Fotoblog: Aussergewöhnliche Tierbilder und die Geschichten dazu

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Leise Pfoten und ein kräftiger Biss – dem Jaguar auf der Spur

In unserem Fotoblog zeigt Reise- und Naturfotograf Rudolf Hug aussergewöhnliche Bilder mit ihren Geschichten dazu.

Rudolf Hug

20.07.2021, 09.10 Uhr

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Leise Pfoten und ein kräftiger Biss: Dem Jaguar auf der Spur

Rudolf Hug

Raubkatzen jagen auf unterschiedliche Art. Während die einen ihre Beute mit grosser Geschwindigkeit hetzen und durch einen Biss in die Kehle ersticken, schleicht sich der Jaguar an das Opfer heran, um es dann mit einem kurzen Sprint zu überraschen und einem Biss in den Schädel zu töten. Er ist zwar nicht die grösste aller Katzen, hat aber die stärkste Beisskraft. Dies ist auf den breiten Schädel zurückzuführen, der am Kopf und im Raum des Kieferknochens mehr Platz für Muskeln bietet. Sein Biss ist so stark, dass er die Schädeldecke eines Kaimans und selbst den Panzer einer Schildkröte knacken kann. Als Schleichjäger verbringt er viel Zeit mit Anschleichen. Aber auch die Beutetiere sind auf der Hut und entkommen oft mit einem Sprung ins Wasser.

Ich bin mit meinem Guide auf dem Fluss Cuiabá in Brasilien unterwegs. Schon seit Stunden halten wir Ausschau nach den scheuen Tieren. Dann wird unsere Geduld belohnt und wir können beobachten, wie sich das Gras am Ufer leicht bewegt und sich ein Jaguar-Weibchen auf samtenen Pfoten langsam an einen Kaiman anschleicht. Mit einem Riesensatz schiesst sie plötzlich aus dem hohen Gras und ist im Bruchteil einer Sekunde beim Kaiman. Aber dessen Sinne waren auch geschärft, und ebenso schnell ist er im Wasser verschwunden.

Die Fotokolumne in einem Buch

Je 25 Geschichten sind in den Büchern Tiergeschichten aus aller Welt, Band 1 und 2 zusammengefasst. Erhältlich in Buchhandlungen oder direkt beim Autor unter www.rudolf-hug.ch.

Herausforderung im Fløan Fjord

Rudolf Hug

Fotografieren braucht Kreativität, ist oft eine Geduldsache und manchmal auch eine Frage der Geschwindigkeit. Zudem ist es von Vorteil, wenn die vielen Einstellmöglichkeiten der Kamera beherrscht werden. Fliegende Vögel abzulichten ist die hohe Schule der Tierfotografie. Alles muss stimmen: Beleuchtung, Schärfe und Ausschnitt – und das beim hohen Tempo der Tiere.

Ich bin mit meinem Guide Ole in seinem kleinen Boot auf dem Fløan Fjord, nahe der norwegischen Küste. Unser Ziel ist, fischende Seeadler zu fotografieren. Die imposanten Raubvögel leben an den Küsten der weitverzweigten Fjorde von Norwegen. Sie erreichen eine Flügelspannweite von über zwei Metern und fangen tote oder halb lebende ­Fische von der Meeresoberfläche. Mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 Stundenkilometern fliegen sie über die Wasseroberfläche, stellen die Flügel auf, packen den Fisch und fliegen weiter.

Nach einigen gelungenen Schnappschüssen werde ich mutig und sage zu Ole: «Lass uns das Gleiche mit Gegenlicht versuchen!» Die Sonne steht flach am Horizont und bietet ideales Licht. Nun heisst es, das Boot richtig zu platzieren, die Kameraeinstellungen anzupassen und auf den kurzen Moment des Beutefangs zu warten. Herausforderung angenommen – Bild gelungen!

Eine Symbiose mit Tücken

Rudolf Hug

Auf einer Safari in Afrika ist die Sichtung der «Big Five» immer ein grosses Ereignis. Neben Elefanten, Nashörnern, Löwen und Leoparden gehören auch die Kaffernbüffel dazu. Die Bezeichnung der «grossen Fünf» stammt aus den Zeiten der Grosswildjagd und bezog sich dabei nicht in erster Linie auf die Körpergrösse der Tiere, sondern vorwiegend auf die Schwierigkeiten und Gefahren bei der Jagd auf sie.

Die schwarzen Büffel gelten mit ihren grossen gewundenen Hörnern zu den gefährlichsten Tieren der afrikanischen Savannen. Sie leben in grossen Verbänden und können ohne weiteres auch ein angreifendes Löwenrudel vertreiben oder gar töten. Nahe der Grenze zu Tansania kann ich in der Masai Mara eine solche Herde beobachten. Ein alter Bulle erspäht uns und kommt näher, sieht in uns aber keine Gefahr.

Auf seinen Hörnern sitzt ein Gelbschnabel-Madenhacker und pickt Parasiten aus seinem Fell. Man sieht diese Vögel auf vielen Grosstieren, und die verbreitete Meinung ist die, dass dies beiden dient. Der Madenhacker hat einen kleinen Imbiss und der Büffel ist einen Plagegeist los. Zoologen haben allerdings entdeckt, dass die Vögel damit nicht zufrieden sind. Sie stochern absichtlich in Wunden herum und verhindern so deren Heilung, um sich am Blut zu laben. Eine Symbiose ist es, aber eine mit Tücken.

Asyl für die Waldmenschen

97 Prozent unserer Gene sind mit dem Orang-Utan identisch.

Rudolf Hug

Der Stammbaum der Primaten hat sich nach heutigem Wissenstand vor etwa 16 Millionen Jahren das erste Mal geteilt. Damals trennten sich die genetischen Wege des Menschen und des Orang-Utans. Das ist früh, wenn man bedenkt, dass das Gleiche bei den Schimpansen erst 10 Millionen Jahre später passierte. Erstaunlich ist, dass trotzdem 97 Prozent unserer Gene identisch sind. Die «Waldmenschen», wie sie auch genannt werden, leben in den tropischen Regenwäldern der Insel Borneo und sind gefährdet, weil ihr Lebensraum zunehmend zerstört wird, um für Palmölplantagen Platz zu schaffen. Die vertriebenen und zum Teil verletzten Tiere finden Asyl und eine neue Heimat im Tanjung Puting Nationalpark. Dort werden sie gepflegt und leben in den Wäldern nahe der Rangerstation, bis sie den Weg zurück in die Wildnis finden.

Einmal am Tag werden sie mit Kokosnüssen, Früchten und Milchwasser gefüttert. Ich bin mit einem Ranger unterwegs zu dieser Fütterungsstelle. Es ist herrlich zu sehen, wie sie sich am Futter gütlich tun. Ein Jungtier fällt mir dabei besonders auf. Es hat sich eine Tasse mit Milchwasser geschnappt, hat aber offensichtlich noch nicht gelernt, wie man daraus trinkt. Aber es weiss sich zu helfen. Es tunkt seine haarige Hand in die Tasse und lässt die Flüssigkeit in seine vorgeschobene Lippe tropfen.

Kaffernbüffel und Gelbschnabel-Madenhacker: eine Symbiose mit Tücken

Auf den Hörnern des Kaffernbüffels sitzt ein Gelbschnabel-Madenhacker und pickt Parasiten aus dessen Fell.

Rudolf Hug

Auf einer Safari in Afrika ist die Sichtung der «Big Five» immer ein grosses Ereignis. Neben Elefanten, Nashörnern, Löwen und Leoparden gehören auch die Kaffernbüffel dazu. Die Bezeichnung der «grossen Fünf» stammt aus den Zeiten der Grosswildjagd und bezog sich dabei nicht in erster Linie auf die Körpergrösse der Tiere, sondern vorwiegend auf die Schwierigkeiten und Gefahren bei der Jagd auf sie.

Die schwarzen Büffel gelten mit ihren grossen gewundenen Hörnern zu den gefährlichsten Tieren der afrikanischen Savannen. Sie leben in grossen Verbänden und können ohne weiteres auch ein angreifendes Löwenrudel vertreiben oder gar töten. Nahe der Grenze zu Tansania kann ich in der Masai Mara eine solche Herde beobachten. Ein alter Bulle erspäht uns und kommt näher, sieht in uns aber keine Gefahr.

Auf seinen Hörnern sitzt ein Gelbschnabel-Madenhacker und pickt Parasiten aus seinem Fell. Man sieht diese Vögel auf vielen Grosstieren und die verbreitete Meinung ist die, dass dies beiden dient. Der Madenhacker hat einen kleinen Imbiss und der Büffel ist seine Plagegeister los. Zoologen haben allerdings entdeckt, dass die Vögel damit nicht zufrieden sind. Sie stochern absichtlich in Wunden herum und verhindern so deren Heilung, um sich am Blut zu laben. Eine Symbiose ist es, aber eine mit Tücken.

Er zeigt seine inneren Werte

Transparent: der Glasfrosch.

Rudolf Hug

Ich bin in den Regenwäldern von Costa Rica unterwegs. Das Land, das auch die Schweiz von Zentralamerika genannt wird, ist ein Füllhorn exotischer Kleintiere, welches jedes Fotografenherz höherschlagen lässt.

Mit meinem Guide Yehudi streife ich durch den Dschungel auf der Suche nach Fröschen. Es ist Tag, daher sind die meisten Lurche nicht aktiv und verstecken sich an der Unterseite von Blättern. Nach langer Suche finden wir endlich einen kleinen Glasfrosch. Er ist etwa drei Zentimeter lang und fast nicht zu sehen, da ein Grossteil seiner Haut grünlich durchsichtig ist und er so die Farbe des Blattes angenommen hat.

Richtig spannend wird es aber, als Yehudi ihn vorsichtig vom Blatt löst und umdreht. Die Haut an seiner Unterseite ist völlig transparent, und wir können sein Innenleben sehen. Lunge, Leber, Magen und Gedärme präsentieren sich, die Blutbahnen leuchten rot. Selbst seine Knöchelchen sind wie auf einem Röntgenbild ersichtlich. Auf eine mitgebrachte Glasplatte gesetzt, werden die Organe noch besser sichtbar.

Nun kommt der schwierige Teil: das Fotografieren im feuchten Regenwald. Gegen ein schwarzes Tuch als Hintergrund und mit sorgfältiger Ausleuchtung von unten entsteht dieses Bild. Rasch setzen wir das Fröschlein zurück auf sein Blatt und lassen es weiterschlafen.

Ein kleiner Schwatz auf Augenhöhe

Ein Gürteltier.

Rudolf Hug

Ich bin mit meinem Guide Fernando im Pantanal in Brasilien unterwegs, mit dem Ziel, ein Gürteltier aus der Nähe zu fotografieren. Die drolligen Tiere sind Einzelgänger und meist tagaktiv. Sie sind etwa 40 Zentimeter lang und durchschnittlich um die vier Kilogramm schwer. Kopf und Körper sind, wie eine Rüstung, beweglich gepanzert, aus den Zwischenräumen ragen drahtige Borsten. Die Gebiete, in denen sie leben, sind einfach zu finden, denn sie sind übersät von Erdhaufen, wie sie bei uns die Maulwürfe hinterlassen.

Unzählige Male habe ich schon versucht, eines von Nahem abzulichten – nie ist es mir gelungen. Sie reagieren äusserst empfindlich; kaum kommt man in ihre Nähe, verschwinden sie in ihren Erdlöchern. Also muss eine andere Taktik her! Ich lege mich vor einem Bau flach auf den Boden und beschliesse, zu warten.

Über eine halbe Stunde muss ich mich gedulden, bis sich endlich etwas bewegt. Als das possierliche Tier mich sieht, schaut es mich ungläubig an und kommt näher. Gürteltiere sehen nicht besonders gut, und gegen den Wind kann es mich nicht riechen. Schnell mache ich meine Bilder in der Erwartung, dass es bald flüchtet. Aber nein, es bleibt. Ich lege die Kamera weg und halte einen Schwatz mit ihm. Zuerst leise, dann in normaler Lautstärke. Nach etwa zehn Minuten trottet es friedlich davon – welch eine Begegnung!

Herzklopfen im Bärenland

Mit unglaublicher Geschwindigkeit jagen Grizzlybären den wendigen Fischen hinterher.

Rudolf Hug

Mein Ziel ist der Lake Clark Nationalpark in Alaska, um Bären zu fotografieren. Die Grizzlybären, die an der Küste von Alaska leben, sind grösser und stärker als die Bären im Inland. Der Grund ist ganz einfach: Neben saftigem Gras und vielen Beeren und Pilzen, die auf ihrem Speisezettel stehen, finden sie auch protein- und fettreiche Fische in den Flüssen nahe der Küste.

Die Lachse, die in den Gewässern des Hochlands auf die Welt kamen, schwammen in die Weiten der Meere und kehren als Ausgewachsene zurück, um an ihrem Geburtsort zu laichen und so den Kreislauf der Natur zu schliessen. Nicht allen gelingt das, denn an den Flussläufen stehen hungrige Bären, die auf sie warten. Mit unglaublicher Geschwindigkeit jagen sie den wendigen Fischen hinterher, und oft endet der Wettkampf zugunsten von Meister Petz. Aber noch sind erst einzelne Lachse eingetroffen. Nur ein Bär wartet an der Flussmündung und schaut ins Wasser. Am anderen Ufer habe ich mich mit meiner Kamera postiert und beobachte ihn. Plötzlich nimmt er einen Satz und stürmt in meine Richtung! Mein Herz klopft, doch zum Glück bin nicht ich das Ziel, sondern ein grosser Silberlachs, den er nach kurzer, aber heftiger Jagd erbeutet.

Giftige Winzlinge in Blue Jeans

Ein Erdbeerfröschchen der Variante «Blue Jeans» in Costa Rica.

Rudolf Hug

Die kleinen Frösche, die ich im Regenwald von Costa Rica finde, sind Erdbeerfröschchen der Variante «Blue Jeans». Sie gehören zwar zur Gattung der Pfeilgiftfrösche, sind aber harmloser, als es der Name vorgibt. Zwar sondern sie über ihre Haut ein Gift ab, das sie für ihre Fressfeinde ungeniessbar macht, für den Mensch ist es aber ungefährlich – sofern es nicht mit den Schleimhäuten in Berührung kommt. Bei einem anderen Mitglied der Familie, dem «schrecklichen Pfeilgiftfrosch», ist die Haut allerdings so giftig, dass es für die indigenen Jäger reicht, wenn sie ihre Blasrohrpfeile nur schon über die Haut streichen.

«Wie kommt das Gift in seine Haut?», frage ich meinen Guide Yehudi. «Der Frosch frisst giftige Insekten wie Ameisen und Käfer und scheidet das Gift, zum Teil verarbeitet, durch die Haut wieder aus», erklärt er. «So hält er sich nicht nur gefrässige Vögel, Schlangen und andere Feinde vom Leib, sondern wehrt sich auch gegen lästige Pilze und Bakterien auf seiner Haut.» Obwohl die erwachsenen Tiere mit etwa 2 Zentimeter Körperlänge sehr klein sind, findet man sie dank der leuchtenden Farben recht gut. Mit ihnen signalisieren sie potenziellen Angreifern, dass sie besser von ihnen ablassen.

Brasilianische Riesenstörche und ihr Tanz in der Abendsonne

Zwei Jabirus im Südwesten Brasiliens.

Rudolf Hug

Das Pantanal, eine Sumpflandschaft im Südwesten Brasiliens, ist Heimat von über 400 Vogel­arten. Besonders eindrücklich und häufig zu sehen ist der Riesenstorch Jabiru, der auch das Wappentier der Gegend ist. Er ist etwa 1,4 Meter lang und hat eine Flügelspannweite von 2,6 Metern. Bei den flugfähigen Vögeln ist nur der Kondor grösser.

Die eindrücklichen Tiere bauen ein entsprechend grosses Nest hoch in den Bäumen, das über die Jahre wächst und im Unterbau oft einer stattlichen Zahl von kleinen Sittichen eine Untermiete ermöglicht. Stundenlang habe ich bei meinen Reisen die Vögel beobachtet. Sei es bei ihrem Nestbau, wo sie grosse Mengen von Ästen mit eleganten Flugmanövern zu ihrem Horst transportieren, oder bei ihrer Brutpflege, bei der sie ihre winzigen Schlüpflinge mit Würmern und Kleingetier versorgen. Manchmal stehen sie stundenlang im seichten Wasser, um dann blitzschnell mit ihrem grossen Schnabel zuzupacken, wenn ein Fisch oder ein Frosch unvorsichtig ist und zu nahe kommt.

Oft jagen sie aber auch aktiv. Eine besonders eindrückliche Begegnung habe ich bei einer Bootsfahrt auf dem Rio Sararé, als wir bei Sonnenuntergang zwei Jabirus auf dem höher gelegenen Flussufer entdecken. Sie haben in Tümpeln kleine Fische gefunden, die sie mit eleganten Bewegungen fangen. Es sieht aus, als würden sie vor der untergehenden Sonne tanzen.

Seltener Anblick: Ihre königliche Hoheit legt sich zur Ruhe

Majestätisch und bedroht: Tiger.

Rudolf Hug

Tiger sind nicht nur die grössten Raubkatzen der Welt, sondern auch die gefährlichsten. Zwar meidet das Tier die Menschen, doch durch die landwirtschaftliche Nutzung wie Ackerbau und Viehwirtschaft kommen sie sich immer näher.

Wenn Dorfbewohner auf der Suche nach Brennholz oder Honig in die Territorien der Katzen eindringen, kommt es immer wieder zu Attacken, die für den Zweibeiner meist tödlich enden. Aber auch für die Raubkatze endet eine solche Begegnung meist unerfreulich. Im besten Fall wird sie gefangen und umgesiedelt, im schlechtesten Fall getötet.

In ganz Asien gibt es noch etwa 4000 Bengal- oder Königstiger, wie sie auch genannt werden. Mit Reservaten versuchen die Behörden, den bedrohten Tieren einen natürlichen Lebensraum zu schaffen. Dazu werden riesige Gebiete abgeriegelt und ganze Dörfer umgesiedelt, um Konflikte zu vermeiden. Dank dieser rigorosen Massnahmen ist die Population wieder leicht steigend.

Ich bin im Ranthambore-Nationalpark im Nordwesten Indiens, in dem auf einer Fläche von 282 Quadratkilometern rund 60 Tiger leben. Seit dem frühen Morgen sind wir mit einem kleinen Jeep auf der Suche nach dem scheuen Raubtier. Kein leichtes Unterfangen, bei der Grösse des Parks. Plötzlich entdecken wir ein Tigerweibchen, das auf Futtersuche ist und sich für einen Moment hingelegt hat. Eine Königin, wie sie schöner nicht sein kann – welch eine Pracht!

Die Fotokolumne in einem Buch

Je 25 Geschichten sind in den Büchern «Tiergeschichten aus aller Welt, Band 1 und 2» zusammengefasst.

Erhältlich in Buchhandlungen oder direkt beim Autor. www.rudolf-hug.ch

Warum hast du nur ein Auge?

Neugierig: Kronenmakis.

Rudolf Hug

Makis gehören zu den Primaten und leben ausschliesslich auf Madagaskar, einer Insel vor der Südostküste Afrikas. Sie ist etwa 15-mal so gross wie die Schweiz und Heimat vieler exotischer Tiere.

Ich bin mit meiner Reiseführerin Vivienne im Palmarum-Reservat unterwegs, um nach den possierlichen Tieren zu suchen. Im dichten Regenwald ist es schwierig voranzukommen, immer wieder versperren uns umgestürzte Bäume den Weg. Nach längerer Suche entdecken wir endlich eine Gruppe Kronenmakis. Sie sind die kleinsten der Makis und nur etwa 35 Zentimeter gross und anderthalb bis zwei Kilogramm schwer. Ihren Namen haben sie der orangefarbenen Fellkrone auf ihrer Stirn zu verdanken. Sie sind sowohl am Tag wie auch in der Nacht aktiv und bewegen sich meist im bodennahen Teil der Bäume, um das Zusammentreffen mit einer grösseren Maki-Art zu vermeiden, die in den oberen Regionen lebt.

Die Kronenmakis sind sehr gesellige Tiere und auch neugierig. Schon bald kommen sie näher, um zu sehen, wer da ist. Ein Weibchen interessiert sich besonders für mich. Mit ausgestrecktem Arm halte ich ihr die Kamera entgegen. Ohne Angst schaut sie in das Objektiv – als ob sie fragen würde: «Warum hast du nur ein Auge?»

Zwei haben sich gefunden

Ein Tristanpinguin-Männchen brütet mit einem Felsenpinguin-Weibchen.

Rudolf Hug

Die Zuordnung der Pinguine zu einer bestimmten Art ist nicht immer so einfach wie bei den Kaiser- oder Königspinguinen. Bei den Schopfpinguinen, benannt nach ihren golden leuchtenden Federbüscheln, waren sich die Wissenschafter bis vor kurzem uneinig über die Anzahl der Arten. Erst seit 2006 herrscht Einigkeit, dass es bei den Felsenpinguinen zwei eigenständige Arten gibt. Früher hat man sie als nördliche und südliche Untergruppen differenziert, heute heisst der nördliche «Tristanpinguin», der andere nach wie vor «südlicher Felsenpinguin».

Sie sehen, mit Ausnahme der grösseren Federbüschel, fast gleich aus, haben aber genetische Abweichungen und auch ein anderes Verbreitungsgebiet. Tristanpinguine leben in der Gegend der entlegensten bewohnten Insel der Welt, Tristan da Cunha im Südatlantik. Die südlichen Felsenpinguine hingegen findet man in grosser Zahl auf den Falklandinseln. Dazwischen liegen etwa 4000 Kilometer.

Umso erstaunter bin ich, als ich bei einer Fotoexpedition auf den Falklandinseln dieses ungleiche Paar entdecke. Ein Tristanpinguin-Männchen brütet gemeinsam mit einem Felsenpinguin-Weibchen! Pinguine sind sich ein Leben lang treu, gehen aber unter dem Jahr ihre eigenen Wege und treffen sich nur einmal im Jahr zur Brut. Zwei haben sich gefunden – und ich sie!

«Good vibrations»

Bringt das Wasser zum Tanzen: ein Brillenkaiman.

Rudolf Hug

Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Brillenkaiman in Südamerika vom Aussterben bedroht. Seine Haut war für die Herstellung von Leder so gefragt, dass die Tiere in Massen abgeschlachtet wurden. Damals erlassene Jagdverbote haben dazu geführt, dass sich die Bestände sehr gut erholt haben und es heute wieder mehrere Millionen Tiere gibt.

Ich bin am frühen Morgen mit einem Boot auf dem Rio Negro im Pantanal unterwegs. Unzählige Kaimane liegen am Ufer und wärmen sich in der aufsteigenden Sonne auf. Die bis zu 2,5 Meter langen Reptilien können ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren, sondern nehmen die Umgebungstemperatur an. Lauern sie, flach im Wasser liegend, ihrer Beute auf, kühlen sie schnell aus und müssen bald wieder an Land, um sich aufzuwärmen.

Plötzlich sehen wir einen Kaiman im Fluss, der sich sonderbar verhält. Anstatt flach im Wasser zu liegen, bäumt er sich auf und sein Körper vibriert so stark, dass das Wasser über ihm zu tanzen scheint. Er ist in der Balz und stösst Infraschallwellen aus, um Weibchen anzulocken. Diese Schallwellen sind so tief, dass wir sie nicht hören können, sie werden aber im Wasser über weite Distanzen übertragen.

Im Visier der schnellen Zunge

Das Chamäleon hat den Fotografen ins Visier genommen.

Rudolf Hug

Chamäleons sind unglaublich faszinierende Tiere. Mit der Fähigkeit, ihre Farben zu verändern, können sie ihren Gemütszustand ausdrücken, ihre Körpertemperatur regulieren und sich auch tarnen. Gegen Fressfeinde wie Schlangen oder Raubvögel reicht das Spiel mit den Farben allerdings nicht. Sie schützen sich auch, indem sie mit ihrem ruckelnden Gang Blätter nachahmen, die sich im Wind hin und her bewegen. Kommt ihnen doch einmal ein Feind zu nahe, blähen sie sich auf und versuchen so, grösser zu erscheinen.

Besonders eindrücklich sind aber ihre Glubschaugen, die seitlich vorstehen und mit denen sie, bedingt durch die kleine Pupille, bis zu einem Kilometer weit sehen können. Zudem können sie ihre Augäpfel unabhängig voneinander bewegen und so, mit Ausnahme eines Teils ihres Rückens, ihre gesamte Umgebung beobachten.

Entdeckt ein Chamäleon eine potenzielle Beute, drehen sich beide Augen nach vorne, nehmen sie ins Visier und messen die Distanz. Dann spannt sich die Muskulatur, die Zunge wird explosionsartig nach vorne geschleudert, und die klebrige Spitze umklammert den Fang. Bei meiner Begegnung merkt das Tier aber, dass ich nicht in das Beuteschema passe, da ich wohl etwas zu gross bin.

Überlebenskampf bei minus 20 Grad

Ein Steinadler in den Bergen Norwegens.

Rudolf Hug

Es ist bitterkalt, als ich mit Ole am frühen Morgen durch den tiefen Schnee stapfe. Wir sind auf dem Weg zu einer kleinen Hütte in den Bergen von Norwegen, um Steinadler zu fotografieren. Die majestätischen Vögel sind extrem scheu, darum hat der «Eagle-Man», wie Ole auch genannt wird, ein Versteck gebaut. Einen einfachen Verschlag mit halbtransparenten Fenstern und stoffbehangenen Löchern, durch die man die Kameraobjektive nach aussen führen kann.

Auf einer Schneekuppe in etwa 30 Meter Entfernung hat er ein Luder ausgelegt. Es ist ein Fuchs, der den harschen Winter nicht überlebt hat und nun den Vögeln dienen soll, damit sie nicht das gleiche Schicksal ereilt. Die Adler beobachten bei Tageslicht die Umgebung akribisch, weshalb es ratsam ist, das Versteck vor dem ersten Licht aufzusuchen und bis zur Dämmerung auszuharren.

Da die Hütte nicht geheizt ist, können das sehr lange Stunden sein. Besonders dann, wenn sich kein Adler zeigt und trotz warmer Kleidung die Kälte langsam, aber sicher hochsteigt. Heute habe ich aber Glück, und nach drei Stunden Warten höre ich ein Rauschen über uns und flüstere: «The eagle has landed.» Mit seinem scharfen Schnabel bricht er den Fuchs auf und hat – wenigstens für ein paar Tage– den Überlebenskampf gewonnen.

Der lautlose Schrei

Die Erzspitznatter hat einen sehr dünnen, peitschenartigen Körper und ist etwa 150 Zentimeter lang.

Rudolf Hug

Schlangen sind in der Beliebtheitsskala aller Tiere ziemlich weit hinten – zumindest bei den meisten Menschen. Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts soll diese Abneigung bei vielen sogar angeboren sein. Ich bin offenbar eine Ausnahme, da ich von Schlangen angetan bin. Bei einer Expedition in den Regenwald von Costa Rica bin ich mit dem Schlangenexperten Victor auf der Suche nach diesen lautlosen Jägern.

Er erklärt mir: «Von den weltweit über 3000 verschiedenen Schlangen kommen hier 137 vor, etwa 100 davon sind ungiftige Nattern». Nach kurzer Zeit finden wir im Geäst eines Baumes eine harmlose Erzspitznatter. Sie hat einen sehr dünnen, peitschenartigen Körper und ist etwa 150 Zentimeter lang. Elegant gleitet sie einem Ast entlang, fast die Hälfte ihres Körpers schwebt schon in der Luft.

Als sie uns sieht, hält sie abrupt inne und der Vorderteil ihres Körpers windet sich S-förmig. Dann reisst sie ihr Maul auf, und mit ihrem schwarzen Rachen nimmt sie eine Drohgebärde ein. Das erinnert mich an das Gemälde «Der Schrei» des Norwegers Edvard Munch. Im Gegensatz zu Munch zittere ich aber nicht am ganzen Leibe, sondern fotografiere fasziniert den «lautlosen Schrei».

Giraffen-Alarm in Kenia

Eine Netzgiraffe frisst genüsslich Blätter einer Schirmakazie.

Rudolf Hug

Die Schirmakazie hat Symbolcharakter für Afrika und ist auch im Lewa Wildlife Conservancy in Kenia der häufigste Baum. Dort fotografiere ich eine Netzgiraffe, die genüsslich deren Blätter frisst. Dies nicht zur Freude der Akazie, die extra hochgewachsen ist, um sich vor Pflanzenfressern zu schützen.

Dabei hat sie allerdings nicht mit der Giraffe gerechnet, die mühelos an die Leckerbissen kommt. Auch einen weiteren Abwehrmechanismus, die langen und spitzen Dornen, kann die Giraffe umgehen, weil ihre Lippen unempfindlich sind und sie die Blätter mit ihrer langen Zunge abzupft. Eine neue Gegenwehr muss also her. Innert weniger Minuten produziert der Baum in seinen Blättern Tannin, einen bitteren Gerbstoff, der das Futter vergällt und in hohen Dosen sogar tödlich sein kann.

Deshalb frisst die Giraffe nur für kurze Zeit an einem Baum, um dann zum nächsten zu wechseln. Doch die Akazie hat längst den Giraffen- Alarm ausgelöst. Durch das Ausströmen des Gases Äthylen werden die Nachbarbäume gewarnt und beginnen sofort mit der Produktion von Tannin. Aber auch die Giraffe ist nicht dumm, frisst gegen den Wind und umgeht so die Taktik der Akazie. Unglaublich, aber wahr.

Quo Vadis?

Rudolf Hug

In der Nacht hat es im Yellowstone Nationalpark geschneit, und am nächsten Morgen sind Wälder und Wiesen wie in einem Märchen weiss verzaubert. Trotz bitterer Kälte bin ich schon früh unterwegs und habe einen Kojoten entdeckt, der in einer Mulde eng zusammengerollt schläft. Die Kraft der aufsteigenden Sonne vertreibt die letzten Reste des Nebels und weckt auch das eingeschneite Tier. Der Kojote reckt sich und schüttelt den Schnee ab. Er ist hungrig, denn es ist für die Tiere in dieser Jahreszeit schwierig, Futter zu finden. Er macht sich auf die Suche und zieht seine Spur durch die jungfräuliche Schneelandschaft. Plötzlich hält er inne und schaut lange in den unberührten Schnee.

«Quo vadis?», frage ich ihn in Gedanken, wohin willst du gehen? «Wie soll es weitergehen?», fragen sich wohl auch viele Menschen in der jetzigen, schwierigen Zeit. Viele sind ebenfalls hungrig, wenn nicht nach Essen, so doch nach Nähe, Berührungen, Normalität. Auch wenn wir den Weg noch nicht sehen, es wird sich einer auftun, und wir können später auf die Spur zurückblicken. Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie Ihren Weg finden, so wie ihn auch der Kojote gefunden hat.

Die Geschichte von Babakoto

Die Indris, die zu den Lemuren gehören, leben im Regenwald von Madagaskar.

Rudolf Hug

«Hörst du den Gesang der Indris?», fragt Vivienne, meine madagassische Reiseführerin. Die Indris, die zu den Lemuren gehören, leben im Regenwald von Madagaskar und sind sich ein Leben lang treu. Jeden Morgen singt das Paar im Duett und markiert so sein Territorium. Plötzlich rauscht es in den Blättern und ein schwarz- weisses Wuscheltier sitzt über uns im Geäst. «Wir nennen ihn Babakoto», sagt Vivienne, «es gibt eine schöne Geschichte von ihm.»

Sie beginnt zu erzählen: «Eines Tages ging ein Bauer mit seinem Sohn Koto in den Wald, um Honig zu suchen. Als sie auf einem hohen Baum dabei waren, den Honig einzusammeln, kam ein fürchterlicher Sturm auf, und es begann zu regnen. Als der Vater vom Baum hinuntersteigen wollte, glitt er aus und stürzte zu Tode. Der kleine Junge war nun allein auf dem Baum und konnte ohne Hilfe nicht hinunter. Er verbrachte die ganze Nacht auf einem Ast und fürchtete sich sehr.

Am nächsten Morgen hörte er ein lautes Singen, und plötzlich war ein Tier mit grossen Ohren bei ihm, packte ihn auf seinen Rücken und trug ihn auf den Boden. Die Leute aus dem Dorf suchten Koto schon, und als sie das Tier sahen, nannten sie es Babakoto – der Papa von Koto.»

Der übers Wasser laufen kann

Leguane leben in den Regenwäldern und Feuchtgebieten Mittelamerikas und ernähren sich hauptsächlich von Insekten, Schnecken, kleineren Echsen, Fröschen und Fischen, aber auch von Blüten und Früchten.

Rudolf Hug

Im Regenwald von Costa Rica kann ich einen wunderschönen Leguan fotografieren. Fast unbeweglich verharrt er auf einer Liane, um sich in der Morgensonne aufzuwärmen. Der Stirnlappenbasilisk, wie er heisst, erreicht eine Länge von rund 80 Zentimetern, wovon die Länge des Schwanzes etwa zwei Drittel der Gesamtlänge beträgt.

Die Tiere leben in den Regenwäldern und Feuchtgebieten Mittelamerikas und ernähren sich hauptsächlich von Insekten, Schnecken, kleineren Echsen, Fröschen und Fischen, aber auch von Blüten und Früchten. «Die Tiere werden auch Jesus-Christus-Echse genannt», erklärt mir mein Guide Yehudi, «weil sie über das Wasser laufen können.» Ich habe schon Insekten gesehen, die durch die Oberflächenspannung des Wassers nicht einsinken, aber eine 200 Gramm schwere Echse?

Yehudi erzählt mir, dass sie das nur auf der Flucht vor einem Feind tun würden. Durch die hohe Geschwindigkeit und Luftblasen in Mulden unter ihren Füssen hätten sie genug Auftrieb für etwa zehn Meter. Die würden reichen, um sie aus der Gefahrenzone zu bringen. Dieses Phänomen möchte ich gerne einmal fotografieren – etwas mehr auf meiner Wunschliste.

Im warmen Daunenrock

Königspinguine in der Bucht Gold Harbour in Südgeorgien.

Rudolf Hug

Mit einem kleinen Eisbrecher sind wir in der Bucht Gold Harbour in Südgeorgien gelandet. Nein, nicht im Süden von Georgien, sondern auf der Hauptinsel im britischen Überseegebiet, das sich etwa 1400 Kilometer östlich der Falklandinseln befindet, die vor Argentinien liegen.

Die Insel gilt als eines der wichtigsten Brutgebiete der Königspinguine. Man schätzt, dass dort etwa 400'000 Tiere leben. Schon vom Schiff aus kann ich eine riesige Kolonie am Strand sehen – Zehntausende von Tieren. Nach der Landung im Zodiac, einer Art Gummiboot, nähere ich mich ihnen vorsichtig. Ein Erlebnis für alle Sinne: für das Auge, für die Ohren – aber auch für die Nase. Weil Königspinguine aufgrund ihrer Grösse bis zu 14 Monate für einen Brutzyklus brauchen, sind immer Jungtiere in der Siedlung anzutreffen.

Sie bilden grosse Kinderkrippen, um sich gegenseitig zu wärmen und vor Feinden zu schützen. Solange die Küken jung sind, ist nur ein Elternteil auf Futtersuche, mit zunehmendem Alter aber auch beide. Ihr brauner Daunenrock hält die Jungtiere zwar warm, doch erst nach der Mauser können sie in ihrem Erwachsenenfederkleid schwimmen und dadurch selbstständig überlebe

Rudolf Hug

Den Plaggeistern entflohen

Die Serengeti ist eine riesige Savanne, die sich vom Norden Tansanias bis in den Süden Kenias erstreckt. Ich bin mit meinem Driver-Guide Wilson im Sanctuary Kusini, einem Camp im südwestlichen Teil der Serengeti. Eigentlich bin ich hier, um die grosse Migration zu fotografieren. Leider fehlt der Regen seit Wochen und die grossen Gnu-Herden sind weitergezogen.

Aber es gibt auch ohne das Spektakel der Tierwanderung viel zu sehen. Es ist heiss in der endlosen Savanne, und nur wenige Schirm akazien spenden etwas Schatten. Trotz der grossen Hitze trage ich ein langärmliges Hemd, um mich vor den berüchtigten Tsetsefliegen zu schützen. Diese sind tagaktiv und hinterlassen einen schmerzhaften Stich. Der Stich ginge ja noch, wenn da nicht die Gefahr der Übertragung der Schlafkrankheit wäre.

Die Fliegen sind aber nicht nur für uns Menschen gefährlich, sondern können auch bei Säugetieren Krankheiten übertragen. Da die lästigen Viecher nur wenige Meter über dem Boden aktiv sind, ist diese Löwin in die Krone einer Akazie geflüchtet. Völlig unüblich für das Verhalten von Löwen in dieser Gegend, geniesst sie die insektenfreie Zone und lässt sich auch durch unseren Besuch nicht stören.

Knapp dem sicheren Tod entkommen

Ein Gnu ist knapp dem sicheren Tod entkommen.

Rudolf Hug

Ich bin in Afrika, im Masai-Mara-Nationalpark, um das einzigartige Spektakel der grossen Migration zu fotografieren. Auf ihrer Wanderung vom Süden der Serengeti bis in die Masai-Mara und zurück folgen jedes Jahr über eine Million Gnus und Zebras dem Regen und damit saftigem Gras. Mit ihren Jungtieren, die ganz im Süden auf die Welt kommen, wandern sie gegen 3000 Kilometer durch unendlich weite Savannen.

In diesen passen Raubkatzen den Tieren ab und haben eine leichte Beute. Der gefährlichste Teil aber ist die Durchquerung der reissenden Flüsse. Die steilen Ufer sind schwierig zu überwinden, und im Wasser warten hungrige Krokodile. Schon seit einiger Zeit warten wir am Mara-Fluss auf eine Herde, die den Fluss überqueren muss. Wir beobachten dabei ein riesiges Nilkrokodil, das im seichten Wasser lauert und wie wir auf die Gnus wartet. Die Tiere sind nervös und haben Angst vor der steilen Böschung. Plötzlich springt ein Gnu über die Klippe und stürzt sich ins Wasser. Wie auf ein Signal folgt ihm die Herde. Langsam nähert sich das Krokodil dem steten Strom von Leibern, um urplötzlich auf ein Jungtier zuzuschiessen. Mit einem Sprung kann sich das kleine Gnu vor dem weit aufgesperrten Schlund retten und entkommt so dem sicheren Tod.

Fliegende Giraffen

Fliegende Giraffen: Der Giraffenhalskäfer ist maximal 25 Millimeter gross.

Rudolf Hug

Schon am frühen Morgen bin ich mit Vivienne, meiner madagassischen Reiseführerin, im Ranomafana-Nationalpark unterwegs. Sie hält Ausschau nach einem Strauch, der zu den Schwarzmundgewächsen gehört und nur in wenigen Gegenden von Madagaskar vorkommt. So exklusiv dieser Strauch ist, so aussergewöhnlich und skurril sind auch seine Bewohner: die Giraffenhalskäfer.

Diese maximal 25 Millimeter langen Käfer gehören zu den Blattrollern und leben ausschliesslich auf diesen Sträuchern. Die Weibchen, deren Hals etwas kürzer ist, legen ein einzelnes Ei auf ein Blatt, rollen es dann ein und schneiden das Blatt ab, damit es auf den Boden fällt und sich dort die Brut entwickeln kann.

Die Männchen sind in der Gunst um die Weibchen nicht zimperlich und schlagen sich, den richtigen Giraffen gleich, mit den Hälsen, bis der Kampf entschieden ist. Der Verlierer entfaltet seine Flügel und fliegt zum nächsten Strauch, um dort sein Glück zu versuchen. Diese Flugkünste machen es auch so schwierig, sie zu fotografieren. Kaum hat man einen Winzling in Reichweite entdeckt und sich mit der Kamera herangepirscht, wird er nervös und fliegt davon. Es braucht ordentlich Geduld und einige Schweissperlen fliessen, bis dieses Bild gelingt.

Unterricht im steilen Fels

Unterricht im steilen Fels

Rudolf Hug

Fotoblog: Aussergewöhnliche Tierbilder und die Geschichten dazu

In der Natur konnte ich immer wieder beobachten, dass Tiere unglaubliche Fähigkeiten haben. Lange glaubte die Wissenschaft, dass Tiere nur einem vererbten Instinkt folgen und dass ihnen ihr Können in die Wiege gelegt worden sei. Doch in letzter Zeit kamen Forscher immer mehr zur Erkenntnis, dass auch Tiere lernen können. Unbestritten ist, dass neugeborene Säugetiere, selbst blind, instinktiv nach der Zitze der Mutter suchen. Auch, dass eine Mutter, ihrem Instinkt folgend, ihre Jungen verteidigt. Aus vielen Beobachtungen habe ich aber erkennen können, dass Tiereltern ihre Jungen erziehen, sie massregeln und ihnen Fähigkeiten beibringen, die für das Überleben in der Wildnis wichtig sind.

Schon seit einigen Stunden beobachten wir im Ranthambore Nationalpark, im nördlichen Indien, eine Tigermutter mit ihren Jungen. Sie sind schon halbwüchsig und manchmal richtige Flegel. Immer wieder muss ihnen die Mutter durch lautes Fauchen Grenzen setzen. Auf ihrem Weg durch eine steile Felswand werden die Jungen aber ganz ruhig. Ängstlich folgen sie ihrer Mutter, die ihnen zeigt, wie sie sich bewegen müssen. Es scheint, als ob sie einem ihrer Jungen sagen würde: «Du brauchst keine Angst vor dem Abgrund zu haben!»

Entfesselte Kräfte der Natur

Elefanten sind die grössten Landtiere der Welt und können fünf Tonnen Gewicht oder mehr auf die Waage bringen.

Rudolf Hug

Mit meinem Guide Greg bin ich im Amboseli- Nationalpark in Kenia auf Safari. Der Park ist umgeben von Land, das vom Stamm der Massai bewirtschaftet wird. Sie leben in alten Traditionen und dulden keine fremden Krieger auf ihrem Territorium. Das ist der Grund, weshalb das Reservat weitgehend von Wilderern verschont geblieben ist.

So konnte sich eine Population von Elefanten entwickeln, deren Altersstruktur intakt ist. Elefanten sind die grössten Landtiere der Welt und können fünf Tonnen Gewicht oder mehr auf die Waage bringen. Die Tiere haben ein hoch entwickeltes Sozialverhalten und leben in Herden von mehreren Weibchen mit ihren Jungtieren.

Männliche Tiere müssen die Gruppe verlassen, wenn sie geschlechtsreif werden. Sie leben dann als Einzelgänger oder in Junggesellengruppen. Am Rand einer grossen Wüste entdecken wir eine solche Gruppe und beobachten sie aus sicherer Distanz. Junge Elefantenbullen tendieren oft zu einem aggressiven und rüden Verhalten, um ihre Stärke zu demonstrieren. Zwei wollen offenbar wissen, wer der Stärkere ist, ohne zu realisieren, dass ein Sandsturm aufkommt und die Sonne verdunkelt. Wir bringen uns in Sicherheit, bevor uns die entfesselten Kräfte der Natur in Gefahr bringen.

Todesmutig

Tollpatschig an Land: Eselpinguine.

Rudolf Hug

Eselpinguine brüten in kleinen Kolonien auf zahlreichen subantarktischen Inseln, zu denen auch Falkland gehört. Sie haben ihren Namen, weil sie untereinander mit einem lauten «I-AH» kommunizieren. Lauthals verteidigen sie auch ihr kleines, aus losen Steinen gebautes Nest, wenn ein Nachbar aus Bequemlichkeit versucht Steine für sein eigenes zu stehlen.

Während der etwa 30 Tage dauernden Brutzeit wechselt sich das Elternpaar regelmässig ab. Ein Pinguin bebrütet die Eier und der andere ist auf Futtersuche. Sie sind hervorragende Schwimmer und benutzen ihre Flügel wie Propeller, während sie mit dem Schwanz und den Füssen steuern. Sie können einige Minuten unter Wasser bleiben und tauchen in Tiefen von 20 bis 50 Metern. Dabei fangen sie vor allem Krill und gelegentlich auch Fische.

Ich bin mit einer kleinen Gruppe auf Falkland, um diese putzigen Tiere zu fotografieren. So wendig und schnell sie unter Wasser sind, so tollpatschig bewegen sie sich an Land und sorgen immer wieder für Heiterkeit. Spannend sind allerdings die Momente, in denen sie die Barriere des Wassers überwinden müssen. Geduldig warten sie, bis eine grosse Welle herannaht und rennen dann los, um sich todesmutig ins Wasser zu stürzen.

Die Tüpfelhyänen sind besser als ihr Ruf

Rudolf Hug

Hyänen haben keinen guten Ruf. Sie sind verschrien als stinkende, faule und hinterhältige Aasfresser. Wie so oft ist der schlechte Ruf nicht gerechtfertigt. Die Tüpfelhyänen, die überraschenderweise nicht mit Hunden, sondern mit Katzen verwandt sind, haben eine ausgeprägte Sozialstruktur und sind äusserst erfolgreiche Jäger. Ihr Beutespektrum reicht von winzigen Insekten bis hin zu Elefanten – am häufigsten werden allerdings Gnus und Zebras erbeutet. Ihr Gebiss ist in Bezug auf ihre Grösse das stärkste aller Säugetiere, sie können damit sogar Knochen eines Elefanten aufbrechen.

Die Tiere leben in grossen Clans, die von einem Weibchen angeführt werden und klare Strukturen haben. Ich bin mit meinem Guide Greg im Mala-Mala-Reservat im Norden von Südafrika unterwegs. Am Abend eines ereignisreichen Tages machen wir für den «Sundowner», den obligaten Apéro, auf einem Felsen Halt. «Ist darunter nicht die Hyänenhöhle?», frage ich Greg. «Kein Problem», antwortet er lachend, «vor einigen Jahren hat ein Filmemacher das Vertrauen des dominanten Weibchens gewonnen, und seither hat der Clan keine Scheu mehr vor Menschen.» Schon bald kommen zwei neugierige Jungtiere. Auf dem Bauch liegend, kann ich sie aus einem halben Meter Distanz fotografieren.

Keine Regel ohne Ausnahme

Eine Gruppe von Somalistraussen schreiten über die Savanne.

Rudolf Hug

Als mir mein Vater das Fotografieren beigebracht hat, war eine der Grundregeln: Die Sonne muss immer im Rücken des Fotografen sein. Das gilt auch heute noch in den meisten Situationen. In der hohen Schule der Fotografie erreicht man allerdings besondere Effekte, wenn Regeln gebrochen werden.

Ich bin in Kenia im Lewa Wildlife Conservancy, das 2013 ins Unesco-Weltnaturerbe aufgenommen wurde. Im fantastischen Park, der im Zoo Zürich im kleinen Massstab nachgebildet wurde, gibt es viele seltene Tiere. Das Spitzmaulnashorn, das Grevyzebra, die Netzgiraffe und der Somalistrauss sind alle auf der Roten Liste als «gefährdet» oder sogar als «vom Aussterben bedroht» aufgeführt.

Schon vor Sonnenaufgang bin ich mit meinem Guide auf der Suche nach Tieren am Horizont, um sie als Silhouetten abzulichten. Das ist gar nicht so einfach, denn der Park ist hügelig und unsere Bewegungsmöglichkeiten sind eingeschränkt. Zudem lässt sich der Lauf der Sonne nicht aufhalten und schon steht sie über dem Horizont, ohne dass mir ein Bild gelungen ist. Doch dann entdecke ich eine Gruppe von Somalistraussen, die über die Savanne schreiten – direkt der Sonne entgegen. Die Strahlen der aufgehenden Sonne im Gegenlicht lassen die riesigen Vögel in einer besonderen Stimmung erscheinen.

Dem Gedränge ausgewichen

Elliot-Sturmschwalben sind etwa 15 Zentimeter lang und haben eine Flügelspannweite von gegen 36 Zentimetern.

Rudolf Hug

Der Archipel Galapagos, etwa 1000 Kilometer vor der Küste Ecuadors gelegen, ist bekannt für seine vielfältigen Möglichkeiten, Tiere zu beobachten. Auf der Umrundung mit einem kleinen Schiff haben wir die Nacht in der Bucht Punta Vicente Roca der Insel Isabela verbracht.

Am frühen Morgen werden wir überrascht durch eine grosse Kolonie Sturmschwalben, die die Wasseroberfläche nach Plankton, kleinsten Fischlein und Krebstieren absuchen. Die Elliot-Sturmschwalben, wie sie genau heissen, sind etwa 15 Zentimeter lang und haben eine Flügelspannweite von gegen 36 Zentimetern. Sie verbringen die meiste Zeit in der Luft, leben aber, im Gegensatz zu ihren Artgenossen, in Küstennähe und nicht auf dem offenen Meer.

Wenn sie nahe der Oberfläche jagen, lassen sie ihre Beine hängen und berühren dabei das Wasser – dies erweckt den Eindruck, als ob sie auf dem Wasser gehen könnten. Das Spektakel fasziniert nicht nur mich, auch die anderen der Reisegruppe, und so ist an der Reling des Bugs ein grosses Gedränge. Ich suche mir ein ruhigeres Plätzchen und finde das auch am Heck, das gegen die Küste liegt. Zwar sind weniger Vögel da, dafür spiegeln sich die goldfarbenen Felsen im leuchtenden Blau des Meeres. Welch eine Freude, dem Farbenspiel der Wellen und den Vögeln ungestört zuschauen zu können.

Streit um eine Bananenblüte

Langzungenfledermäuse sind nachtaktiv, tagsüber schlafen sie in Felshöhlen, hohlen Baumstämmen oder verlassenen Gebäuden.

Rudolf Hug

Im feuchtheissen Regenwald von Costa Rica suche ich mit meinem Guide Yehudi Langzungenfledermäuse. Die Tiere werden so genannt, weil sie ihre Zunge beim Trinken von Nektar bis zur Länge ihres gesamten Körpers herausstrecken können. Dabei spielen sie eine wichtige Rolle bei der Bestäubung zahlreicher Blütenpflanzen.

Sie sind nachtaktiv, tagsüber schlafen sie in Felshöhlen, hohlen Baumstämmen oder verlassenen Gebäuden. Die Suche ist schwierig, da wir die Tiere, mit ihren sieben bis neun Zentimeter Grösse, im Schein der Taschenlampen kaum sehen. Nur ab und zu spüren wir einen Luftzug, wenn sie geschickt an unseren Köpfen vorbeimanövrieren. Sie stossen Ultraschallwellen aus und können durch deren Reflektionen Hindernisse erkennen und umfliegen.

An einem Bananenbaum in einer Lichtung hängt ein grosser Blütenstand und die goldfarbenen Blüten warten darauf, befruchtet zu werden. Mit dem Duft des Nektars locken sie Vögel, Insekten und auch Fledermäuse an, welche Pollen von den männlichen Blüten zu den weiblichen tragen. Während eine Fledermaus in Erwartung des süssen Trankes schon ihre Zunge ausfährt, nähert sich von der Seite ein dominanter Artgenosse, der ihr den gefundenen Schatz streitig macht.

Kleider machen Leute

Die Tiere kommen bereits mit einem Kleid zur Welt, das sie vor den Widrigkeiten des Wetters schützt.

Rudolf Hug

Der Homo sapiens kommt nackt und hilflos zur Welt. Vom Moment der Geburt bis zum Tod braucht er Kleider, um sich zu wärmen oder seine Nacktheit zu verbergen. Ganz anders in der Tierwelt. Viele Tiere kommen mit einem wärmenden Fell auf die Welt, stehen nach kurzer Zeit auf und sind schon bald in der Lage, der Mutter zu folgen.

Andere brauchen etwas länger, aber auch sie haben ein Kleid von Mutter Natur, welches sie vor den Widrigkeiten des Wetters schützt. Manchmal etwas schlichter, manchmal etwas schriller. Insbesondere die Vogelwelt überbietet sich geradezu in der Kreativität.

Farbige Federn, dekorative Kreationen, fantasievolle Kompositionen. Seit Jahrtausenden benutzen Menschen diese Schöpfungen der Tierwelt, um ihr schlichtes Erscheinungsbild zu verbessern und zu verschönern. Sie bedienen sich an wärmenden Fellen, schmückenden Elementen oder lassen sich vom Erscheinungsbild inspirieren. Diesem wunderschönen Kronenkranich begegne ich in der Serengeti, in Tansania. Von der Zeichnung im Gesicht hat sich wohl der Maler Miró anregen lassen, die Tönung des Federkleides liesse jeden Haute-Coiffeur schwitzen, und die filigrane Krone würde die Fähigkeiten eines Juweliers herausfordern. Wir können die Natur imitieren – aber nicht überbieten.

Grosse Schnauze, kleines Hirn

Das Hirn des Ameisenbärs ist nur etwa so gross wie eine Erbse.

Rudolf Hug

Ameisenbären gibt es seit über 50 Millionen Jahren. Sie leben in Südamerika und sind in Wirklichkeit keine Bären, sondern gehören zu den Nebengelenktieren. Ihre direkten Verwandten sind das Faultier und das Gürteltier. Ich bin mit Fernando im Pantanal unterwegs, einer Sumpflandschaft im südwestlichen Brasilien, als wir plötzlich ein prächtiges Exemplar in der weiten Landschaft entdecken. Die seltsame Erscheinung ist geprägt von einem kleinen Kopf mit einer bananenförmigen Schnauze. In ihr versteckt sich eine bis zu 60 Zentimeter lange Zunge, die klebrig ist und mit der bis 30'000 Ameisen und Termiten pro Tag aus ihren Bauten geholt werden.

Im kleinen Kopf hat aber das Hirn fast keinen Platz, es ist deshalb nur etwa erbsengross. Das kann zwischendurch ganz schön gefährlich werden, denn dadurch ist der Ameisenbär nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte und kann sich immer nur auf eine Sache konzentrieren. Wenn er Ameisen sucht, vergisst er alles um sich herum, und man kann ihn aus nächster Nähe beobachten. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Jaguare ... aber die belassen es nicht beim Beobachten.

Weil ich ruhig bin und der Wind gegen mich bläst, kommt er mir bis auf wenige Meter nahe – ganz ohne zu erschrecken, so beschäftigt ist er mit den Ameisen.

Siamesische Zwillinge?

Eine faszinierende optische Täuschung.

Rudolf Hug

Nicht immer verläuft eine Reise wie geplant. Ich bin in Tansania, im Olakira Camp, um das Spektakel der «Grossen Migration» zu fotografieren. Etwa zwei Millionen Gnus und Zebras folgen jedes Jahr dem Regen und dem dadurch wachsenden Gras. Sie wandern gegen 3000 Kilometer von den Weiden der Serengeti bis zu den Steppen der Massai Mara und wieder zurück. Es ist März und eigentlich müssten die Tiere jetzt im Süden der Serengeti sein und ihre Jungen zur Welt bringen. Aber sie sind nicht da!

Wo sonst um diese Zeit Tier an Tier steht und die Jungtiere zu Zehntausenden mit ihrem Blöken nach ihren Müttern rufen, herrscht ein grosses Schweigen und eine gähnende Leere. Anhaltende Trockenheit hat das Gras verdorren lassen und es ist weit und breit kein Regen in Sicht. Die Herden folgen dem Futter und Wasser und nicht dem Kalender und sind schon weitergezogen. Nur vereinzelte Tiere sind zurückgeblieben und fressen, was sie finden.

Plötzlich kommt Hektik auf, als ich ein Zebra mit zwei Köpfen entdecke! Sind es siamesische Zwillinge oder eine Fata Morgana, durch die flimmernde Luft? Nein, es ist eine optische Täuschung durch die räumliche Anordnung und das Muster der Zebras. Nicht geplant, aber doch ein faszinierender Anblick.

Balzarie im Hochmoor

Ein Auerhahn im norwegischen Hochmoor.

Rudolf Hug

Das Balzverhalten vieler Tiere ist oft ein Spektakel der besonderen Art. Ich möchte die Balz des Auerhahns beobachten und fotografisch festhalten.

Das ist kein einfaches Unterfangen, denn sie sind sehr scheu. Mein Freund Ole kennt einen Platz in einem norwegischen Hochmoor, an dem die Männchen zwischen Ende April und Anfang Mai in der Morgendämmerung um die Weibchen balzen. Er hat in Sichtweite des Balzplatzes ein einfaches Tarnzelt aufgebaut, in dem ich mich schon am Vorabend verstecke. Es ist kalt und unbequem, nur eine Matte und ein Schlafsack geben etwas Schutz. Die Tiere sind so empfindlich, dass sie durch die kleinste Störung während des Balzvorgangs vertrieben würden. Deshalb richte ich Kamera und Stativ schon jetzt ein.

Ich habe Glück und werde am frühen Morgen durch den typischen Balzgesang geweckt. Die Balzarie besteht aus dem Knappen mit dem Schnabel, einer Art klappern, das sich zu einem Hauptschlag überschlägt, und schliesslich dem Wetzen, einem zischenden Geräusch. Stetig wiederholt der Hahn das Lied, bis sich eine Henne vorsichtig nähert und sich von ihm «treten» lässt, wie die Begattung in der Jägersprache heisst. Es ist einzigartig, so etwas erleben zu dürfen, und die lange kalte Nacht ist sofort vergessen.

Süss-Saures im Regenwald

Ein Diademsifakas in einem Guavebaum.

Rudolf Hug

Lemuren gehören zur Gattung der Menschenaffen und leben ausschliesslich auf Madagaskar. Die Insel, die vor der Südostküste Afrikas liegt, ist etwa 15-mal so gross wie die Schweiz. Ich bin mit Vivienne im Andasibe-Mantadia-Nationalpark unterwegs, um nach Diademsifakas zu suchen.

Die possierlichen Tiere sind etwa 50 Zentimeter lang und wiegen fünf bis acht Kilogramm. Sie sind tagaktive Baumbewohner und bewegen sich meist senkrecht kletternd, kommen aber ab und zu auch auf den Boden. Neben den Indris sind sie die zweitgrösste Lemurenart, und ihr Name wird vom weissen Kranz um ihren Kopf, der wie ein Diadem aussieht, abgeleitet. Sie leben in matriarchalen Sippen von sechs bis zehn Männchen und Weibchen samt ihrem Nachwuchs.

Es ist feuchtheiss im Regenwald, und wir sind schon eine Weile unterwegs, ohne auch nur eines dieser Tiere zu Gesicht bekommen zu haben. Das ist nicht erstaunlich, denn eine Gruppe beansprucht ein Gebiet von 25 bis 60 Hektar. Dann, plötzlich entdecken wir eine Sifaka-Familie in einem Guavebaum. Genau genommen ist es ein Erdbeer-Guavebaum, denn seine Früchte sind kleiner und leuchtend rot. Die Gruppe frisst lustvoll die süss-sauren Beeren und lässt sich von uns nicht stören. Auch wir pflücken von den bodennahen Früchten und tun es den Affen gleich – wir geniessen sie.

Graue Riesen auf leisen Sohlen

Elefanten-Füsse sind unten mit einer dicken, gallertartigen Schicht versehen, die wie ein Polster wirkt.

Rudolf Hug

Elefanten sind die grössten lebenden Landtiere und ihre Vorfahren bevölkerten die Erde schon vor über 50 Millionen Jahren. Heute gibt es noch drei Arten: den Afrikanischen, den Asiatischen und den Waldelefanten. Afrikanische Elefanten können bis zu vier Meter hoch werden und gegen sieben Tonnen wiegen.

Ihre Füsse sind unten mit einer dicken, gallertartigen Schicht versehen, die wie ein Polster wirkt. Zudem sind die vermeintlichen Knie in Wirklichkeit ihre Hand- und Fussgelenke – sie gehen also quasi auf Zehen- und Fingerspitzen und deshalb sehr leise. Elefanten sind ausgesprochen soziale Tiere und leben in Familienverbänden, von denen allerdings geschlechtsreife Männchen ausgeschlossen sind.

Eine meist ältere Leitkuh führt eine Gruppe von Weibchen mit ihren Jungtieren an. Sie ist die Erfahrenste und weiss, wo Gefahren lauern und wo es in Trockenzeiten Futter und Wasser gibt. Ich bin mit Greg im Amboseli-Nationalpark in Kenia unterwegs, und wir beobachten eine Herde beim Wassertrinken. Auf ein Signal der Leitkuh setzt sich die Herde in Bewegung und marschiert praktisch lautlos an uns vorbei. Die ganz Kleinen gehen an der Seite der Mutter – immer von der potenziellen Gefahr abgewandt.

Bei minus 45 Grad die Welt entdecken

Vor fünf Monaten hat die Bärin eine Erdhöhle gegraben und sich einschneien lassen.

Rudolf Hug

Seit sechs Tagen warte ich im Wapusk-Nationalpark in Kanada darauf, dass eine Eisbärin ihre Höhle verlässt und ihre Jungen ans Tageslicht bringt. Vor fünf Monaten hat die Bärin eine Erdhöhle gegraben und sich einschneien lassen. Nach nur acht Wochen hat sie zwei kleine, nackte und blinde Bärchen geboren und während dreier Monate gesäugt – ohne in dieser Zeit zu fressen oder zu trinken. Nun ist es Zeit, die Höhle zu verlassen, die Kleinen an die Umwelt zu gewöhnen und sich dann auf den Weg zum zugefrorenen Meer zu machen, um endlich wieder jagen und fressen zu können.

Von 10 Uhr morgens bis zur Dämmerung warte ich auf den magischen Moment – und das bei minus 45 Grad! Nur noch zwei Tage habe ich Zeit, bevor ich zurück nach Hause muss. Doch dann, am siebten Tag, kommt sie endlich heraus. Sie erkundet mit ihren zwei Babys die Umgebung, lehrt sie auf dem Schnee zu gehen, zu klettern, sich zurechtzufinden. Das ist anstrengend für die zwei Bärchen, und so hält die Mutter immer wieder inne und legt sich so hin, dass ihr Körper den Jungen Schutz und Wärme bietet. Aber die zwei wollen nicht schlafen, sondern möchten nach der langen Zeit in der dunklen Höhle endlich die Welt entdecken.

Kein Wetter hält sie ab

Königspinguine

Rudolf Hug

Sie gehen wie Menschen, haben Federn wie Vögel und schwimmen wie Fische. Die zweitgrösste Art dieser eigenartigen Tiere, die Königspinguine, leben auf den Inseln des Südpolarmeers, nahe der Antarktis. Sie haben sich ideal an das raue Klima dieser unwirtlichen Region angepasst.

Über einer dicken Fettschicht tragen sie ihr Gefieder, das mit einem Gemisch aus Öl und Wachs aus der Zirbeldrüse wasserabweisend gemacht wird. Sie sind zwar flugunfähig, können aber ihre Flügel unter Wasser wie Flossen gebrauchen und schwimmen so wendig, dass man meinen könnte, sie fliegen. Sie brüten an Land, wobei sie kein Nest bauen, sondern ein einzelnes Ei auf ihren Füssen balancieren und mit dem warmen Daunengefieder warmhalten.

Abwechselnd schauen die beiden Eltern zum Ei oder schwimmen zur Futtersuche hinaus auf’s weite Meer. Sobald das Küken geschlüpft ist, braucht es Futter, viel Futter. Bis zu zwei Jahre dauert es, bis es gross genug ist, um sich selbst zu ernähren. In dieser Zeit müssen sogar beide Elternteile bei jedem Wetter nach Futter suchen und lassen das Junge in der Kolonie zurück. Ich bin in Südgeorgien, in der St. Andrews Bay, als uns plötzlich ein heftiger Schneesturm überrascht. Unter schwierigen Umständen gelingt mir dieses Bild einer Pinguin-Parade auf dem Weg zur Futtersuche.

Der Stammvater aller Hühner lebt im dichten Dschungel

Der Rote Dschungelhahn ist ein scheues Tier.

Rudolf Hug

Der Rote Dschungelhahn Südostasiens, der Bankiva, gilt als Urvater aller Hühner. Mit etwas Glück kann man diesen scheuen Vogel in den Wäldern dieser Region finden. Wie alle Hühner bevorzugen sie dichtes Unterholz, in dem sie sich vor Raubvögeln verstecken können, und verlassen den schützenden Wald nur zum Fressen.

Der wilde Hahn wird etwa 50 bis 75 Zentimeter gross und hat ein farbenprächtiges Kleid. Man nimmt an, dass die ersten domestizierten Hühner ca. 2000 v. Chr. über die Seidenstrasse in den Westen gebracht wurden. Über den Orient und Ägypten gelangten sie schliesslich nach Europa. Eine weite Verbreitung erfolgte aber erst durch die Römer, die das Haushuhn als Eier- und Fleischlieferanten züchteten. Seit dem Morgengrauen bin ich mit meinem lokalen Guide im Bandhavgarh-Nationalpark in Indien unterwegs. Wir sind eigentlich auf der Suche nach Königstigern und halten immer wieder an, um nach Warnrufen der anderen Tiere zu lauschen, die sich untereinander vor dem gefährlichen Jäger warnen.

Die letzten Tage konnte ich mehrmals von Weitem einen Dschungelhahn sehen. Aber immer verschwanden sie schnell im dichten Unterholz, sobald wir näher kamen. Heute ist mir das Glück hold und es gelingt mir das Bild dieses stolzen und farbenprächtigen Stammvaters aller Hühner.

Für Stiefel beinahe ausgerottet

Bisons im Yellowstone Nationalpark.

Rudolf Hug

Wer kennt sie nicht: Die Bilder von riesigen Bisonherden in den weiten Prärien von Nordamerika – Lebensgrundlage der Indianer. Die Geschichten von Winnetou und Old Shatterhand; die Heldentaten von Buffalo Bill, dem Büffeljäger. Diese Büffeljäger haben das grösste Landsäugetier des amerikanischen Kontinents, das einst dreissig Millionen Exemplare zählte, beinahe ausgerottet. Als die Nachfrage nach Leder im 19. Jahrhundert anstieg, wurde die Jagd kommerzialisiert und ihr Bestand zunehmend gefährdet.

Richtig los ging es aber nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, als die europäischen Staaten ihre Armeen neu ausrüsteten – darunter auch mit Stiefeln für die Soldaten. Millionenweise wurden die Tiere durch die Bisonjäger abgeschlachtet, die Haut abgezogen und zu Leder verarbeitet. Der Rest verrottete in den Prärien. Nur gerade eine Herde von 200 Tieren blieb 1894 im Schutze des Yellowstone Nationalparks übrig.

Heute haben sich die Bestände wieder auf wenige zehntausend Exemplare erholt. Ganz allein bin ich an einem bitterkalten Wintermorgen im Yellowstone Nationalpark unterwegs. Im Wissen um die Geschichte berührt mich die Begegnung mit diesen prächtigen Bisons und erfüllt mich mit Scham und Ehrfurcht gegenüber der Natur.

Ein Akrobat im Regenwald

Ein Rotaugenlaubfrosch.

Roland Hug

Einer der schönsten aller Frösche ist wohl der Rotaugenlaubfrosch, der im Regenwald von Mittelamerika lebt. Wissenschaftlich heisst er «Leuchtend schöne Baumnymphe» und wie die Nymphen in der griechischen Mythologie lebt auch er in den Baumwipfeln und steigt nur in der Nacht herab, um nach Futter zu suchen oder sich der Fortpflanzung zu widmen. Tagsüber klebt er an der Unterseite von Blättern, gut getarnt vor hungrigen Vögeln. Die farbigen Beine eng an den Körper geschlungen, die leuchtend roten Augen geschlossen, schmiegt er sich nahe an die Blätter und ist, nur noch ein grünes Häufchen, kaum zu erkennen. Doch in der Nacht ist der 5 bis 7 Zentimeter grosse Frosch unterwegs und kann sich mit seinen Greifhänden auch auf dünnsten Halmen fortbewegen.

Ich bin in einer feuchtheissen Nacht mit meinem Guide Yehudi im Regenwald von Costa Rica unterwegs.

Mit Taschenlampen suchen wir schon längere Zeit die Bäume und Sträucher ab, in der Hoffnung eine solche Nymphe zu entdecken. Endlich finden wir ein Prachtexemplar, welches auf seinem Ausflug das Gleichgewicht verloren hat und einem Reckturner gleich die Balance sucht. Schnell ein, zwei Fotos gemacht und wir lassen das Fröschlein ziehen auf seiner Suche nach Futter – oder einem Partner.

Früh übt sich, wer ein König werden will

Früh übt sich, wer ein König werden will

Rudolf Hug

Löwen sind nach den Tigern die zweitgrössten Katzen der Welt und leben in Indien und Afrika. Seit Menschengedenken sind sie ein Symbol für Macht und Herrschaft, von Sagen und Mythen umwoben und dominieren unzählige Wappen und Fahnen.

Besonders die Männchen mit ihrem markanten Kopf und der riesigen Mähne gelten als die Könige der Tiere. Löwen leben in Rudeln und werden von einem bis zu vier erwachsenen Männchen angeführt, die Weibchen sind für die Jagd und die Aufzucht des Nachwuchses zuständig.

Männliche Nachkommen dürfen nur bis zur Geschlechtsreife in der Gruppe bleiben und werden dann ausgestossen. Sie streifen nachher als Einzelgänger umher oder scharen sich in Junggesellengruppen zusammen. Wenn sie ein Rudel erobern wollen, müssen sie die Anführer, in einem meist blutigen Kampf, vertreiben.

Ich bin im Mala Mala Game Reserve, im Norden von Südafrika. Schon seit einiger Zeit beobachte ich mit meinem Guide Greg zwei junge Löwenmännchen. Spielerisch springen sie umher und jagen sich, als aus dem Spiel plötzlich ein Kampf um die Rangordnung wird. Fauchend gehen sie aufeinander los, bis eines der Tiere zurückweicht. Früh übt sich, wer ein König werden will.

Kleiner Schwatz im Vollmondlicht

Hyazinth-Aras sind mit einer Länge von rund einem Meter die grösste aller Papageienarten.

Rudolf Hug

Hyazinth-Aras sind mit einer Länge von rund einem Meter die grösste aller Papageienarten. Ihr Gefieder ist kobaltblau, nur die Stellen um den Schnabel und die Augen sind leuchtend gelb. Sie leben in Südamerika und sind laut der Roten Liste vom Aussterben bedroht – es gibt nurnoch etwa 3000 Exemplare. Die zunehmende Rodung der Wälder für die Landwirtschaft, aber auch die Vorliebe von Vogelzüchtern auf der ganzen Welt machen ihnen zu schaffen.

In der Umgebung der Fazenda Barranco Alto im Pantanal in Brasilien gibt es aber noch eine grosse Population dieser prächtigen Tiere, da die Acuripalme im Umfeld der Lodge weit verbreitet ist. Die Nüsse dieser Palme sind die Hauptnahrung dieser prächtigen Vögel. Ich bin mit Lucas unterwegs, um im Lichte des Vollmonds nach nachtaktiven Tieren zu suchen.

Es ist kein gewöhnlicher Vollmond, sondern ein «blauer Mond». Das hat nichts mit seiner Farbe zu tun, sondern mit dem seltenen Ereignis, dass es in diesem Monat der zweite Vollmond ist. Normal sind Papageien um diese Zeit ruhig und melden sich erst wieder in den frühen Morgenstunden. Dieses Paar ist trotzdem im hellen Licht des Vollmonds unterwegs und hält einen kleinen, dennoch lauten Schwatz.

Der bärtige Muscheltaucher mit grossem Hunger

Bis zu 50 Kilogramm Muschelfleisch frisst ein Muscheltaucher-Bulle pro Tag.

Rudolf Hug

Im hohen Norden der Arktis zu fotografieren, ist ein besonderes Privileg. Im Sommer geht die Sonne nie unter und die Lichtstimmung wird gegen Mitternacht fast mystisch, wenn die Sonne tief am Horizont steht.

Ich bin auf einem Schiff nördlich von Spitzbergen, auf der Suche nach Eisbären. Eine Schlechtwetterfront zwingt uns, nach Süden zu fahren und in einer Bucht der Inselgruppe «Sieben Inseln» Schutz zu suchen.

Das Wetter hier ist besser und wir nutzen die Zeit, um mit dem Schlauchboot nach Walrossen Ausschau zu halten. Walrosse sind grosse Robben und zeichnen sich durch ihre riesigen Stosszähne sowie den Borstenbart aus. Sie werden etwa drei Meter lang und Männchen können über eine Tonne wiegen. Umso erstaunlicher ist ihre Diät, die hauptsächlich aus Muscheln besteht, gelegentlich ergänzt durch Tintenfische, Schnecken und Krabbentiere.

Mit ihren Flossen oder ihrem Borstenbart wühlen sie die Muscheln am Meeresboden auf und öffnen sie geschickt zwischen ihren Lippen. Bis zu 50 Kilogramm Muschelfleisch frisst ein Bulle pro Tag. Nach kurzer Suche finden wir dieses schöne Exemplar, halten aber Distanz, um ihn bei seiner mühseligen Arbeit nicht zu stören.

Ein Wald als Bärenland – der Winter kann kommen

Ein Braunbär trottet dorthin, wo ein Guide Lachse ausgelegt hat.

Rudolf Hug

Es ist Herbst, als mich ein Guide im Niemandsland entlang der finnisch-russischen Grenze zu einer kleinen Hütte begleitet. Der Wald ist unverkennbar Bärenland, denn immer wieder sehen wir tiefe Abdrücke von riesigen Tatzen im Morast und Kratzspuren an den Bäumen. Dennoch ist es nicht besonders gefährlich, sich im Gehölz zu bewegen.

Die Braunbären haben einen ausgeprägten Geruchssinn und können uns schon von Weitem riechen. Sie sind sehr scheu und gehen Begegnungen mit Menschen aus dem Weg. Das ist auch der Grund, weshalb ich diese Hütte aufsuche. Sie dient als Versteck, um Bären beobachten und fotografieren zu können. Neben einem kleinen Loch, in dem das Objektiv der Kamera platziert wird, gibt es ein Fenster mit einem halbdurchlässigen Glas. So kann ich aus dem Dunkel zwar hinausschauen, aber von aussen sieht man nicht hinein.

In der Nähe der Hütte hat der Guide Reste von Lachsen ausgelegt, um die Bären anzulocken. Nach stundenlangem Warten trottet plötzlich ein mächtiges, vollgefressenes Männchen an der Hütte vorbei. Schon bald braucht er seinen Speck, denn der Schnee ist nicht mehr weit, und er wird seinen Winterschlaf halten.

Fressen und gefressen werden

Eine Papageienschlange hat einen Frosch im Maul.

Rudolf Hug

In der Nahrungskette der Natur gibt es ein stetes Fressen und Gefressenwerden. Ein intaktes Ökosystem braucht dabei ein bestimmtes Verhältnis zwischen Jägern und Gejagten. Der Mensch als Beobachter empfindet aber nicht für alle Räuber die gleichen Sympathien. Wenn ein Frosch eine Mücke frisst, ist das völlig in Ordnung. Wenn aber eine Schlange den mückenfressenden Frosch verschlingt, ist das für viele abstossend.

Eine Grosszahl der Menschen hat eine Abneigung gegenüber Schlangen, wobei umstritten ist, ob diese angeboren oder erlernt ist. Mich faszinieren sie. Ich bin in Costa Rica im Regenwald des Tieflandes auf der Suche nach Rotaugenlaubfröschen. Die niedlichen Tiere sind nachtaktiv und schlafen tagsüber an der Unterseite von Blättern. Mit ihren Saugnäpfen an den Füssen können sie sich dort anheften und sind so vor den Blicken hungriger Vögel geschützt.

Beim Durchsuchen der Bäume und Sträucher stosse ich unvermittelt auf einen jagenden Frosch – das heisst, auf den Rest von ihm. Eine Papageienschlange ist mir zuvorgekommen und ist daran, ihn zu verschlingen. Vor den Vögeln konnte er sich verstecken – die Schlange aber hat ihn von hinten erwischt.

Nebel in Afrika

Eine Giraffe taucht im Mala-Mala Game Reserve gespenstisch aus dem Nebel auf.

Rudolf Hug

Wer an Afrika denkt, verbindet das meist mit Wärme, ja Hitze. Während den üblichen Reisezeiten stimmt das wohl auch. Aber der zweitgrösste Kontinent der Erde hat sehr unterschiedliche Klimazonen und Jahreszeiten.

Von der Sahara-Wüste im Norden über Zentralafrika bis zum südlichsten Punkt in Südafrika erstrecken sich fast 8000 Kilometer. Und ganz im Süden kann es schon mal kalt werden, denn der Südpol, der kälteste Ort der Erde, ist nicht mehr so weit weg. Ich bin im Mala-Mala Game Reserve in Südafrika.

Dieser private Park in der Nähe des Sand-Rivers ist ein idealer Ort, um Löwen und Leoparden zu fotografieren. Es ist afrikanischer Winter und eine Kaltfront hat zudem antarktische Luft in das Gebiet gebracht. Bei der Morgensafari ist es gegen null Grad – auf dem offenen Jeep ist das unangenehm kalt, da nützen auch die bereitgestellten Wolldecken nicht viel. Das Wasser des Flusses ist aber immer noch warm, und so hat sich dichter Nebel über das Gebiet gelegt. Es ist ruhig im Park, fast mystisch erscheinen die bizarren Äste des kleinen Waldes. Als eine Giraffe gespenstisch aus dem Nebel auftaucht, ist das Bild perfekt.

Die Trolle von Finnland

Ausgewachsen werden die Bartkauze bis zu 67 Zentimeter lang.

Rudolf Hug

Eulen lösen bei vielen Menschen eine grosse Faszination aus, so auch bei mir. Anders als bei den meisten Vögeln sind ihre Augen nach vorne gerichtet und geben ihnen deshalb ein menschenähnliches Gesicht. Ich bin in Finnland, mit dem Ziel, den Bartkauz zu fotografieren. Ausgewachsen werden diese Eulen bis zu 67 Zentimeter lang und leben am Rand von borealen Nadel- und Mischwäldern der nördlichen Halbkugel. Nach langer Suche finde ich mit meinem Guide Jari zwei Jungvögel am Waldrand.

Wir nähern uns vorsichtig und halten aus Rücksicht auf die Tiere und zu unserem Schutz einen Sicherheitsabstand ein. Die Mutter würde die Jungen aggressiv verteidigen und uns mit ihren scharfen Krallen attackieren. Die Jungen verlassen das hoch gelegene Nest mit etwa vier Wochen. Sie können noch nicht fliegen, sondern flattern mehr schlecht als recht Richtung Boden. Mit ihren langen Beinen krabbeln sie dann auf einen herumliegenden Ast, auf dem sie vor Räubern wie Wölfen oder Füchsen geschützt sind. Dort werden sie von ihren Eltern versorgt, bis sie nach drei Monaten selbstständig zu jagen beginnen. Wie ein Troll schaut mich der Kauz an – bewacht von der Mutter, die uns gewähren lässt.

Der kleine Unterschied

Braunbären in den Wäldern von Finnland.

Rudolf Hug

Braunbären verwenden etwa 16 Stunden des Tages für die Futtersuche. Sie sind Allesfresser, und neben Fleisch und Fisch fressen sie auch gerne Blätter, Wurzeln, Pilze, Nüsse, Früchte, Beeren und als ganz besonderen Leckerbissen Honig. Sie streifen allein in den weiten Wäldern umher, nur in der Paarungszeit suchen sie die Nähe zum anderen Geschlecht. Nach der Paarung ist das befruchtete Ei in einer Keimruhe und nistet sich erst im Herbst in der Gebärmutter ein; dies aber nur, wenn die Bärin genügend Fettreserven hat. So ist sichergestellt, dass sie ausreichend Milch für die Jungen hat, die während der Winterruhe geboren werden. Sie kommen in der Höhle nackt und blind zur Welt. An diesem Ort sind sie geschützt und haben etwa drei bis vier Monate Zeit, um genügend gross und stark zu werden.

Dieses Paar kann ich aus einer Beobachtungshütte in den Wäldern von Finnland fotografieren. Sie ziehen schon eine Weile miteinander umher und kommen immer wieder in die Nähe der Hütte. Das Weibchen scheint nicht besonders interessiert zu sein und kratzt seinen Rücken an einem Baum, während das Männchen seine Aufmerksamkeit offensichtlich dem kleinen Unterschied widmet.

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