28.09.2020, 19:48 Uhr
Golf ist ein wunderbarer Sport – aber wohin derweil mit dem Hund? Und wer hat schon Lust, nach einer Achtzehn-Loch-Runde noch lange Spaziergänge mit dem Hund zu unternehmen? Die Lösung: Einige Golfplätze erlauben das Spielen in Anwesenheit der Vierbeiner.
Von Nele-Marie Brüdgam
Das Gras ist saftig-grün, den sommerlichen Himmel zieren ein paar Wolken, es weht kaum ein Lüftchen. Für den Nachmittag ist Hitze angesagt, aber jetzt, am Morgen, sind die Bedingungen zum Golfspielen noch perfekt. Trotzdem kann Emmy sich nicht so richtig freuen, sie plagt mal wieder eine Allergie, und sowieso fühlt sich die vierzehnjährige West-Highland-White-Terrier-Dame gerade ein wenig schwach. "Achtzehn Loch schaffen wir nicht", sagt Halterin Jutta Winkler, als wir uns am Clubhaus treffen, "aber wir gehen gern eine Neun-Loch-Runde mit euch." Auf einem Golfplatz wie diesem, im östlich von Hamburg gelegenen Brunstorf, dauert eine Achtzehn-Loch-Runde gute vier Stunden, dabei legt man etwa zehn Kilometer zurück – zu viel für Emmy, auch wenn Frauchen ihren Golfschlägertrolley zu einem sensationellen Hundetransporter erweitert hat. Der besteht aus einem großen Fahrradkorb und einem Transportroller aus dem Baumarkt, das Ganze befestigt mit Klempnerschellen und geschützt von einem Sonnenschirm für Kinderwagen. Ein fahrbarer Hundestrandkorb sozusagen.
Leinenpflicht auf dem Golfplatz
Und da kommt auch schon Willy um die Ecke geflitzt, ein winziger Mischling aus Yorkshire Terrier und Malteser. Frauchen Ute Hirsch hat heute für Willy nur eine Tasche mitgebracht, denn ursprünglich hatten wir überlegt, unsere Runde mit einem Golfcart zu fahren. "Willy findet es toll, im Cart zwischen Harald" – dem Herrchen – "und mir zu sitzen, da ist er richtig glücklich!", sagt Ute. Aber erstens ist Herrchen heute nicht dabei, und zweitens ist das Wetter so wunderbar, dass wir lieber zu Fuß unterwegs sein wollen, das Licht und die Luft genießen, uns bewegen und tief durchatmen. Für mich ist es das erste Mal Golf seit einem Jahr – oder vielleicht sogar eineinhalb, zwei? Jedenfalls merke ich schon auf Bahn eins, wie schade es ist, dass ich diesen Sport so lange vernachlässigt habe. Die Kombination aus Spazierengehen, Fokussieren, Rechnen, Planen, millimetergenauer Körperkontrolle, Konzentration, Schwung, Entspannung, Landschaftsgenuss, Zusammensein mit netten Menschen und noch so viel mehr: Golf ist ein genialer Sport.
Seit vielen Jahren schon begleiten Emmy und Willy ihre Halterinnen über Plätze in Norddeutschland, möglichst mehrmals pro Woche: Ute (Handicap 13,5) und Jutta (Handicap 17,3) sind begeisterte, erfahrene, eifrige und sehr gute Golferinnen. In ihrem Heimatclub, der Golfrange Hamburg-Oststeinbek, gehören sie der Damenmannschaft an und spielen in der Deutschen Golf Liga. "Aber nur in der dritten, also der untersten Liga", erklärt Ute. Wenn ich allerdings ihre präzisen, schwungvollen und völlig unangestrengt wirkenden Schläge sehe, ist diese Bescheidenheit offensichtlich völlig unnötig. Der Westi döst derweil vor sich hin, der Yorkshire-Malteser sitzt im Schatten neben dem Trolley seines Frauchens und beobachtet aufmerksam das Geschehen. Weil es Vorschrift ist, bleibt Willy am Trolley angeleint, aber auch ohne seine Leine würde er bestimmt brav sitzen bleiben. Weder fliegende Bälle noch hoppelnde Kaninchen bringen ihn aus seinem fröhlichen Gleichgewicht. "Wir beschäftigen uns halt viel mit ihm", sagt Ute, "und er ist einiges gewohnt. Ich bin schon mit ihm im Rucksack Ski gefahren." "Emmy liegt auch stundenlang im Schatten am Tennisplatz, wenn ich spiele", erzählt Jutta, die nämlich zwei Sportarten intensiv betreibt. Ja, und für die beiden Hunde ist so eine Golfrunde wirklich nichts Besonderes.
Im deutschen Golfsport hingegen ist Hundebegleitung nicht normal. Zwar gibt es immer mehr Plätze, auf denen Golfer angeleinte Hunde mitnehmen dürfen, dennoch ist das bis heute eher Ausnahme als Regel. Insofern ist der Golf & Country Club Brunstorf sehr fortschrittlich, schon seit seiner Eröffnung im Jahr 1995 sind Hunde dort zugelassen. "Damals war das ein Alleinstellungsmerkmal", weiß Thomas Marxsen, Manager des Betriebs seit 2014. Auch hat er eine einfache Erklärung für die damals ungewöhnliche Liberalität: "Die Mutter des Betreibers hatte Hunde und wollte sie auf den Platz mitnehmen." Golfer mit und ohne Hund kommen in Brunstorf gut miteinander aus. "Es gibt kaum Beschwerden, nur ganz selten klingelt bei mir das Telefon, wenn ein Hund frei herumläuft." Auch weil das eine Gefahr für den Hund bedeutet: Ein mit Wucht geschlagener Ball kann tödlich sein. Hin und wieder meinten Sportler auch schon, Hundekot auf dem Grün entdeckt zu haben. "In solchen Fällen setze ich mich gleich ins Cart und fahre hin", erzählt Thomas Marxsen. "Bisher hat sich die Vermutung noch nie bewahrheitet. Jedes Mal waren es Losungen von Wildtieren wie Fuchs oder Dachs."
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Hunde als perfekte Golfbegleiter
Auf dem Brunstorfer Platz sind regelmäßig Hunde unterwegs, große wie kleine, ein Golden Retriever etwa, ein Labrador oder der Bolonka des Managers. Es gibt ältere Hunde, die von ihren Haltern im Kinderwagen über den Platz geschoben werden. Und es gibt junge, die erst noch an den Golfsport herangeführt werden müssen. Das Wichtigste ist, dass sie still angeleint sitzen bleiben, auch wenn Herrchen oder Frauchen sich einen Moment lang voll auf das Spiel konzentriert und den Hund nicht beachtet. "Ich rate davon ab, unerfahrene Hunde am Trolley anzuleinen. Wenn sie aufschrecken, fällt womöglich der Trolley um, und sie bekommen Angst vor ihm", weiß Marxsen. Sein Tipp: einen Zelthering mitnehmen, in den Boden schieben und die Leine einfach darüberwerfen. So lernt das Tier vor allem am Grün – also am Ende jeder Golfbahn, wo sich Loch und Fahne befinden –, dass Ruhe geboten ist.
Ein Neuzugang unter den hundefreundlichen Golfplätzen ist der Peiner Hof, ebenfalls in Schleswig-Holstein. Und das liegt an Susanne Rahlfs, Besitzerin und Geschäftsführerin seit drei Jahren, die selbst Golf spielt und Hunde hält. Mit ihren zwei Ridgebacks geht sie fast jeden Abend auf den Platz und spielt sechs bis neun Löcher, ist also eineinhalb bis zwei Stunden unterwegs. "Ich finde es super, die Hunde mitzunehmen! Stellen Sie sich vor, Sie spielen stundenlang Golf und müssen hinterher noch mit den Hunden raus. So viel Zeit hat doch kaum jemand, da leidet entweder der Sport oder der Hund. Und wo lassen Sie den Hund, während Sie auf dem Platz sind? Allein zu Hause? Im Auto? Angeleint vorm Clubhaus? Das wäre wirklich nicht das Wahre!"
Natürlich gibt es auch Hunde, die auf dem Golfplatz weniger unkompliziert sind als Emmy und Willy. Und es gibt Menschen, die nicht so genau wissen, wie sie ihren Hund zum perfekten Golfbegleiter erziehen, die sich austauschen und Tipps bekommen möchten. Deshalb bietet der Peiner Hof Platzreifeprüfungen für Hunde an, die zugleich Platzreifekurse sind – und zwar in Zusammenarbeit mit der renommierten Hundetrainerin Gaby Abels, die ebenfalls Golf spielt und auf dem Peiner Hof wohnt. In Kleingruppen geht Gaby Abels bei diesen Prüfungen drei Löcher mit Hunden und Menschen spielen. Sind die Hunde in der Lage, vier Stunden und länger konzentriert an der Seite ihres Besitzers zu bleiben? Sind sie vollkommen leinenführig? Bleiben sie ruhig an ihrem Platz, selbst wenn plötzlich große Vögel, Rehe oder Füchse auftauchen? "Die frühen Morgen- und die Abendstunden sind im Sommer die schönsten auf dem Golfplatz für Mensch und Hund", weiß Abels. "Aber zugleich ist es die Zeit, in der am meisten Wild unterwegs ist."
Natürlich muss man vor der Runde kurz Gassi gehen und auf der Runde Tüten dabeihaben. Trinkwasser und -schälchen selbstverständlich auch. Man muss wissen, wie ängstlich Golfpartner ohne Hundeerfahrung sein können. Oder dass manche Hunde das Geräusch nicht mögen, das der Driver, der größte Golfschläger, macht, wenn er den Ball trifft. Dies und vieles mehr bespricht Gaby Abels mit ihren Teilnehmern, und es kam auch schon vor, dass einer die Platzreife nicht bestand. "Alle Hunde können das Nötige lernen, manche brauchen mehr Training als andere. Im Übrigen ist Golf nicht für alle Hunde ein Vergnügen", findet Gaby Abels. Denn mal ehrlich: Im Grunde genommen besteht so eine Golfrunde für den Hund vor allem aus Warten. Er ist zwar happy, dass er bei seinem Rudel sein darf. Doch zugleich langweilt er sich. Schoß- und Gesellschaftshunde findet die Hundetrainerin gut für den Golfplatz geeignet, sie haben wenig Jagdtrieb, insbesondere Terrier könne man dank ihrer Nervenstärke gut mitnehmen. Manch fauler Golden Retriever ist schnell genervt vom langsamen, kilometerweiten Laufen. Windhunde haben einen zu starken Jagdtrieb und wollen sich schnell bewegen. Molossige Hunde wie Bulldoggen ertragen wiederum die Hitze nicht gut, kurzhaarige wie etwa der Magyar Vizsla frieren schnell.
Skandinavischer Volkssport
"Die Schweden machen es uns vor, bei ihnen ist es völlig normal, Golf mit Hund zu spielen", erzählt Clubbetreiberin Susanne Rahlfs. Sowieso hat Golf in Schweden und ganz Skandinavien einen anderen Stellenwert als bei uns, dort ist es ein Volkssport. Kein Wunder, denn das Handicapsystem ermöglicht nicht nur, dass jeder Golfer im Rahmen seiner Möglichkeiten spielt, sondern auch, dass alle miteinander spielen können, Anfänger und Profis, Männer und Frauen, Kinder und Erwachsene, sehr sportliche Menschen und weniger fitte, ehrgeizige Sportler und entspannte.
In Deutschland gab es vor einigen Jahren zwar einen Golfboom, die Spielerzahlen stiegen an, mittlerweile ist die Kurve aber abgeflacht. Vielleicht sind sie immer noch da, die Vorurteile, dass Golf elitär wäre und nur interessant für ältere Herrschaften. Dabei bieten viele Clubs heute für rund 100 Euro im Monat unbegrenztes Golfspielen an, darunter der Peiner Hof, manche sind sogar noch deutlich günstiger. Zwar gibt es sie weiterhin, die Traditionsclubs mit gediegener Atmosphäre und steifer Etikette. Andererseits wird es immer normaler, in Jeans zu spielen – und den Hund mitzunehmen.
Auf dem Golfplatz in Brunstorf haben wir nach exakt zwei Stunden das neunte Loch erreicht. Jutta und Emmy verabschieden sich von uns, Ute, Willy und ich beginnen nach einer kurzen Pause mit der zweiten Hälfte unserer Runde. Je höher die Sonne steigt, desto anspruchsvoller wird die Unternehmung, sowohl für uns als auch für Willy, bald haben wir 28 Grad. Immer öfter nimmt Ute ihren Hund auf den Arm, trägt ihn ein Stück, gibt ihm zu trinken, bringt ihn zu einem der vielen Teiche, damit er sich abkühlen kann. Zum Glück gibt es aber auch viel Schatten auf dieser Anlage, Willy bleibt dort ganz still sitzen, wenn wir Spielerinnen uns weit von ihm entfernen – und die Ruhe, die Weite, die schöne Landschaft, die Bewegung genießen. Andere Golfer, die den Kleinen entdecken, sind sofort begeistert, nach über vier Stunden hat Willy so einige neue Menschenfreunde gefunden. Dennoch wird er sich freuen, dass Ute morgen nur eine kleine Golfrunde gehen will. Danach wird sie ganz viel mit ihm spielen, spazieren gehen, ihn suchen und schnüffeln und herumtollen lassen. Freuden, auf die Hunde beim Rudelsport Golf nun mal verzichten müssen.
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