Er wollte Fatim heiraten,
erzählt er am Spielfeldrand. Seine Stimme ist leise. Als er ihr einen Antrag machte, sagte sie, es sei zu früh. Sie wollte erst ihre Fußballkarriere vorantreiben. Er sagt: "Vorn, das war Europa für sie. Am liebsten wollte sie nach Deutschland", er lächelt, "sie war zu 100 Prozent für Bayern München."
Die ersten Jahre bei den Red Scorpions sitzt Fatim viel auf der Bank, aber sie trainiert so hart, dass sie bald zu den Besten gehört. Im Februar 2012 bekommt sie eine offizielle Spielerlizenz von der Gambian Football Federation, auf blauem Papier, mit einem runden Stempel auf ihrem Spielerfoto. Darauf sieht Fatim glücklich aus und etwas überrascht. Man hat sie in die Nationalmannschaft berufen.
Wer verstehen will, was Fatim trotz ihres Erfolgs bewog, ihre Mannschaft, ihr Leben in ihrer Heimat hinter sich zu lassen, muss verstehen, was es bedeutet, in einem Staat wie Gambia zu leben.
Das Land gehört zu den ärmsten der Welt, etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Bis zum Machtwechsel im Januar wurden die Menschen 22 Jahre lang von einem irren Autokraten regiert. Die Staatskassen sind leer, viele Menschen sind geflüchtet.
Selbst wenn einige Spieler gut sind: Gambische Mannschaften qualifizieren sich so gut wie nie für ein internationales Turnier. Für den Frauenfußball gibt es einen winzigen Etat, Gehälter sind nicht vorgesehen.
In der Zentrale des gambischen Fußballverbands sitzt hinter einem Schreibtisch eine engagierte Frauenfußball-Beauftragte, die selbst in der Nationalmannschaft spielt und laufend Bewerbungen für Fifa-Programme schreibt, um die Ausbildung von Trainerinnen und Schiedsrichterinnen voranzutreiben. Aber alles, was sie den Spielerinnen anbieten kann, sind T-Shirts, kistenweise, auf denen steht: "FIFA. Live your goals".
Fatim weiß das. Aber sie versucht erst gar nicht, einen anderen Beruf zu finden: Sie belegt ein paar Computerkurse, doch in Wirklichkeit will sie nichts anderes als Fußball spielen, am besten im Ausland. Sie ist ein Teenager. Teenager haben Träume.
Und es gibt sie ja, die märchenhaften Geschichten von Gambiern, die es im Ausland geschafft haben. Da ist Bakery Jatta, der als Flüchtling kam und vergangenes Jahr einen Vertrag beim Hamburger SV unterschrieb. Oder Ousman Manneh, der bei Werder Bremen landete. Fußballer aus Gambia spielen in Italien, in England, Spanien, auf der ganzen Welt. Die Liste ist lang, zumindest bei den Männern.
"Es wird immer Zweifler geben", schreibt Fatim auf Facebook, "aber wir glauben daran, dass etwas Wundervolles geschehen wird."
Ihr erstes Heimspiel gegen ein Team aus Europa hat Fatim im November 2015. Eine schottische Frauenmannschaft, die Glasgow Girls, sind zu einem Freundschaftsspiel gekommen. Am Abend vor dem Spiel schreibt Fatim: "Wir können es schaffen, mit Allahs Hilfe. Glasgow Girls, wir sind bereit für euch." Dazu postet sie ein Teamfoto mit der Aufschrift: "Dreams make us who we will become."
Und tatsächlich: Die Red Scorpions gewinnen 2:0. Fatim hält jeden Ball. Die Trainerin der Schottinnen nimmt Fatim nach dem Spiel beiseite und sagt, dass sie von ihrem Spiel beeindruckt sei, das erzählt Fatim später ihrem Bruder. Möglicherweise ist dies der Moment, in dem sich der Gedanke zur Flucht in ihrem Kopf festbeißt wie ein Parasit. Fatim erzählt jetzt öfter von Europa.
"Sei glücklich über dein Leben, denn es gibt dir die Möglichkeit zu lieben, zu arbeiten, zu spielen und in die Sterne zu schauen. Akzeptiere, was du nicht ändern kannst, ändere, was du nicht akzeptieren kannst", schreibt sie.
Es ist Trainingspause in Kanifing, die Spielerinnen der Red Scorpions lassen sich auf einem hohen Schotterhaufen und auf umgestürzten Baumstämmen im Schatten einer Mauer nieder. Das ist ihre Bank. Sie kichern miteinander, wie Teenager es tun, teilen Wasserflaschen mit Eiswürfeln darin, checken ihre Nachrichten, wischen sich mit dem Unterarm übers Gesicht.
Pullo Bah sitzt nun allein, wo sie bis vor Kurzem noch mit ihrer besten Freundin Fatim saß. Sie ist Stürmerin, 24 Jahre alt, sie trägt eine rosa Strickmütze, trotz der Hitze, Schweißperlen sprenkeln ihr Gesicht. Sie sagt: "Wir waren uns so nah. Ich warte immer noch auf ihren Anruf."