Kaum unterschrieben und schon enttäuscht – das wünscht man niemandem, kommt aber in der Praxis immer wieder vor. Wenn sich zum Beispiel die Lieferung des neuen Autos wiederholt verspätet, oder immer wieder Mängel auftreten, die der Verkäufer nicht in den Griff bekommt. In vielen Fällen ist dann ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen dazu.
Ich habe erst vor ein paar Tagen unterschrieben. Komme ich noch aus dem Vertrag raus?
Unter Umständen kann es beim Kauf vom Händler möglich sein, von der eigenen Bestellung wieder Abstand zu nehmen. Dazu drei denkbare Szenarien:
1. Das Dokument, das bei fast allen Händlern beim Neu- oder Gebrauchtwagenkauf Anwendung findet, heißt "verbindliche Bestellung". Unterschreiben Sie dieses Formular, ist noch kein Kaufvertrag zustande gekommen.
Im rechtlichen Sinne haben Sie dem Händler ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages gemacht. An Ihre Bestellung sind Sie nun eine gewisse Zeit gebunden. Wie lange, ist je nach Fahrzeug-Typ unterschiedlich:
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Lagerwagen (stehen schon beim Händler)
Pkw: zehn TageNutzfahrzeuge: vierzehn Tage
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Bestellfahrzeuge (werden auf Bestellung vom Hersteller ausgeliefert)
Pkw: drei WochenNutzfahrzeuge: sechs Wochen
Der Händler muss Ihr Angebot nun innerhalb der Frist annehmen. In der Praxis passiert das durch die von der Geschäfts- oder Verkaufsleitung unterschriebene Auftragsbestätigung, die Ihnen zugeschickt wird. Alternativ kann der Händler das Fahrzeug innerhalb der Frist liefern. Sollte der Händler es versäumen, Ihnen diese Auftragsbestätigung pünktlich zukommen zu lassen, sind Sie an Ihre Bestellung nicht mehr gebunden.
Für Lagerfahrzeuge beim Händler und Bestellfahrzeuge, die vom Hersteller angeliefert werden müssen, gelten unterschiedliche Lieferfristen.
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2. Wird beim Händler zusammen mit dem Kaufvertrag ein Finanzierungsvertrag abgeschlossen, handelt es sich um "verbundene Verträge" oder ein sogenanntes Koppelgeschäft. Bei Finanzierungsverträgen gesteht der Gesetzgeber dem Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu.
Merke: Widerruf bedeutet immer, dass kein Grund angegeben werden muss. Widerrufen Sie nun den Finanzierungsvertrag, widerrufen Sie gleichzeitig auch den Kaufvertrag. Seit 2016 gilt das Widerrufsrecht auch bei Null-Prozent-Finanzierungen. Wichtig: Haben Sie das Fahrzeug nicht über den Händler, sondern über eine andere Bank finanziert, liegt kein Koppelgeschäft vor. Den Finanzierungsvertrag können Sie zwar binnen zu 14 Tagen widerrufen – der Kaufvertrag bleibt davon aber unberührt. Mehr zum Rücktritt von einer Finanzierung finden Sie hier.
3. Haben Sie einen
Fernabsatzvertrag
geschlossen, waren also zur Vertragsverhandlung und zum Vertragsabschluss nicht im Autohaus vor Ort, können Sie den Kaufvertrag, unabhängig von einer abgeschlossenen Finanzierung, binnen 14 Tagen nach Vertragsabschluss widerrufen.
Bei einer Finanzierung gilt 14-tägiges Widerrufsrecht. Ist die Finanzierung mit dem Kaufvertrag verbunden, kann man somit gleichzeitig vom Vertrag zurücktreten.
Die Lieferung meines Fahrzeugs verzögert sich. Kann ich zurücktreten?
Das kommt darauf an, wie lange sich die Lieferung verzögert und wie der Liefertermin im Kaufvertrag festgehalten wurde. (Die folgenden Fristen und Angaben entsprechen den aktuell gängigen Neuwagen-Verkaufsbedingungen. Im konkreten Einzelfall kann sich die Sach- und Rechtslage anders darstellen.)
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Unverbindlicher Liefertermin
Überzieht der Verkäufer den unverbindlichen Liefertermin (oder die Lieferfrist) eines Neuwagens um mehr als sechs Wochen, können Käufer den Verkäufer auffordern, zu liefern. Bei lagernden Pkw verkürzt sich diese Frist auf zehn, bei lagernden Nutzfahrzeugen auf vierzehn Tage. Mit der Aufforderung des Käufers kommt der Verkäufer in Lieferverzug. Bevor der Käufer vom Vertrag zurücktreten kann, muss er dem Verkäufer eine angemessene Nachfrist zur Lieferung gesetzt haben (gängige Rechtsprechung bei Kraftfahrzeugen: 14 Tage). Das kann gleichzeitig mit dem "in Verzug setzen" geschehen. Ab diesem Zeitpunkt kann der Käufer eventuell auch Schadenersatz verlangen – abhängig davon, ob es sich um ein Verschulden des Verkäufers handelt oder nicht. Ist die Frist abgelaufen und die Lieferung bleib aus, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten.
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Verbindlicher Liefertermin
Beim verbindlichen Liefertermin kommt der Verkäufer nach Überschreiten des Liefertermins oder der Lieferfrist automatisch in Verzug. Hier reicht es für den Käufer aus, die angemessene Nachfrist zu setzen. Wird diese Frist überschritten, kann er den Rücktritt vom Vertrag erklären. Auch hier kann bereits ab dem Datum, an dem der Verzug beginnt, eventuell Schadenersatz geltend gemacht werden.
Sind Verzögerungen bei der Auslieferung auf höhere Gewalt (z.B. Naturkatastrophen) zurückzuführen, verlängern sich die oben genannten Fristen je nach Dauer des jeweiligen Ereignisses. Allerdings nicht unbegrenzt – länger als vier Monate müssen Sie nicht warten.
Die Aufforderung zur Lieferung, das Setzen einer Nachfrist und der Rücktritt sollten schriftlich erfolgen, mindestens aber per Mail (sogenannte Textform). Martin Tibbe, Fachanwalt für Verkehrsrecht, rät dazu: "Fangen Sie bitte gar nicht erst an, zu telefonieren, sonst werden Sie nur beruhigt und besänftigt und vergessen am Ende, Ihre Rechte richtig wahrzunehmen."
Werden Liefertermine nicht eingehalten, sollte der Käufer eine Nachfrist setzen. Verstreicht auch diese, kann er vom Kaufvertrag zurücktreten.
Mein neues Auto funktioniert nicht richtig. Kann ich es zurückgeben?
Bei Kauf eines Neuwagens muss der Händler dem Käufer
zwei Jahre Sachmängelhaftung
gewähren. Innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe gilt: Tritt ein Mangel auf, ist anzunehmen, dass dieser bei Übergabe bereits vorhanden, oder zumindest "angelegt" (nur noch nicht bemerkbar) war. Innerhalb dieser sechs Monate haben Käufer das Recht auf Nacherfüllung, und der Verkäufer muss die Kosten tragen. In den restlichen 18 Monaten ist der Käufer in der Pflicht – er muss beweisen, dass der Mangel schon bestand, als er das Auto übernommen hat. In der Praxis ist das schwierig.
Tritt nun ein Mangel auf und der Käufer macht sein Recht auf Nacherfüllung geltend, kann er zwischen Nachbesserung oder Neulieferung wählen. Allerdings kann der Verkäufer eine Neulieferung ablehnen, wenn er sie für unverhältnismäßig hält.
Ein defekter Zigarettenanzünder dürfte zum Beispiel keinen Grund für eine Neulieferung darstellen. Beim Autokauf läuft es meist erst einmal auf eine Nachbesserung (Reparatur) hinaus.
Der Verkäufer hat dann laut gängiger Rechtsprechung bei Kraftfahrzeugen zwei Mal das Recht, nachzubessern. Scheitern diese beiden Versuche oder verweigert der Händler die Nacherfüllung, kann der Käufer bei kleineren Mängeln eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Ist es ein nicht unerheblicher Mangel, kann er vom Vertrag zurücktreten. Fachanwalt Tibbe rät hierzu: "Lassen Sie sich nicht einen Garantiefall aufschwatzen, wenn es tatsächlich um einen Fall der Sachmängelhaftung geht!" Denn Sachmängelhaftung ist gesetzlich regelt. Eine Garantie – nicht zu verwechseln mit einer Garantieversicherung – wird in der Regel vom Hersteller gegeben. Sachmängelhaftung und Garantie bestehen nebeneinander. Händler versuchen oft, eine Reklamation unter "Garantiefall" abzuhandeln und den Kunden an den Hersteller zu verweisen, obwohl tatsächlich ein Fall der Sachmängelhaftung vorliegt.
Von
Jonas Uhlig