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Mailand – SARS-CoV-2 kann offenbar nicht nur von bestimmten Tieren auf den Menschen, sondern auch umgekehrt übertragen werden. Vor allem Hunde und Katzen haben ein gewisses Risiko, sich bei ihren Besitzern anzustecken.
Ein wissenschaftliches Team aus Liverpool, Hong Kong sowie von den Medizinischen Fakultäten der italienischen Universitäten Mailand und Bari bestätigte diese Annahme jetzt mithilfe einer großen Stichprobe von Haustieren. Die noch nicht von anderen Wissenschaftlern geprüften Ergebnisse veröffentlichten die Forscher jetzt auf dem Preprintserver biorxiv (DOI: 10.1101/2020.07.21.214346).
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Hunde könnten demnach anfälliger sein als angenommen. Experimentelle Studien hatten bislang eher auf Katzen als empfindlichste Haustiergruppe hingedeutet. Das Team griff auf die Daten von 540 Hunden und 277 Katzen zurück, die zwischen März und Mai 2020 in verschiedenen italienischen Regionen, größtenteils in der Lombardei als Haustiere gehalten wurden, zurück.
Die Proben aus Rachen, Nase und Rektum seien bei Routineuntersuchungen von Veterinären entnommen worden und stammten vor allem aus Regionen, die besonders stark von COVID-19 betroffen gewesen seien, sowie aus solchen, die diese Daten schnell zur Verfügung stellen konnten, heißt es in der Arbeit.
Bei keinem der Tiere sei der PCR-Test positiv ausgefallen. Jedoch seien bei 3,4 Prozent der Hunde und bei 3,9 Prozent der Katzen Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisbar gewesen. Hunde, die in von COVID-19 betroffenen Haushalten lebten, seien dabei signifikant häufiger positiv auf Antikörper getestet worden als solche, deren Besitzer nicht erkrankt waren.
Die Ergebnisse zeigten, dass eine Infektion von Haustieren durch ihre Besitzer nicht unüblich sei, so die Autoren. Im späteren Verlauf der Pandemie könne es sinnvoll sein, das Potenzial von Haustieren als mögliche Infektionsquelle zu prüfen, um künftig alle Übertragungswege auszuschließen. Nach jetzigem Stand sei es jedoch unwahrscheinlich, dass infizierte Haustiere eine wesentliche Rolle bei der Infektion von Menschen spielten.
Damit bestätige die Studie bisherige Einschätzungen, sagte Thomas Mettenleiter, Präsident des für Tiergesundheit zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts. „Wir gehen davon aus, dass im Regelfall die Übertragung des Virus vom Menschen auf das Tier erfolgt.“
Lediglich in einer Nerzfarm in den Niederlanden sei es vielleicht umgekehrt gewesen. Hier habe aber womöglich die besonders hohe Tierdichte eine Rolle gespielt, mutmaßen die Autoren der Haustierstudie. Zudem habe der ursprüngliche Eintrag wohl über einen Menschen stattgefunden, ergänzt Mettenleiter.
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Ausschlaggebend sei aber die Übertragung von Mensch zu Mensch. Der Kontakt gesunder Menschen zu Haustieren müsse aus derzeitiger Sicht des FLI nicht eingeschränkt werden.
Lediglich infizierte Menschen sollten den Kontakt zu Haustieren meiden. Auch wenn sich Haustiere infizierten, bedeute das nicht automatisch, dass sich das Virus in den Tieren vermehren könne und von ihnen auch wieder ausgeschieden werde.
Dafür, dass Tiere an einer Coronainfektion sterben, gibt es Mettenleiter zufolge bisher keinen Nachweis. In der italienischen Studie waren nur lebendige Tiere untersucht worden.
Laut FLI gibt bisher keine Hinweise darauf, dass sich Schweine, Hühner und andere landwirtschaftliche Nutztiere mit SARS-CoV-2 infizieren können. Am Institut erfolgen derzeit Versuche mit mehreren Tierarten.
Ersten Ergebnissen zufolge sind Frettchen und Flughunde für das Virus empfänglich, Hühner und Schweine jedoch nicht. Studien mit Rindern wurden erst begonnen.
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alir/dpa/aerzteblatt.de