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21.04.2021 13:36
Parkinson kündigt sich lange vor der Diagnose an
Claudia Eulitz Presse, Kommunikation und Marketing Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Die Kieler Neurologin Daniela Berg lenkt mit ihrem Team in einer aktuellen Publikation den Blick auf die Frühphase der Parkinsonkrankheit, da diese eine Vorhersage über den Krankheitsverlauf ermöglicht.
Die Parkinsonkrankheit ist eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns, die durch das Absterben von speziellen Nervenzellen verursacht wird. Kennzeichen der Erkrankung sind Bewegungsstörungen wie Verlangsamung von Bewegungen, Steifigkeit der Muskeln, Zittern oder spezifische Veränderungen des Gangbildes. Häufig kann es viele Jahre, bevor diese typischen Symptome die Diagnose Parkinson erlauben, zu Vorboten kommen. Hierzu können zum Beispiel Verstopfung, Traumschlafstörungen (REM-Schlaf-Verhaltensstörung), Störungen der Geruchswahrnehmung oder Depressionen gehören. „Das sind bereits Zeichen der typischen Nervenzellschädigung bei Parkinson. Diese ist jedoch noch nicht in einem Ausmaß, das die typischen Bewegungsstörungen entstehen lässt, in dem zuständigen Bereich im Gehirn angekommen“, erklärt die Parkinsonexpertin Daniela Berg, Direktorin der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und Professorin an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Dänemark, Kanada und Schweden fassen sie und ihr Team in dem renommierten Fachmagazin Nature Reviews Neurology den aktuellen Stand der Wissenschaft zu diesen Frühsymptomen im Hinblick auf den Verlauf der Erkrankung zusammen. Wichtig ist, dass Frühsymptome wie Verstopfung, Depression oder Riechstörung viele Ursachen haben können. Sie sind daher nicht spezifisch für die Parkinsonkrankheit. Das ist bei der sogenannten REM-Schlaf-Verhaltensstörung anders. „Wenn Menschen über 50 Jahren diese Form der Schlafstörung haben und keine anderen Ursachen dafür vorliegen, wie zum Beispiel Drogenkonsum, bekommen sie mit einer Wahrscheinlichkeit von über 80 Prozent in den nächsten Jahren Parkinson oder eine parkinsonähnliche Erkrankung“, betont die Kieler Neurologin. Betroffen ist die Traumschlafphase, die wegen der schnellen Augenbewegungen (Rapid Eye Movement) als REM-Schlaf bezeichnet wird. Normalerweise ist ein Mensch im Traumschlaf aufgrund des hierfür typischen Muskeltonus-Verlustes bewegungslos. Bei der REM-Schlaf-Verhaltensstörung hingegen ist ein Muskeltonus vorhanden und die geträumten Bewegungen können ausgeführt werden. Das kann für Betroffene und Partner oder Partnerin gefährlich werden. Berg: „Häufig haben Menschen mit einer solchen Störung sehr lebhafte oder angsteinflößende Träume. Sie werden richtig aktiv und können schon mal ihren Bettpartner schlagen oder selber aus dem Bett fallen und sich schwer verletzen.“ Da es viele Gründe für einen unruhigen Schlaf gibt, sollte die Diagnose REM-Schlaf-Verhaltensstörung im Schlaflabor gesichert werden. Parkinson beginnt entweder im Körper oder im Gehirn„Wenn man über den Verlauf der Parkinsonerkrankung etwas sagen möchte, muss man diese Frühphase ernst nehmen“, betont Berg. Die neue Publikation beschreibe, wie bereits in dieser frühen Phase der Verlauf der Erkrankung festgelegt ist und erkannt werden kann. Aus Studien mit bildgebender Diagnostik gibt es Hinweise darauf, dass die für die Parkinsonerkrankung typische Veränderung des Proteins alpha-synuclein sich hauptsächlich über zwei Wege im Körper ausbreitet. Während bei einem Teil der Patientinnen und Patienten die Krankheit im Darm beginnt und sich von dort über Nervenzellen und Nervenbahnen ins Gehirn ausbreitet (body first type), können die pathologischen Auffälligkeiten auch in bestimmten Regionen des Gehirns entstehen und sich von dort in andere Gehirnregionen und auch den Körper ausbreiten (brain first type). Im ersten Fall kommt es zunächst zu Verstopfung und anschließend zu der Traumschlafstörung, im zweiten Fall stehen diese Symptome nicht im Vordergrund, sondern eher so etwas wie Riechstörung oder Depression. „Wir haben mit einer internationalen Arbeitsgruppe ein Modell entwickelt, mit dem man anhand von Frühsymptomen, genetischen Faktoren und bestimmten Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit berechnen kann, dass sich eine Person in der Frühphase der Erkrankung (Prodromalphase) befindet. Anhand der vorliegenden Symptome können auch Hinweise auf den Verlauf und weitere Symptome abgeleitet werden“, erklärt Berg. Solche individuellen Berechnungen erfolgen derzeit nur im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen.Körperliche Aktivität schützt vor NervenzellschädigungEine spezielle Therapie, die den Krankheitsverlauf aufhält, gibt es derzeit noch nicht. Dennoch wollen laut Berg immer mehr Menschen mit REM-Schlaf-Verhaltensstörungen oder einer nicht durch Erkältung oder Allergie erklärbaren Riechstörung wissen, ob bei ihnen eine frühe Parkinsonerkrankung vorliegt. „Diese Symptome sollte man ernst nehmen. Denn auch wenn es keine spezielle Therapie gibt, kann man den Menschen Mut machen. Eine Veränderung des Lebensstils, insbesondere vermehrte körperliche Aktivität und eine eher mediterran ausgerichtete Ernährung, senken das Risiko, später Parkinson zu bekommen, deutlich.“ Das Verständnis über die Ausbreitung der Krankheit und der daraus resultierenden Subtypen kann zu einer früheren, akkurateren Diagnose führen. Es dient außerdem dazu, andere Faktoren genauer zu erforschen, die Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben können, wie die Beteiligung des Mikrobioms oder Einwirkungen des Immunsystems. So können langfristig gezielt Personen identifiziert werden, die für Studien mit neuen, den Krankheitsverlauf beeinflussende Therapien in der Frühphase der Erkrankung geeignet sind.Originalpublikation:Daniela Berg, Per Borghammer, Seyed-Mohammad Fereshtehnejad, Sebastian Heinzel, Jacob Horsager, Eva Schaeffer and Ronald B. Postuma. Prodromal Parkinson disease subtypes – a key to understanding heterogeneity. Nature Reviews Neurology (2021). https://doi.org/10.1038/s41582-021-00486-9 Ein Foto steht zum Download bereit:http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2021/091-parkinson-riechtest.jpgDiese Riechstifte (engl. Sniffin' sticks) werden zur Untersuchung des Geruchssinns verwendet. Dazu werden der zu untersuchenden Person die mit Duftstoff gefüllten Filzstifte unter die Nase gehalten. Anhand vier Auswahlmöglichkeiten wird der erkannte Duftstoff benannt. Eine eingeschränkte Riechfunktion kann ein Frühsymptom der Parkinsonkrankheit sein, hat aber häufiger andere Ursachen.© Eva Schäffer, UKSHKontakt:Prof. Dr. Daniela Berg Klinik für Neurologie, UKSH, Campus KielMedizinische Fakultät der CAU Tel.: 0431/500-23800Christian-Albrechts-Universität zu KielPresse, Kommunikation und Marketing, Claudia Eulitz, Text/Redaktion: Kerstin NeesPostanschrift: D-24098 Kiel, Telefon: (0431) 880-2104, Telefax: (0431) 880-1355E-Mail: presse@uv.uni-kiel.de Internet: www.uni-kiel.de Twitter: www.twitter.com/kieluni Facebook: www.facebook.com/kieluni Instagram: www.instagram.com/kieluni
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Prof. Dr. Daniela Berg Klinik für Neurologie, UKSH, Campus KielMedizinische Fakultät der CAU Tel.: 0431/500-23800
Originalpublikation:
Daniela Berg, Per Borghammer, Seyed-Mohammad Fereshtehnejad, Sebastian Heinzel, Jacob Horsager, Eva Schaeffer and Ronald B. Postuma. Prodromal Parkinson disease subtypes – a key to understanding heterogeneity. Nature Reviews Neurology (2021). https://doi.org/10.1038/s41582-021-00486-9
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