Schweiz: Ablehnung des CO2-Gesetzes
Die Ablehnung des CO2-Gesetzes nicht nur ein Rückschlag für Parlament und Bund - die erneute Lösungsfindung bietet einer proaktiven Landwirtschaft aber Chancen, selber konkrete Lösungen an den Tisch zu bringen.
Die Landwirtschaft verursacht CO2-Emissionen, hat aber auch großes Potential dieses zu binden: Ohne das abgelehnte Gesetz stellt sich nun die Frage, wie das Ziel der Treibhausgasreduktion erreicht werden kann. Bild: lid.
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Der
Klimawandel
ist unbestreitbar und beeinflusst die Landwirtschaft. Und die
Folgen
seien vor allem
negativer Art
, meint Anne Challandes, Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes: "Trockenperioden oder Dürren, Fröste wie diesen Frühling und die in bestimmten Regionen auftretenden starken Regenfälle sind Beispiele für den Klimawandel. All diese Ereignisse können Schäden verursachen und die Ernten schmälern." Die
globale Erwärmung
begünstigt
weiter das Auftreten von neuen
Krankheiten und Schädlingen
in verschiedenen Kulturen und Wald, Kultur- und Grasland leiden immer mehr unter Trockenheit. Und
Hitze sowie Wassermangel
beeinträchtigt die Tiere. "An manchen Orten muss die Wasserversorgung neu organisiert werden, oft mit erheblichen Mehrkosten", bekräftigt Anne Challandes.
Klimafitte Bäume sind gefragt
Die
Schweizer Landwirtschaft
muss so immer
erfinderischer
werden, um mit dem Klimawandel Schritt zu halten und den durch den Klimawandel häufiger auftretenden extremen Wetterkapriolen die Stirn zu bieten: Durch die Klimaerwärmung kommen beispielweise Fichte und Tanne in den Schweizer Wäldern unter Druck. Die Forstwirtschaft hat darum angefangen,
klimafittere und schädlingsresistentere Bäume
wie die Douglasie zu fördern, welche die Klimastabilität des Waldes erhöhen können.
Beim
Ackerbau
wird ein durchdachtes und nachhaltiges
Bewässerungsmanagement
immer wichtiger und Toleranz sowie Resistenz gegenüber Hitze und Trockenheit spielen in der
Wahl der Kultur und Sorte
eine immer
größere Rolle
. Es wird an neuen Anbaumethoden und nachhaltigen Produktionssystemen für den Klimaschutz getüftelt und in der
Nutztierhaltung
wird
geforscht
, wie die Landwirtschaft Emissionen von Nutztieren verringern und Klimaschutzfaktoren durch Haltung und Fütterung positiv beeinflussen kann.
Agrarinitiativen versus CO2-Gesetz
Mit dem Klimawandel Schritt zu halten reicht allerdings nicht: Die
Landwirtschaft
gehört sowohl auf die
Verursacherseite
, als auch auf die
Opferseite
des Klimawandels. Im Vorfeld der Abstimmungen haben sich die Landwirtschaftsverbände entsprechend gewillt gezeigt, ihren Beitrag zu leisten, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten: Der Schweizer Bauernverband, der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband oder auch der Waldeigentümerverband WaldSchweiz haben sich allesamt für eine
Annahme des CO2-Gesetzes
an der Urne eingesetzt.
Das
überarbeitete CO2-Gesetz
hätte unter anderem den Einsatz von klimafreundlichen Heizungen wie Biogas oder Wärmeerzeugung aus Holz vorantreiben sollen und damit auch eine Chance für die Schweizer Landwirtschaft dargestellt. Die Ressourcen der Landwirtschaftsverbände im Abstimmungskampf galten aber vor allem den beiden Agrarinitiativen, beim CO2-Gesetz blieb es folglich bei Abstimmungsempfehlungen. Die am selben Tag zur Abstimmung kommenden Agrarinitiativen haben die ländliche Bevölkerung in großem Masse mobilisiert und diese hat mehrheitlich
trotz einer Ja-Empfehlung
der landwirtschaftlichen Verbände stark mitgeholfen, das
CO2-Gesetz zu versenken
. Entsprechend
enttäuscht
zeigten sich in der Folge die
Landwirtschaftsverbände
.
Verpasste Chance?
Damit der Schaden des Klimawandels begrenzt werden könne, habe die Schweiz das Klimaabkommen von Paris ratifiziert, erklärt Hannah Hofer, Leiterin Energie und Umwelt des Schweizer Bauernverbandes (SBV). "Ohne das abgelehnte CO2-Gesetz stellt sich nun die Frage, wie dieses Ziel erreicht werden kann – der Klimawandel kann nur abgeschwächt werden, wenn alle Länder ihre Ziele erreichen", bedauert Hannah Hofer den Ausgang der Abstimmung. Und mit dem
CO2-Gesetz
hätte auch die Landwirtschaft
Teil der Lösung
sein können, meint Anne Challandes: "Die
Ausgleichsmaßnahmen
, die der Landwirtschaft und den Bauernfamilien zugutegekommen wären, sowie die Bewertung von Leistungen zur Emissionsminderung, vor allem die Kohlenstoffbindung, sind
vom Tisch
."
Instrumente laufen aus – rasche Lösungen gefordert
Mit dem
Nein
zum
revidierten CO2-Gesetz
hat die
Schweiz kein messbares nationales Klimaziel
über 2021 hinaus mehr und diverse Instrumente laufen Ende 2021 aus: So können sich Schweizer Firmen nicht mehr von der CO2-Abgabe befreien – davon habe im Moment unter anderem die Gemüsebranche profitiert, sagt Hannah Hofer. Weiter sind Treibstoff-Importeure nicht mehr verpflichtet, in Klimaschutzprojekte zu investieren und laufenden Klimaprojekten fehlt die Finanzierung. Es gibt auch
keine Verpflichtung
mehr, die
Treibstoffemissionen
zu
kompensieren
: "Womit auch die Förderungen von Biogasanlagen und anderen Kompensationsprojekten auslaufen", meint Hannah Hofer weiter. Damit
bestehende Programme weitergeführt
werden könnten, brauche es darum rasch
politische Lösungen
. Welche mittelfristigen Lösungen sinnvoll seien, müsse jetzt nach den Abstimmungen aber zuerst neu ausgewertet werden.
Schweizer Landwirtschaft ist gefragt
Es müssen also andere Lösungen her und die
Schweizer Landwirtschaft
müsse sich unbedingt
einbringen
, meint Anne Challandes: "So sind Boden, Kulturen und Grasland ja zum Beispiel eine wichtige Möglichkeit Kohlenstoff zu binden." Nebst der Kohlenstoffbindung, könnten in der Landwirtschaft gleichzeitig Emissionen reduziert werden, sei es bei den Tieren direkt mit Futtermittel oder bei der Behandlung von Hofdünger – dazu gebe es bereits Wege und regionale Projekte. Daneben sei die
Forschung
weiterhin in allen Bereichen gefragt.
Elektrotraktoren? Noch Zukunftsmusik
Die
Reduktionen
in der
Landwirtschaft
seien allerdings sehr
komplex
, gibt Hannah Hofer zu bedenken. Beispielsweise fossile Emissionen könnten landwirtschaftliche Betriebe nicht so einfach ersetzen: "Gerade bei den
Traktoren
sind die
Alternativen
wie Elektroantriebe oder Gasantriebe noch nicht so weit entwickelt und verfügbar." Daneben brauche die Landwirtschaft Anpassungen an die Auswirkungen des Klimawandels: So werde die
Wasserverfügbarkeit
in Zukunft eine größere Herausforderung. Trotzdem, mit dem CO2-Senkenpotential von Böden, Biogas und der Produktion der
erneuerbaren Energien
sei die Landwirtschaft auch Teil der Lösung. Die meisten der genannten Maßnahmen wären bereits als Teil der Lösung im revidierten CO2-Gesetz verankert gewesen. Nun beginnt der Tanz von vorne.
Die
Landwirtschaft
könne hier aber eine
signifikante Rolle
spielen, ist Anne Challandes überzeugt. Dafür brauche es lediglich die Anerkennung und Förderung all der Leistungen, welche die Landwirtschaft im Kampf gegen den Klimawandel erbringen könne und bereits erbringe. Die
Schweizer Landwirtschaft
müsse nun
proaktiv handeln
und selber mit konkreten
Lösungsvorschlägen
aufwarten. (lid)
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