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In den Außenbezirken Kigalis in Ruanda rumpeln Lastwagen voller Fäkalien über die orangeroten Schotterstraßen. Ihr Zielort ist die Mülldeponie in Nduba, wo sie bis vor Kurzem noch ihre Ladung in riesige offene Gruben entleerten. Doch 2015 änderte sich das. Seitdem werden die Laster vor den Baracken und Gewächshäusern von Arbeitern in grünen Overalls empfangen, die aus dem Fäkalienschlamm trockenen, pulverigen Brennstoff herstellen.
Das Unternehmen nennt sich Pivot und wurde von Ashley Muspratt gegründet. Sie ist Abwasseringenieurin und lebte für mehr als sieben Jahre in Ghana, Kenia und Ruanda, bevor sie letztes Jahr zurück in die Vereinigten Staaten zog. Muspratt besteht darauf, dass Pivot keine Kläranlage ist. Es ist ein Unternehmen, das lokale Industrien wie Zement- und Ziegelsteinfabriken mit Energie versorgt. »Ich würde es als duales Business für Abwasserentsorgung und erneuerbare Energien beschreiben. Wir bauen die Fabriken dafür«, erklärt sie.
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Spektrum Kompakt, Entsorgt – Wertvolle Rohstoffe, gefährliche Rückstände
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Muspratt ist Teil einer wachsenden Gruppe von Unternehmern, die sich einer der größten Herausforderungen der öffentlichen Gesundheit stellen – der schlechten Abwasserentsorgung – und daraus Profit schlagen. Laut einem im Juli 2017 erschienenen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF haben 2,8 Milliarden Menschen, also 38 Prozent der Weltbevölkerung, keinen Zugang zur Kanalisation und lagern ihre Ausscheidungen in Tanks und Grubenlatrinen. Diese sind oft überfüllt oder werden ohne Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen entleert. Nach heutigen Schätzungen werden es bis 2030 sogar fünf Milliarden Menschen sein, während gleichzeitig die internationalen Hilfen für Wasser und sanitäre Einrichtungen schrumpfen. Initiativen mit durchaus gutem Ruf wie die Millennium Development Goals der UN haben zwar sehr erfolgreich Toilettensitze und Stehtoiletten eingeführt, aber: »Die sind mittlerweile gut gefüllt – also, wohin nun damit?«, fragt sich die Umweltingenieurin Claire Furlong vom IHE Delft Institute for Water Education in den Niederlanden.
Hier kommen Muspratt und andere ins Spiel. Dünger oder Brennstoff daraus herzustellen, sind die offensichtlichsten Möglichkeiten, doch Forscher und Unternehmer suchen nach weiteren Verwertungsarten. Einige ziehen Pflanzen auf trocknendem Fäkalklärschlamm oder züchten Welse in Abklärtümpeln. Andere trocknen den Schlamm und mischen ihn in Baumaterialien wie Zement und Ziegelsteine. Wieder andere forschen daran, ob und wie sich bestimmte Fettsäuren extrahieren und als Komponenten für Bioplastik und Industriechemikalien aufbereiten lassen. So werden etwa Öle für industrielle Zwecke aus auf Fäkalien gezüchteten Larven gepresst – die womöglich auch einmal die Basis eines Tierfutters der Zukunft werden könnten.
Alle diese Ansätze zeigen: In puncto Fäkalien beginnt ein Umdenken. In Zukunft soll das Endprodukt, nicht allein die öffentliche Gesundheit im Fokus stehen. Auch das ökonomische Konzept der Abwasserentsorgung wandelt sich von der bloßen öffentlichen Dienstleistung hin zur Beteiligung der Privatwirtschaft, die langsam deren Wert erkennt, sagt der stellvertretende Direktor Doulaye Kone vom Water, Sanitation and Hygiene Program der Bill & Melinda Gates Foundation in Seattle. Bei den bisherigen Kläranlagen »gibt es keine Möglichkeiten zur Vermarktung, und die Regierung muss für die laufenden Kosten aufkommen. Sobald das Budget verbraucht ist, wird es dann immer schwierig«, weiß er. Nicht zuletzt deshalb wurden viele Kläranlagen in den Entwicklungsländern inzwischen aufgegeben.
Die Finanzierung ist aber nicht der einzige Grund, weshalb etliche »Waste to Resources«-Initiativen versagen, warnt Furlong. So gab es heftigen Widerstand auch gegen viel versprechende Projekte, weil diese den kulturellen Background der Menschen – inklusive der Politiker im Land – nicht berücksichtigten, was jedoch wesentlich die Kaufentscheidung beeinflusst. Dazu zählen Faktoren wie eine instinktiv negative Haltung gegenüber Ausscheidungen des Menschen und die Ablehnung neuer Toilettentechnologien, bei denen die Fäkalien für die Weiterverwertung aufgefangen werden. Muspratt und andere Unternehmer verwenden stattdessen den Schlamm so, wie er in den Gruben und Latrinen vorhanden ist. Damit sind ihre Anlagen immer ausgelastet und in der Wartung nicht zu teuer. »Ich möchte auf jeden Fall Fehlinvestitionen auf dem ganzen afrikanischen Kontinent vermeiden.«
Ressourcen aus dem Menschen
So mancher muss gar nicht mehr vom Nutzen des Schlamms überzeugt werden. In Ghana bitten manche Bauern schon die Lasterfahrer, die Schlammladung direkt auf ihre Felder zu schütten. Sie kompostieren den Schlamm auf ganz traditionelle Weise und verteilen ihn als Ersatz für fehlenden Dünger auf den Hirse- und Maisfeldern. Dieser gut gemeinte Nährstoffschub für die Nutzpflanzen birgt aber auch Risiken für die Menschen, die sich um die Felder kümmern und letztlich die Ernte verzehren. Die unbehandelte Jauche erhöht nämlich die Gefahr, dass Typhus, Cholera, Fadenwürmer und andere Krankheitserreger übertragen werden, die Durchfall verursachen und zu Anämie und Mangelernährung führen. Bei kleinen Kindern kann das der körperlichen und geistigen Entwicklung schaden.
Doch selbst wenn der Schlamm nicht für Nahrungspflanzen verwendet werden würde, blieben Krankheiten ein Problem. Weniger als fünf Prozent der Menschen in Ghana haben Zugang zu einer Kanalisation, und es gibt nur wenige Aufbereitungsanlagen für Abwasser. Ein Großteil davon landet deshalb einfach in Gräben oder im Meer.
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© Will Swanson für Nature; Wald, C.: The economy in the toilet. Nature 549, 2017 (Ausschnitt)
Fäkalienbrei als Dünger | Die Nduba-Müllkippe in den Außenbezirken von Kigali bekommt eine Lieferung Fäkalienbrei. Früher wurde er einfach in offene Gruben gebracht – heute trocknet man ihn und verwandelt ihn in Brennstoff.
Den Klärschlamm zu Dünger zu verarbeiten, ist technisch nicht besonders anspruchsvoll. Schwieriger ist es, bei den niedrigen Marktpreisen damit Profit zu machen. In vielen Abwasseraufbereitungsanlagen weltweit, einschließlich der Vereinigten Staaten, fällt regelmäßig Klärschlamm bei der Behandlung an – und wird dann sogar verschenkt, um die Abfallbeseitigungskosten zu senken. In Tema, einer Stadt östlich von Ghanas Hauptstadt Accra, hat der Betreiber einer neuen Anlage gerade aber die ersten Chargen mit 50 Kilogramm Schlamm an den Mann gebracht. Der Betrieb dürfte nach drei Jahren schwarze Zahlen schreiben, meint die Betriebswirtschaftlerin Solomie Gebrezgabher vom Büro des International Water Management Institute (IWMI) in Accra.
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In Tema setzen sie auf ein Verfahren, bei dem der anfallende Klärschlamm sogleich kompostiert wird: Unter der ghanaischen Sonne benötigt das weniger Energie als übliche Methoden, bei denen Trocknungs- und Heizmaschinen Verwendung finden. Allerdings ist viel Platz und Zeit nötig – und es kann stärker riechen. Denn die Rückstände aus privaten und öffentlichen Toiletten müssen die ersten zehn Tage in sandgefüllten Lagern trocknen, damit das Wasser abfließen und verdunsten kann. Dann erst werden sie mit Sägespänen und Lebensmittelabfällen gemischt und in einen überdachten Verschlag gebracht. Mehr als zwei Monate zersetzt sich das Gemenge dank natürlich vorkommender Mikroorganismen, unterstützt von Arbeitern, die es regelmäßig wenden. Dank der anfallenden Zersetzungshitze werden nun allerlei Pathogene zerstört, bis am Ende der getrocknete Schlamm zum Abkühlen und Reifen noch einmal ausgebreitet wird. Dieses insgesamt preiswerte Verfahren ist für die Bedingungen in Ghana gut geeignet. »Es muss kein Hightech sein«, sagt Gebrezgabher.
Um den produzierten Klärschlamm zu vermarkten, fuhr das Team umher und zeigte möglichen Kunden das angedickte Substrat: Es sollte zunächst einfach die dürftige Bodenqualität physikalisch steigern, indem es die Wasserspeicherkapazität erhöht, ohne den Nährstoffgehalt nennenswert zu steigern. Als Gebrezgabher den Bauern das erklärte, waren viele erst einmal nicht interessiert. Also mischten die Fachleute Ammoniumsulfat und Harnstoff zur Nährstoffanreicherung hinzu und pressten die Masse in handlichere Pellets. Weil viele Bauern den Produkten aus Fäkalien skeptisch gegenüberstanden, holte sich das Team noch ein Sicherheitszertifikat der Regierung. Und nun interessierten sich die Landwirte dafür. »Sie waren wirklich begeistert, weil es genau das war, wonach sie suchten«, erzählt Gebrezgabher. Als die Regierung das »Fortifer« genannte Produkt dann auch noch in ihr Dünger-Subventionsprogramm aufnahm, kam alles richtig in Schwung.
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© Nature; Wald, C.: The new economy of excrement. In: Nature 549, S. 146-148, 2017; nach Daten von: WHO/UNICEF; dt. Bearbeitung: Spektrum der Wissenschaft (Ausschnitt)
Abwasserentsorgung weltweit | 2,3 Milliarden Menschen haben nicht einmal einfachste sanitäre Einrichtungen und sichere Möglichkeiten der Abwasserentsorgung. 892 Millionen Menschen erleichtern sich schlicht im Freien.
Mit ihrem Fortifer und potenziellen Käufern im Gepäck schloss sich das IWMI-Team mit der Bezirksregierung und einem privaten, lokalen Entsorgungsunternehmen namens Jekora Ventures mit Sitz in Accra zusammen. Bei voller Kapazität wird die im April 2017 eröffnete Anlage jedes Jahr die Hinterlassenschaften von 65 000 bis 100 000 Menschen zu 500 Tonnen Dünger verarbeiten. Wenn die Anlage erst einmal kostendeckend arbeite, wolle sich das Unternehmen den Gewinn mit der Gemeinde teilen, um die Gelder zur Verbesserung der sanitären Versorgung einzusetzen, so Gebrezgabher. Sie arbeitet auch mit IWMI-Teams in anderen Regionen zusammen und will das Modell in Sri Lanka nachbauen. »Mit einfachen Technologien können kostendeckende Geschäftsmodelle in Entwicklungsländern entstehen«, fügt sie hinzu.
Energie aus Abfall
Im Fäkalrückstand steckt auch Energie. Laut eines Berichts der United Nations University im kanadischen Hamilton aus dem Jahr 2015 könnte Elektrizität für 138 Millionen Haushalte produziert werden, wenn alle jährlich produzierten menschlichen Fäkalien in Biogas umgewandelt würden. Die verbleibende Jauche könnte zu kohleartigem Brennmaterial getrocknet und für weitere 130 000 Haushalte verwendet werden. In Pivots Anlage stellen die Arbeiter festen Brennstoff her. Sie entziehen dem Schlamm das meiste Wasser, indem sie ihn durch ein Mikrosieb drücken, und verteilen ihn dann zum Trocknen in Treibhäusern. Anschließend dehydrieren und säubern sie ihn noch einmal in einem Heißlufttrockner auf gereinigter Pappe. Das Endprodukt wird als Pulver oder Granulat angeboten und hat laut Muspratt 20 Prozent mehr Energie als andere Biomassebrennstoffe wie Sägespäne oder Kaffeebohnenschalen.
Pivot verkauft seinen Brennstoff an Zement- und Ziegelfabriken, deren glühende Öfen und Trocknungskammern ständig Nachschub an genau solchen Brennstoffen brauchen. Die wichtigsten Kunden sind in der Regel internationale Firmen, die Schlamm als erneuerbare Energiequelle schätzen und ihn statt Kohle einsetzen. Pivot arbeitet schon beinahe kostendeckend, nur wenig Hilfe von außen ist noch nötig. Der Standort auf der Mülldeponie wurde von der Gemeinde zur Verfügung gestellt und die Infrastruktur mit Zuschüssen finanziert. Große Profite aus der Wiederverwertung des Schlamms sind nicht zu erwarten, meint die Umweltingenieurin Linda Strande von der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz in Dübendorf in der Schweiz. »Wir würden hier auch Kot verkaufen, wenn es wirklich viel Geld abwürfe«, sagt sie. Die meisten Projekte bringen etwa 10 bis 20 Prozent der laufenden Kosten ein; und weil so zumindest ein bisschen Geld zusammenkommt, wird der Schlamm als etwas Wertvolles angesehen, das mit Sorgfalt zu behandeln ist.
Doch paradoxerweise ist Pivots größtes Problem, überhaupt genügend Schlamm zu bekommen. Theoretisch sollte das in einer Stadt wie Kigali mit mindestens einer Million Einwohnern nicht schwer sein – das Problem war bisher der Transport aus den abseits gelegenen und schlecht erreichbaren Latrinen der inoffiziellen Siedlungen. Hier, wo zwei Drittel der Bevölkerung leben, leeren inoffizielle Arbeiter die Latrinen per Hand und werfen den Inhalt in nahe gelegene Gräben und Wasserstraßen.
Also entwickelte Pivot in einem Nebenprojekt einen sicheren Abpumpservice für die Siedlungen, der bei der Bevölkerung gar nicht so unbeliebt war. »Nur sind die Mengen, die wir aus den Gruben herausholen, recht bescheiden und keineswegs der erhoffte Schwall an Schlamm« – was auch an nicht ausgekleideten, undichten Latrinen liegt, erklärt Muspratt. Pivot möchte nun andere Arten brennbaren Abfalls zermahlen und seinem eigenen Brennstoff beimischen. Wie das IWMI plant das Unternehmen, in ganz Afrika und in Indien zu expandieren. Dort verrichteten bis vor Kurzem noch Millionen von Menschen ihr Geschäft im Freien; doch nun werden dank einer Regierungsinitiative Latrinen gebaut. »Unser Ziel ist es, der billigste Anbieter urbaner Fäkalschlammverwertung auf dem ganzen Markt zu werden«, schwärmt Muspratt.
Manna aus Urin
Seit dem Choleraausbruch im Jahr 2000 baute die Metropolgemeinde eThekwini mit dem Zentrum Durban in den ländlichen Gegenden ihrer Außenbezirke mehr als 85 000 Trockentoiletten mit Urinabtrennung. Der Urin sickerte in den Boden, die Feststoffe sollten laut Behörden von den Bewohnern auf den Grundstücken vergraben werden. Das war allerdings für die steigende Zahl älterer Menschen lästig, und außerdem wird der Platz zum Vergraben bei zunehmender Bevölkerungsdichte immer knapper. Nicht zuletzt überleben Krankheitskeime auch länger als gedacht, wenn die Fäkalien einfach im Boden kompostiert werden. Teddy Gounden und seine Kollegen von der Wasser- und Abwasserbehörde wollten deshalb den Abfall einsammeln. »Doch was machen wir damit?«, fragte er sich. Wegen der festen Konsistenz würde er die Abwasseraufbereitungsanlage der Stadt verstopfen, ohne den Urin fehlten Nährstoffe für die Herstellung guten Komposts, und die Entsorgung auf Sondermülldeponien wäre teuer.
Dann hörte das Team um Gounden von einer bestimmten Fliege, die viel wertvollere Produkte als Kompost herstellen könne. Fliegen sind normalerweise ein Gesundheitsrisiko, weil sie sich sowohl von menschlichen Fäkalien als auch von Lebensmitteln ernähren und beim Hin- und Herfliegen Krankheitserreger übertragen. Doch die im tropischen Klima beheimatete Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens) ist anders: Sie frisst nur als Larve, wo sie mehr oder weniger an einem Platz bleibt, und nicht im adulten Stadium. Damit stellt sie ein viel kleineres Gesundheitsrisiko dar.
Die Fliege wurde auf Lebensmittelabfällen der Firma AgriProtein mit Sitz in Kapstadt an die Arbeit geschickt. Das Unternehmen entwickelte Fabriken, in denen die Besonderheiten der Fliege ausgenutzt werden. Die Mitarbeiter züchten nun dort die Tierchen in Käfigen, brüten die Fliegeneier in speziellen Stätten aus und setzen die Larven auf Lebensmittelabfälle, wo sie sich vollfressen können. Zwei Wochen nach dem Schlüpfen wandern die Larven zum Verpuppen aus dem Abfall, wodurch sie und der verbliebene Kompost sich leichter trennen und ernten lassen. Anschließend werden die Larven dehydriert, und daraus wird Tierfutter produziert oder ein fettes Öl extrahiert, das von der Kosmetikindustrie bis hin zur Biodieselproduktion eingesetzt werden kann. Das übrig gebliebene organische Material wird zur Bodenverbesserung genutzt. Die erste Anlage im Industriemaßstab eröffnete AgriProtein 2016, zudem plant das Unternehmen bald weltweit zu expandieren.
Da die Verwertung der Lebensmittelabfälle so gut funktioniert, wendete sich das Unternehmen BioCycle einem schwierigeren Substrat zu: den Fäkalien des Menschen. Die Larven verarbeiten das neue Futter fast wie das bisherige, sagt der Mitbegründer und Geschäftsführer David Wilco Drew. Zusammen mit der Gemeinde eThekwini und unterstützt von der Bill && Melinda Gates Foundation eröffnete er Ende 2016 eine Pilotanlage auf dem Gelände einer Abwasseraufbereitungsanlage in Durban.
»Das Ausgangsmaterial hat sich allerdings als schwierig erwiesen, nicht zuletzt wegen all des Mülls, den die Menschen in die Toilette werfen«, erklärt Drew. Er ist von dem Einfallsreichtum der Leute überrascht, weil die Toiletten ja nicht wirklich offene Gruben sind: Wie, fragt er sich zum Beispiel, »passt ein altes Telefon durch ein U-Abflussrohr?«.
Wegen eines möglichen Gesundheitsrisikos durch den Fäkalienschlamm hat BioCycle das Verfahren angepasst und testet das Substrat nun sorgfältig auf Pathogene und Schwermetalle. Und statt der Herstellung von Produkten für die Landwirtschaft presst die Anlage die Larven zu Öl und das restliche organische Material zu festen Briketts, beides zur Verwendung als Brennstoff.
Seit Juli 2017 erhält das Unternehmen Lieferungen von den Toiletten mit Urinabtrennung. Bei voller Kapazität kann die Anlage täglich 40 Tonnen Material aufnehmen und mit Lebensmittelabfällen mischen. Dies, so Drew trocken, dürfe mit Abstand die größte Insektenmenge auf einem Haufen sein. Und wenn weiter geforscht wird, könnte die Schwarze Soldatenfliege vielleicht auch den Rückstand des städtischen Kanalisationssystems verarbeiten. »Da ist jede Menge Potenzial«, sagt Gounden und weiß, dass andere Regierungen »noch abwarten, was am Ende herauskommt«.
Damit weitere Gemeinden auf den Schlammzug aufspringen, hat Strandes Team eine Broschüre und verschiedene Onlinekurse für die lokalen Ingenieure veröffentlicht und will so die Entwicklung marktfähiger Produkte fördern. Auch das Ausgangsmaterial soll besser verstanden werden. Deshalb arbeitet ein internationales Team unter der Leitung von Forschern der Universität KwaZulu-Natal in Durban an Standardmethoden und Prozeduren, mit denen die Eigenschaften des Fäkalienschlamms besser ermittelt werden können – also etwa die Feuchtigkeit, der Gesamt-, Pathogen- und Nährstoffgehalt sowie der Brennwert. »Stuhlgang hat jeder«, bemerkt Drew. Er träumt davon, dass eines Tages »alle Bewohner der Welt zu unserer Versorgungskette beitragen«.
Dieser Artikel ist im Original unter dem Titel
»The new economy of excrement« in »Nature« erschienen.
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Chelsea Wald
Die Autorin ist Journalistin in Den Haag in den Niederlanden.
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