem, das so schnell wie möglich angegangen werden muss.

"Diese Palme wird mit der exotischen Seite des Tessins in Verbindung gebracht. Touristen von jenseits der Alpen mögen es, sie im Wald wachsen zu sehen. Viele wissen aber nicht, dass es sich dabei um eine extrem schädliche Pflanze handelt", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin von Info Flora

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, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora.

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Die Maschine und die Moral

Die Schweiz, eine der führenden Nationen im Bereich Künstliche Intelligenz, steht vor ethischen Herausforderungen.

Die Chinesische Hanfpalme ist in der Lage, sich schnell und grossflächig zu verbreiten, und dies auf Kosten der einheimischen Arten, sagt Marazzi. "Ich selber war überrascht über ihre Fähigkeit zur Verbreitung. Vor kurzem wurde mir klar, dass sie auch die Wälder unweit meines Hauses kolonisiert. Es ist ein Problem, das wir bisher krass unterschätzt haben."

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Die Palmen-Invasion

Dieser Inhalt wurde am 22. Mai 2019 publiziert

22. Mai 2019

Die Chinesische Hanfpalme breitet sich in einigen Wäldern des Tessins massiv aus.

Bedrohung für Biodiversität

Die Chinesische Hanfpalme ist eine der rund 800 exotischen Spezies, die in der Schweiz ansässig sind. Der Grossteil von diesen Pflanzen und Tiere, die absichtlich oder unabsichtlich durch den Menschen eingeführt wurden, ist nicht invasiv. Im Unterschied zur Tessinerpalme, die als invasive Art gilt.

"Als 'invasiv' gelten jene Pflanzen-, Tier- und Pilzarten, welche die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden sowie Infrastrukturen und Ökosysteme im Allgemeinen bedrohen", sagt Gian-Reto Walther, Experte für Biodiversität beim Bundesamt für Umwelt

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(Bafu).

Weltweit sind sie – nach der Zerstörung von Lebensräumen – die Hauptursache für den Verlust der biologischen Vielfalt, da sie Platz und Nährstoffe von einheimischen Arten für sich beanspruchen.

Biodiversität schützen

Der Begriff "Biodiversität" bezieht sich auf die vielen Facetten des Lebens auf der Erde, den Reichtum an Tier- und Pflanzenarten, die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und die verschiedenen Arten von Lebensräumen.

Am 22. Mai wird der Welt-Tag der Biodiversität

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gefeiert. Im Rahmen der Initiative "Mission B"

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lädt die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SSR, der swissinfo.ch angehört, die Bevölkerung ein, im Garten oder auf dem Balkon neue Naturräume zu schaffen.

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In der Schweiz gelten rund 35% der untersuchten Arten als gefährdet; ein Anteil, der über jenem der meisten europäischen Länder liegt.

Kai Reusser / swissinfo.ch

Eichhörnchen-Alarm

Gemäss der einzigen verfügbaren Untersuchung, die von 2006 stammt, sind in der Schweiz 107 Arten invasiv. Eine Zahl, die laut Walther heute viel höher ist: "In den letzten Jahren haben wir das Vorhandensein neuer invasiver Arten beobachtet, darunter der Asiatische Laubholzbockkäfer

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, der gesunde Bäume angreift", sagt er.

"Und vergessen wir nicht all die Arten, die vor den Toren der Schweiz stehen, wie etwa die Asiatische Hornisse

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, die in den angrenzenden Ländern bereits heimisch geworden ist. Oder das Grauhörnchen

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, das in allen Gebieten, in denen es sich niedergelassen hat, das Aussterben des gewöhnlichen Eichhörnchens verursacht hat."

Die Zunahme der invasiven gebietsfremden Arten (Neophyten und Neozoen) habe auch stark damit zu tun, dass im Rahmen der wachsenden Globalisierung auch der Handel, der Verkehr und das Reisen zunehmen, sagt der Bafu-Experte. Jede Art habe ihr eigenes Transportmittel: "Die asiatische Hornisse etwa kam in Keramiktöpfen für den Gartenbau in Europa an, während die Asiatische Tigermücke

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vermutlich in aus Asien importierten Altreifen zu uns gekommen ist."

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Die Nordamerikanische Goldrute (Solidago canadensis aggr.) ist in fast allen Flachlandgebieten der Schweiz präsent. Sie kann grosse Populationen bilden, welche die einheimische Vegetation ersetzen. (Keystone / Urs Flüeler)

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Keystone / Urs Flueeler

Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis), der in europäischen und US-amerikanischen Gewächshäusern zur Bekämpfung von Schädlingen eingeführt wurde, verdrängt einheimische Marienkäfer. (Keystone / Alessandro Della Bella)

Keystone / Alessandro Della Bella

Der Götterbaum (Ailanthus altissima) stammt aus China, entwickelt sich sehr schnell und verhindert das Wachstum einheimischer Arten. (Leonid Yastremskiy)

Leonid Yastremskiy

Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs ist Träger einer Pilzerkrankung, die für einheimische Arten in der Regel tödlich ist. (Keystone / Britta Pedersen)

Keystone / Britta Pedersen

Das Südafrikanische Greiskraut (Senecio inaequidens), auch Schmalblättriges Greiskraut oder Kreuzkraut genannt, ist für Tiere und Menschen giftig. (belchonock)

Kristian Peters

Die Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) stammt aus den USA und ernährt sich von Eiern, die sie von Amphibien raubt. (Denis Rozhkov)

Denis Rozhkov

Die Pollen des Aufrechten Traubenkrauts (Ambrosia artemisiifolia) können heftige allergische Reaktionen und Asthmaanfälle verursachen. (Rostovdriver)

Rostovdriver

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) kann Trägerin von Krankheiten wie Dengue oder Chikungunya-Fieber sein. Sie ist im Tessin und im südlichen Teil Graubündens weit verbreitet. (Marcouliana)

Marcouliana

Der Asiatische Staudenknöterich (Reynoutria japonica aggr.) wächst in den Rissen der Dämme von Ufern von Wasserläufen und gefährdet damit deren Sicherheit. (123rf)

123rf

Invasion in zwei Richtungen

Durch ihre Lage im Zentrum des europäischen Kontinents ist die Schweiz besonders verletzlich. "Wenn eine invasive Art Europa erreicht, dann kommt sie auch zu uns", sagt Walther.

Im Vergleich zu anderen Ländern befinde sich die Schweiz aber nach wie vor in einer etwas privilegierten Situation: "In der Schweiz entspringen mehrere Flüsse, die ins Ausland fliessen. Wir sind deshalb einerseits weniger vom Problem der Invasion von Wasserorganismen betroffen, andererseits aber sind wir für alles verantwortlich, was die Schweiz verlässt."

Man darf nicht vergessen, dass die Verbreitung invasiver Arten in beide Richtungen geht. "Die erste 'Invasion' ging von Europa aus, als die Kolumbus folgenden Expeditionen Tiere wie Ziegen, Wildschweine und Hermeline in die ganze Welt mitnahmen", so Walther.

Auch Pflanzen aus der Schweiz und europäischen Ländern sorgten auf anderen Kontinenten für nicht wenige Probleme. Marazzi von Info Flora nennt als Beispiel den Blutweiderich, ein Heilkraut, das auf der Liste der hundert invasivsten gebietsfremden Arten der Welt

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verzeichnet ist.

"In der Schweiz ist er eine einheimische Art, die typisch für Feuchtgebiete ist. In den USA, wo er als Zierpflanze eingeführt wurde, fand er die perfekten Bedingungen und wurde zu einem grossen Problem", so Marazzi.

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Long-Covid-Forschung: Wo steht die Schweiz?

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12. Aug. 2021

Wird Long Covid zu einer Bedrohung des Gesundheitssystems? Die Forschung ist aktiviert, kämpft aber noch mit Problemen.

Der Blutweiderich ist harmlos in der Schweiz, hat aber grosse Teile der Vereinigten Staaten besiedelt.

Ruud Morijn

6 Millionen für ein Insekt

Die Landesregierung (Bundesrat) setzt auf Prävention und Bekämpfung im Rahmen der nationalen Strategie zu invasiven gebietsfremden Arten

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, die seit 2016 läuft.

Die in den Kantonen getroffenen Massnahmen beginnen Früchte zu tragen. So konnte der Kanton Genf dank einer rechtzeitigen Ausrottungskampagne das Grossblütige Heusenkraut ausrotten, eine Pflanze, die in der Lage ist, ganze Wasserflächen zu bedecken.

Und im März kündigte der Kanton Freiburg an, den Kampf gegen den Asiatischen Laubholzbockkäfer gewonnen

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zu haben. Dieser war 2011 erstmals in der Schweiz identifiziert worden. Dafür setzte der Kanton Baumkletterer und speziell dafür ausgebildete Spürhunde ein.

"Manchmal ist ein Sieg möglich. Aber der Kampf ist teuer", sagt Walther vom Bafu. So mussten im Kanton Freiburg wegen des Laubholzbockkäfers rund 700 Bäume gefällt werden, was Kosten von 2,6 Millionen Franken verursachte. Und im Kanton Zürich, wo sich das Insekt auch ausbreitete, beliefen sich die Kosten für die Beseitigung des Befalls sogar auf rund 3,3 Millionen Franken.

"Die Bürger sollten sich informieren über die Herkunft und Invasivität der Pflanzen, die sie kaufen möchten."

Brigitte Marazzi, Info Flora

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Strenges Gesetz reicht nicht

Basierend auf der Pflanzenschutz-Verordnung sind die Kantone verpflichtet, bei einer ganzen Reihe von Pflanzen sofort einzugreifen. Auch Privatleute müssen Interventionen in ihrem Garten dulden.

Für bestimmte invasive Arten wie das Aufrechte Traubenkraut (Ambrosia) sei die Schweizer Gesetzgebung mit ihren Nutzungs- und Verkaufsverboten viel strenger als jene der Nachbarländer, sagt Walther. "Auch wenn eine Ausrottung nicht mehr möglich ist, haben wir Ambrosia in der Schweiz unter Kontrolle", versichert er.

Trotz der Verbote sei das aktuell geltende Gesetz

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ungenügend, um die Probleme im Zusammenhang mit der Verbreitung neuer invasiver gebietsfremder Arten ausserhalb des Forst- und Landwirtschaftssektors zu bewältigen, gibt der Bafu-Experte zu bedenken.

"Wir verfügen beispielweise nicht über die gesetzlichen Mittel, um Gärtnern zu verbieten, Arten zu importieren, die sich in anderen Ländern als invasiv erwiesen haben", sagt auch Marazzi. "Gegenwärtig ist in der Schweiz nur der Verkauf einiger invasiver Spezies verboten. Für die anderen besteht jedoch eine Informationspflicht."

Für die Mitarbeiterin bei Info Flora ist es deshalb zentral, die Bevölkerung zu sensibilisieren und zu Eigenverantwortung zu erziehen. "Die Bürger sollten sich informieren über die Herkunft und Invasivität der Pflanzen, die sie kaufen möchten. Wir zählen auch auf Private, invasive Arten

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zu erkennen und zu eliminieren. Mein Ratschlag ist, den eigenen Garten mit einheimischen Arten zu verschönern."

In der vergangenen Woche hat der Bund einen Vernehmlassungs-Entwurf vorgelegt, der einen stärkeren Beitrag von Privatpersonen

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, auch finanziell, zur Bekämpfung von invasiven Spezies vorsieht.

In Bern durchstreift eine Gruppe freiwilliger Botaniker regelmässig die öffentlichen Parks auf der Suche nach invasiven Pflanzen und zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit.

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Invasive Arten aufspüren

Dieser Inhalt wurde am 22. Mai 2019 publiziert

22. Mai 2019

(Julie Hunt/swissinfo.ch)

Internationale Zusammenarbeit

Wie bei anderen weltweiten Phänomenen müssen die Interventionen aber nicht nur lokal oder regional beschränkt bleiben. Auf internationaler Ebene verpflichtet sich die Schweiz zur Verteidigung einheimischer Arten im Rahmen der Berner Konvention

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(Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume) und des UNO-Übereinkommens über die Biologische Vielfalt

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(CDB).

Die Schweiz hat das CDB 1994 ratifiziert. Dieses verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Listen der invasiven Arten in ihrem Hoheitsgebiet und der Verkaufskanäle bis 2020 zu aktualisieren. "Das würde uns ermöglichen, die internationale Zusammenarbeit zu verbessern. Indem wir von den anderen lernen und Erfahrungen austauschen, können wir das Problem effizienter angehen", sagt Walther.

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