von Sylvie-Sophie Schindler
07.05.2007, 10:31 Uhr
Schon einmal vom Alien-Hand-Syndrom gehört? Oder von der Fischgeruchs-Krankheit? Oder vom so genannten Madenfraß, einer Erkrankung, bei der Maden unter der Haut umherkriechen? stern.de stellt die übelsten Krankheiten vor.
Von Sylvie-Sophie Schindler
Krankheiten, so gruselig und gemein, das sie sich eigentlich nur bitterböse Drehbuchautoren ausgedacht haben könnten.
Schön wär's, aber: neben tausend anderen, bekannten Leiden gibt es rund 40 Krankheiten, über die man bislang kaum etwas gehört hat. In den meisten Fällen unheilbar, trotzdem skurril. Der amerikanische Autor Dennis Di Claudio hat sie in seinem Buch "Der kleine Hypochonder" gesammelt. stern.de stellt daraus die absonderlichsten vor.
Nekrotisierende Fasziitis oder wenn der Körper bei Lebzeiten zu verfaulen beginnt
Die Erreger, die zu den Gruppe-A-Streptokokken gehören, werden auch "Fleisch fressende Killerbakterien" genannt. Sie setzen einen Prozess in Gang, der üblicherweise erst nach dem Tod losgetreten wird: Bakterien "fressen" das Fleisch von den Knochen, der Körper verwest. Doch so lange wollen die Killer-Streptokokken nicht warten. Sie dringen durch eine kleine Wunde unter die Haut, vermehren sich schnell und setzen Toxine und Enzyme frei. An der Oberfläche bilden sich mit dunkler Flüssigkeit gefüllte Blasen. Der Zersetzungsprozess beginnt.
Die giftigen Stoffe können zu einem septischen Schock führen, der sämtliche Organe lahm legt. Mögliche Folgen sind Atemstillstand, Herz- und Nierenversagen. Um das zu verhindern, sollte das infizierte Gewebe schnellstmöglich herausgeschnitten werden. Auch Antibiotika, werden sie rechtzeitig eingesetzt, können Schlimmeres verhindern. Da die Krankheit in früheren Stadien einer Grippe oder Angina ähnelt, wird sie oft zu spät erkannt.
Hyponatriämie oder wenn man durch das Trinken von zuviel Wasser ins Koma fällt
Eigentlich wird einem immer eingebläut, man solle viel Wasser trinken. Wer es aber damit übertreibt, der riskiert, ins Koma zu fallen. Eine Hyponatriämie überfällt einen sehr plötzlich, innerhalb einer Stunde wachsen sich die harmlosen Symptome zu einer regelrechten Katastrophe aus. Der Grund: ein unausgeglichener Wasser-Natrium-Haushalt.
Beim Schwitzen verliert der Körper Wasser und Natrium. Wird der Verlust nur durch Wasser ersetzt, entsteht Natriummangel im Blut. Ohne genügend Natrium aber kann das Wasser nicht verteilt werden. Die Urinproduktion geht zurück, der Körper beginnt aufzuquellen. Auch das Gehirn nimmt durch die verminderte Wasserausscheidung an Volumen zu. Kopfschmerzen sind die Folge, letztlich fällt man ins Koma. Wer Chips, gesalzene Erdnüsse und andere natriumhaltige Lebensmittel isst, steuert dagegen. Allerdings sollte man es auch hier nicht übertreiben, sonst droht Bluthochdruck.
Alien-Hand-Syndrom oder wenn man von der eigenen Hand unter Umständen erwürgt wird
Wenn man eine Hand nicht mehr unter Kontrolle hat, dann tut sie die absurdesten Dinge: man knöpft Hemd oder Hose mitten in der Fußgängerzone auf, man sticht sich ins Auge, greift in eine Steckdose oder versucht, sich selbst zu erwürgen. Nicht willentlich natürlich, sondern weil das Gehirn fehl geschaltet ist, beispielsweise durch einen Schlag auf den Kopf oder einen Hirntumor. Je nach Auslöser geht die Krankheit nach ein paar Wochen vorbei oder hält jahrelang an.
Myiasis oder wenn unter der Haut Maden umherkriechen
Hat eine Schmeißfliege, etwa die Tumbu - oder die Dasselfliege, eine offene Wunde gefunden, zögert sie meistens nicht und legt ihre Eier hinein. Bald sind die Larven geschlüpft, die unter der Haut herumkrabbeln, in den Rachen hinaufkriechen oder hinunter in den Harnleiter. Wer keine Maden in seinem Körper beherbergen will, ist gut beraten, Wunden stets abzudecken. Wenn es schon zu spät ist, hilft es unter anderem den befallenen Körperteil dick mit Öl oder Vaseline zu bestreichen. So schneidet man den Maden die Luftzufuhr ab. Sie kommen zum Luftholen an die Oberfläche, wo man sie mit der Pinzette herauslösen kann.
Sklerodermie oder wenn sich der Körper so verhärtet, dass er einer Statue ähnelt
Das Gesicht erstarrt zur Maske, die Haut wirkt wie gegerbtes Leder. Die übermäßige Verhärtung der Haut führt dazu, dass man seine Gliedmaßen kaum bewegen kann und so stundenlang in derselben Position verharrt. Verursacht wird die schmerzhafte Erkrankung durch das körpereigene Immunsystem. Der Körper entzündet sich überall, in der Folge wird an den unpassendsten Stellen ein Überschuss an Kollagen abgelagert. Im Laufe der Jahre verhärten sich die Haut und innere Organe. Jährlich sterben weltweit 10.000 Menschen an Sklerodermie.
Trimethylaminurie oder wenn der Körper einen stechenden Fischgeruch absondert
Eine schmerzfreie Angelegenheit. Allerdings wird die Beliebtheit im Kollegen- und Freundeskreis rapide abnehmen, da man nach fauligem Fisch stinkt. Der durchdringende Geruch wird in Urin, Atem und Schweiß abgesondert. Wer betroffen ist, dem fehlt ein Enzym, das Trimethylamin abbaut. Die Verbindung, die dem Fisch seinen charakteristischen Geruch verleiht, wird auch im menschlichen Körper unter anderem nach dem Verzehr von Eiern, Leber und Sojabohnen umgesetzt. Da es sich um eine genetisch verursachte Mutation handelt, gibt es kein Gegenmittel.
Progeria adultorum oder wenn man rund 30 Jahre älter aussieht als man tatsächlich ist
Die Krankheit macht sich bei Betroffenen Anfang dreißig bemerkbar. Dann aber geht es Schlag auf Schlag: die Haut wird faltig, die Haare werden grau und fallen aus, die Muskeln bilden sich zurück, der Gang ist gekrümmt statt aufrecht. Man sieht nicht nur aus wie ein 60jähriger, man benimmt sich auch so. E-Mails abrufen? SMS schicken? Keine Ahnung! Mit vierzig sieht man aus wie achtzig. Die meisten Erkrankten sterben Ende vierzig. Die auch Werner-Syndrom genannte Erkrankung hat genetische Ursachen.
Candirú-Befall oder wenn sich ein Fisch in der Harnblase festbeißt
Faustregel: man sollte niemals nackt im Amazonas oder Orinoco schwimmen. Noch besser: man sollte in derlei Flüssen überhaupt nicht im schwimmen gehen. Denn dort lauert der Candirú, ein zierliches, fast transparentes Fischlein, das auch "Brasilianischer Vampirfisch" genannt wird. Er wird durch das Blut oder den Urin Badender angelockt und verschwindet dann in eine der Körperöffnungen - entweder in Vagina, Penis oder Rektum. Dann schlängelt er sich hinauf in die Harnblase, wo er sich festbeißt. An seinem Kopf befinden sich viele Widerhaken. Der Candirú lässt sich also nicht einfach herausziehen, sondern nur durch aufwändige Operationen entfernen. Der ungebetene Gast verursacht Blutungen und extreme Schmerzen.