Die Studien im Detail
Wir haben insgesamt drei ordentlich gemachte Studien [1-3] identifiziert; deren Autoren berichteten über die Auswirkungen des Proteinkonsums auf die Sterblichkeit. Untersucht wurden vier Kohorten aus den USA und dem Iran. Auch wenn Kohortenstudien in der Evidenz-Hierarchie unterhalb von randomisiert kontrollierten Studien angesiedelt werden, sind erstere für Ernährungsfragen höchst sinnvoll.
Die insgesamt 202.762 erwachsenen Teilnehmer waren am Anfang der Studien gesund, d.h. sie hatten keine Krebs-, Diabetes- oder Herzkreislauf-Erkrankungen. Sie wurden zumindest zu Studienbeginn über ihre Ernährungsgewohnheiten durch einen Interviewer befragt oder füllten eigenständig einen Fragebogen aus. So konnten die Forscher schätzen, welche Lebensmittel verspeist wurden – und in welchen Mengen. Wenn Teilnehmer starben, wurde ihre Todesursache registriert und mit den Ernährungsgewohnheiten abgeglichen. Ziel war es, einen möglichen Zusammenhang zwischen speziellen Proteinquellen und Sterblichkeit herauszufiltern.
Die größte und längste Studie [1] wurde mit über 131.300 Teilnehmern zwischen 1980 und 2002 in den USA durchgeführt. Alle vier Jahre wurden den Teilnehmern, von denen während der Studie 36.100 starben, Fragebögen zugesendet. Diese wurden mit erstaunlich hoher Quote (95%!) ausgefüllt und retourniert. Zu den abgefragten Proteinquellen zählten verarbeitetes und unverarbeitetes rotes Fleisch, Geflügel, Milchprodukte, Fisch, Eier sowie Brot, Getreide, Pasta, Nudeln, Bohnen und Hülsenfrüchte. Teilnehmer, die laut eigenen Angaben sehr viel tierisches Eiweiß aßen, verstarben im Durchschnitt etwas häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Personen, die sich großteils aus pflanzlichen Eiweißquellen ernähren. Dies galt allerdings nur für Probanden, bei denen zumindest ein ungesunder Lifestyle-Faktor verzeichnet wurde: Rauchen, Übergewicht, übermäßiger Alkohol-Konsum, mangelnde körperliche Betätigung. Weil die Teilnehmer allesamt in der Krankenpflege arbeiteten, ist es möglich, dass die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf die Allgemeinbevölkerung übertragbar sind. Die Teilnehmer, die übrigens aus den Kohorten der Nurses’ Health Study und der Health Professionals Follow-up Study waren, hatten beispielsweise einen überdurchschnittlich hohen Eiweißkonsum. Nichtsdestotrotz liefert diese Studie wertvolle Anhaltspunkte.
Die aktuellste Studie [2] stammt aus dem Iran. Über 42.400 Frauen und Männer ohne chronische Erkrankungen (z. B. Krebs, Diabetes, koronare Herzerkrankung) nahmen daran teil. Sie kamen aus diversen sozialen Schichten, hatten unterschiedliche Lebensstile und waren somit (anders als in der oben erwähnten Studie) würdige Vertreter der Gesamtbevölkerung. Etwa 3.300 von ihnen starben im Laufe der Studiendauer von 2004 bis 2015. Nur zu Beginn der Studie wurden die Ernährungsgewohnheiten erhoben und der Proteinkonsum eingeschätzt in punkto rotes Fleisch, Huhn, Fisch, Eier, Hülsenfrüchte. Bei denjenigen, die mehr Eier, Fisch und Hülsenfrüchte zu sich nahmen, war eine geringere Sterbewahrscheinlichkeit zu verzeichnen. Rotes Fleisch und Geflügel schien weder eine positive noch eine negative Auswirkung zu haben. Auch die Ergebnisse dieser Studie konnten wir als wichtige Hinweise werten.
Noch eine weitere Studie [3] aus den USA haben wir unter die Lupe genommen – auch wenn sie methodisch den beiden aktuelleren Untersuchungen etwas unterlegen war. Sie analysierte Ernährung und Sterblichkeit von Frauen aus der Allgemeinbevölkerung im Rahmen der Iowa Women’s Health Study von 1986 bis 2000. In diesem Zeitraum starben fast 4000 von 29.000 Frauen. Eine tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankung, so schlossen die Autoren, sei wahrscheinlicher bei Konsumentinnen von rotem Fleisch und Milchprodukten.