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Zum ersten Mal nutzt Sonja Koslowski (l.) das Angebot der Tiertafel. Sylvia Krause (Mitte) und Christine Boll unterstützen sie mit Katzenfeuchtfutter in Dosen.
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Dennis Bartz
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Zum zweiten Mal hält der Verein Besitzerhunde mit seinem Futtertransporter „Gerda“ in Rotenburg. Die Tiertafel kommt gut an: 16 Nutzer des Angebotes holen sich kostenlos Futter für Hunde und Katzen. Der Verein sammelt Spenden – in dieser Woche auch für Fluttiere in Not.
Rotenburg – Einen weiteren Sechserpack Katzenfeuchtfutter stellen Christine Boll und Sylvia Krause vom Verein Besitzerhunde auf den Tisch der mobilen Ausgabestelle der neuen Tiertafel in Rotenburg. Nutzerin Sonja Koslowski aus Sottrum bedankt sich und hievt alles auf ihren Roller. Die 59-Jährige steckt einen Fünf-Euro-Schein in die Spendendose, bevor sie sich verabschiedet.
„Für mich ist das zwar im Moment viel Geld, aber mir ist es wichtig, dieses tolle Angebot zu unterstützen. Die Futterspende ist eine große Erleichterung für mich.“
Zum zweiten Mal hält der Verein mit seinem Transporter „Gerda“ zur Mittagszeit auf dem Gelände der Rotenburger Tafel. Er ist bepackt mit Hunde- und Katzenfutter, Leckerlis und anderem Tierbedarf. Das kostenlose Angebot hat sich herumgesprochen: „Heute waren 16 Tierhalter da – vier von ihnen zum ersten Mal. Wir hoffen, dass bald noch mehr Menschen ihren Mut zusammennehmen. Besonders Ältere tun sich damit leider oft schwer. Es gibt keinen Grund für Schamgefühl“, erklärt Boll.
Das bestätigt Sonja Koslowski. Sie weiß aus eigener Erfahrung: „Jeder kann eines Tages in eine finanzielle Notlage geraten. Vor 20 Jahren hatte ich eine Eigentumswohnung und einen krisensicheren Job – aber dann hat mich ein Burnout völlig aus der Bahn geworfen. Ich arbeite inzwischen wieder, verdiene aber nicht sehr viel.“ Ihre Tiere deswegen abzugeben, kommt für sie nicht infrage: „Sie tun mir gut und freuen sich immer, wenn ich nach Hause komme. Tiere sind von Grund auf ehrlich – für Menschen gilt das leider nicht immer.“
Koslowski hat eine Katze bei sich aufgenommen, die angefahren worden war. „Die OP-Kosten zahle ich immer noch ab. Das Tier war zu diesem Zeitpunkt schwanger und hat drei Kitten bei mir bekommen. Zwei davon habe ich abgegeben, eins behalten.“ Der Kater hat eine Futtermittelallergie entwickelt. Damit es ihm trotzdem gut geht, kocht Silvia Koslowski für ihn ein Diätmenü aus Fleisch, Reis und Möhren. „Für mich bleibt so am Ende des Monats kaum etwas übrig. Ich bleibe da ein wenig auf der Strecke. Aber das ist mir egal, denn den Tieren soll es gut gehen. Dafür tue ich alles“, sagt Koslowski, die im Garten außerdem Meerschweinchen und Zwergkaninchen hat. „Aber die sind sehr gut versorgt. Bauern geben mir Stroh und Heu.“
Koslowski nutzt an diesem Tag zum ersten Mal das Angebot der Tiertafel und ist begeistert: „Ich hatte davon aus der Zeitung erfahren. Die Mitarbeiter hier sind total offenherzig. Alles ist gut organisiert. Es gibt keinen Grund, Scheu davor zu haben, hierher zu kommen. Es ist nicht so wie beim Amt, wo ich oft das Gefühl habe, eine Bittstellerin zu sein.“
Viele Spender unterstützen das Angebot der Tiertafel. Manuela und Sylvia Graser sind extra aus Bartelsdorf angereist. Im Kofferraum: mehrere Kartons Katzenfutter. Manuela Graser betont: „Auch Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, zum Beispiel weil sie aufgrund von Corona oder Krankheit ihren Job verloren haben, sollten nicht dazu gezwungen sein, ihre Tiere abzugeben – es sind Familienmitglieder. Es darf nicht sein, dass sich die Tierheime füllen, nur weil das Geld bei den Haltern knapp geworden ist.“
Christine Boll ist mit dem Start der Tiertafel zufrieden: „Die Dankbarkeit der Menschen ist groß. Alle strahlen, wenn wir mit ,Gerda‘ auf den Hof fahren.“ Ihr Verein lege großen Wert darauf, dass es die Tiertafel-Nutzer leicht haben.
Berechtigt ist demnach jeder, der auf staatliche Unterstützung angewiesen ist und dies mit einem Leistungsbescheid nachweisen kann. „Nutzer müssen außerdem belegen, dass sie Besitzer eines Tieres sind – zum Beispiel mit einem Impfausweis oder Steuernachweis, denn wir haben leider die Erfahrung gemacht, dass das Angebot von Betrügern ausgenutzt wird, die sich Futterspenden erschleichen und diese bei eBay oder im privaten Umfeld verkaufen“, erklärt die Besitzerhunde-Vorsitzende.
Wer sich anmeldet und die Voraussetzungen erfüllt, erhält am Ausgabetag so viel Futter, dass der Bedarf des Tieres für mindestens 14 Tage gedeckt ist. „Wir wollen nicht die komplette Versorgung übernehmen und unterstützen nur, wenn das Tier bereits seit Längerem im Haushalt lebt“, so Boll.
Neben der Auswahl an Futter für Hunde und Katzen bietet die Tiertafel auch Nahrung für andere Haustiere sowie Spezialfutter für Allergiker: „Bei Bedarf besorgen wir auch Zubehör wie Kratzbäume, Schlafplätze und Transportboxen.“
Noch bis zum Wochenende sammelt der Verein Besitzerhunde Futter für Tiere, die aufgrund des Hochwassers in Not sind. „Die Flut ist weg, das Leid der Tiere wird sichtbar“, betont Boll, die verspricht: „Wir arbeiten mit einer Verteilstelle zusammen und sorgen dafür, dass die Spenden dort ankommen, wo sie gebraucht werden: bei Privatleuten, Tierheimen und Gnadenhöfen.“
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Die Spenden kommen an: Christine Boll (v. l.) freut sich über die Spende von Manuela und Sylvia Graser.
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Wer helfen möchte, hat dafür verschiedene Möglichkeiten: „Wir brauchen weiter Dosenfutter, Spezialfutter für Allergiker sowie Kartons, Bananenkisten und Europaletten für den Transport. Toll wären auch saubere Wolldecken und Handtücher.“ Der einfachste und schnellste Weg sind zudem finanzielle Spenden, per PayPal an besitzerhunde@web.de, Betreff: Futtermittel für Fluttiere.
Der nächste Termin für die Tiertafel auf dem Gelände der Rotenburger Tafel ist am Mittwoch, 25. August, 12 bis 13.30 Uhr. Weitere Informationen und die Möglichkeit, sich anzumelden, gibt es auf der Internetseite des Vereins unter www.besitzerhunde.de, per E-Mail an besitzerhunde@web.de und telefonisch unter 04188/888924.