Themenfonds anders gedacht: Andreas Fruschki von AllianzGI im Porträt Italienisches Fintech kauft deutsche Firma für Kernbanken-Software

Mit dem Thematica, dem Pet and Animal Wellbeing Fund und dem Global Water verwaltet Andreas Fruschki (Citywire-Rating Plus) bei Allianz Global Investors drei erfolgreiche Aktienfonds. In den zehn Themenfonds seiner Abteilung stecken mittlerweile mehr als €5 Milliarden. Hier beschreiben wir den Head of Thematic Equity auch von seiner privaten Seite.

Andreas Fruschki ist bei Allianz Global Investors so etwas wie der Mann der Stunde, auch wenn er das selbst vermutlich nie über sich sagen würde. Doch seine Fonds laufen bestens und sammeln ordentlich Gelder ein. 2019 hat er die Abteilung für Themenaktienfonds gegründet, die er seitdem leitet. Das Team hat sieben Mitarbeiter und wächst stetig. In den zehn Themenfonds der Abteilung stecken mittlerweile mehr als €5 Milliarden.

Das ist auch auf Fruschkis Perfor­mance zurückzuführen, für die er im Januar 2020 erstmals ein Citywire-Rating erhielt. Nach zwei Monaten mit einem Plus-Rating hatte er seitdem immer ein A inne.

Wer Themenfonds entwickelt, muss neugierig sein und mit wachen Augen durch die Welt gehen. Bei seiner Suche nach den nächsten langfristigen Entwicklungen ähnelt Fruschkis Arbeit der eines Redakteurs bei einem Politik-Magazin wie dem Spiegel oder dem Economist, der immer auf der Suche nach dem nächsten Titel-Thema ist.

In Fruschkis Leben gab es zwei prägende Einflüsse. Schon als Kind erlebte er unmittelbar, wie stark sich die Weltpolitik auf das eigene Leben auswirken kann, denn Fruschki ist in Westberlin zur Zeit des Kalten Kriegs aufgewachsen. „Den Fall der Mauer habe ich als Teenager direkt miterlebt. Damals wurde mir vor Augen geführt, dass sich auch scheinbar langsamer Wandel in schlagartigen Veränderungen manifestieren kann“, sagt er im Interview mit Citywire Deutschland. „Mein Interesse galt seitdem eher dem generalistischen Blick auf das große Ganze, als dass ich eine Spezialistenrolle angestrebt hätte.“

ADVERTISEMENT

SCROLL TO CONTINUE WITH CONTENT

Um der Enge der eingemauerten Stadt zu entkommen, verbrachte er ein Schuljahr im US-Bundesstaat Georgia. „Die Zeit im Ausland nimmt man intensiver wahr“, erinnert er sich: „Man geht anschließend offener, selbstbewusster und positiver durchs Leben.“

Allein unter Juristen

Fruschki ist in einer Juristenfamilie aufgewachsen und bis heute von Rechtsanwälten und Richtern umgeben. Seine Eltern, sein Bruder, seine Ehefrau, sogar sein Schwager und seine Schwägerin sind alle Juristen. Und auch Fruschki hat Jura an der Berliner Humboldt-Universität studiert. Daneben absolvierte er Praktika, um die Welt außerhalb der Hochschulen kennenzulernen.

Nach seinem ersten Staatsexamen zog er für ein Jahr nach Hamburg, um bei ­Pricewaterhouse­Coopers in der Abteilung für internationale Finanzierungen zu arbeiten. „Im Studium habe ich gelernt, im konkreten Einzelfall eine Entscheidung zu treffen, die strategiekonform universellen Prinzipien folgt“, erklärt er – für ihn bis heute eine wichtige Fähigkeit.

Anwenden wollte er sie aber immer jenseits der Rechtslehre. Deswegen ging er nach seinem Referendariat am Kammer­gericht in Berlin und seinem zweiten juristischen Staatsexamen für zwei Jahre an die University of Western Sydney und machte dort einen MBA mit Schwerpunkt Investment-Management.

Neben seinem Fachwissen sind ihm aus dieser Zeit zwei Sehnsüchte geblieben: Surfen und Reisen. „Mit unseren beiden jungen Töchtern ist das aktuell zwar nicht so einfach, aber wenn es nach mir ginge, würde ich im Urlaub noch immer als Backpacker losziehen.“ Immerhin: Neben einer Woche Ski-Urlaub im Winter kann er im Sommer normalerweise eine Woche Surf-Urlaub in Frank­reich oder Portugal einplanen – wenn nicht gerade eine Pandemie die Welt erschüttert.

Das Risiko der Themenfonds

Nach dem MBA-Abschluss zog Fruschki zurück nach Europa und absolvierte in London und Frankfurt das zweijährige Graduate-Programm von AGI. „Dadurch, dass wir in dem Programm alle paar Monate die Abteilung wechselten, konnte ich alle großen Bereiche von AGI persönlich kennen­lernen: vom Portfoliomanagement über Operations bis zu Legal und Sales.“

Nach dem Abschluss des Programms begann Fruschki als Aktienanalyst in Frankfurt. Sein Schwerpunkt war damals der Gesundheitssektor. „Ich war aber schon damals davon überzeugt, dass man die üblichen Einteilun­gen von Fonds in Sektoren, Länder oder Markt­kapitalisierung sprengen und auch in thematischen Zusammenhängen denken sollte“, sagt Fruschki. Daher begann er bald, Konzepte für Themenfonds zu entwickeln. Daraus ist unter anderem der Allianz Global Water entstanden, den er seit seiner Auf­legung im Jahr 2008 als Lead Manager verwaltet.

Bei aller Liebe zu Themenfonds ist sich Fruschki aber durchaus bewusst, dass es zwei weit ver­breitete Kritikpunkte an ihnen gibt. Erstens: Jedes Thema läuft Gefahr, sich mit der Zeit abzunutzen. Themenfonds können schnell aus der Mode geraten und werden durchschnittlich schneller geschlossen als andere Fonds. Zweitens: Jede thematische Zuspitzung erschwert die Diversifizie­rung und schafft damit Klumpenrisiken.

„Aus diesen Überlegungen heraus entwickelten wir 2016 den Thematica“, erzählt Fruschki. Statt in Firmen zu nur einem bestimmten Thema investiert der Fonds in fünf bis sieben aktuelle Themen, die ihrerseits von vier übergeordneten Trends profitie­ren. Sie lauten: Urbanisierung, Ressourcenknapp­heit, technische Innovation und demografischer Wandel. Jeder dieser Trends ist in einzelne Themen wie Digitales Leben bei Technischer Innovation untergliedert, die wiederum in sogenannte Topics wie Fintech oder Cybersecurity unterteilt sind. Innerhalb dieser Topics sucht Fruschki mit seinem Team dann passende Aktien.

Kaum Gefahr durch Einzeltitel

Die Gliederung in drei Ebenen bietet ihm als Fondsmanager große Flexibilität. Neu aufkom­mende Entwicklungen können beispielsweise als neue Topics aufgenommen und veraltete Themen wieder ausgeschlossen werden. So tauschte Fruschki vor kurzem das Thema Bildung aus und ersetzte es durch das Thema Infrastruktur. So bleibt der Fonds thematisch am Puls der Zeit.

Mögliche Sektor-Ungleichgewichte kontert der Fonds durch seine thematische Breite. So investiert er aktuell rund 23% des Portfolios in Unternehmen aus dem Bereich Energien der Zukunft, 20% in Firmen aus dem Digitalen Leben und jeweils zwischen zwölf und 15% in Aktien aus den Gebieten Künstliche Intelligenz, Gesundheitsinnovation sowie Sauberes Wasser und sauberer Boden. „So eine Strategie hatte es als aktiven Multi-Themen-Fonds noch nicht gegeben“, sagt Fruschki: „Damit haben wir das thematische Investieren für viele attraktiver gemacht.“

Zugleich versucht Fruschki, unternehmensspezi­fische Risiken zu verringern, indem er zum einen in möglichst unbekannte Firmen investiert, die seltener einem Hype unterliegen. Außerdem nimmt kein Unternehmen mehr als 1% des Port­folios ein. „Das unternehmensspezifische Risiko der einzelnen Titel in unserem Portfolio hedgen wir weg“, sagt Fruschki. Insgesamt hält der Fonds rund 160 Titel. So befinden sich auch auf den drei Spitzenpositionen keine besonders prominenten Titel: der US-amerikanische Telemedizin-Spezialist Teladoc Health, der kanadische Brennstoffzellen-Hersteller Ballard Power Systems und der chileni­sche Bergbaukonzern Antofagasta.

Boom-Thema Haustiere

Mit dieser Streuung gelang Fruschki über die vergangenen drei Jahre bis Ende Januar mit dem Fonds eine Performance von rund 65%. Damit lag er unter den 455 Fonds des Citywire-Sektors für Aktien – Gemischt Global auf dem sechsten Platz. Zugleich stand er beim maximalen Verlust mit einem Minus von etwa 15% auf dem 41. Platz – und damit unter den besten 10%.

2019 hat Fruschkis Team eine Strategie ent­wickelt, die auf demografische und soziokulturelle Veränderungen reagiert. „Dabei haben wir tat­sächlich etwas um die Ecke gedacht“, erklärt er. Der Ausgangspunkt der Überlegung: Familien haben immer weniger Kinder, das gilt gerade auch für Millennials. Stattdessen schaffen sich viele Menschen Haustiere an, die sie wie Mitglieder der Familie behandeln – und geben entsprechend immer mehr Geld für deren Pflege, Ernährung und Gesundheit aus.

So gaben US-Amerikaner 2009 noch $34 Mil­liarden für Essen, Bedarfsartikel und Zubehör ihrer Haustiere aus. 2019 waren es bereits $52 Milliarden oder mehr als $150 pro Person – ein Wachstum des amerikanischen Markts für Haustierbedarf um 53%. In Asien wächst der Markt sogar etwa dreimal schneller, global erhielt das Thema durch die Pandemie noch einen zusätzlichen Schub. Laut des Recherche-­Instituts Euromonitor International wuchs der globale Markt für Haustier-Pflege im vergangenen Jahrzehnt um 66% – 23 Prozentpunkte stärker als die globale Wirtschaft.

Von Futter bis Diagnosen

Auf dieses Wachstum baut der Allianz Pet and Animal Wellbeing auf. Ende Januar hatte der Fonds ein Volumen von €325 Millionen. Über die vergangenen zwölf Monate bis Ende Januar erzielte er eine Performance von 26%. Im Citywire-Sektor für Aktien – Gemischt Global liegt der Fonds damit auf dem 26. Platz unter 569 Fonds – also unter den besten 5%.

Anders als Fruschkis Allianz Thematica investiert der Allianz Pet and Ani­mal Wellbeing extrem konzentriert. 45% des Portfolios sind im Gesundheitswesen investiert. Der geographische Fokus mit 66% der Investitio­nen in den USA und 15% in Großbritannien liegt um jeweils rund zehn Prozentpunkte höher als bei der Benchmark, dem MSCI All Country World Index. Und auch die zehn größten Titel machten laut des Factsheets von Ende Januar in der Summe der zehn Titel rund 50% des Fonds aus: allen voran der Haustierversicherer Trupanion, der Futterhersteller Freshpet und Idexx Laboratories, ein Hersteller von Diagnostik-Geräten.

Doch muss der Fonds auch bei den Risiko-Para­metern den Vergleich mit der Konkurrenz nicht scheuen. So liegt er über die vergangenen zwölf Monate bis Ende Januar im Citywire-Sektor Aktien – Gemischt Global bei der Standardabweichung im besten Viertel und beim maximalen Verlust sogar unter den besten 10% aller Fonds.

Genug Titel für Pure Plays

Zudem ist der Markt für Haustier-Produkte aus Fruschkis Sicht schon heute groß genug, um ordentlich zu diversifizieren. „Ein Thema ist aus unserer Sicht für einen spezifischen Fonds geeignet, wenn es genügend Titel für Pure Plays gibt“, erklärt er. Darunter versteht man Unterneh­men, deren Geschäftsmodell auf ein einziges, sehr spezielles Geschäft ausgerichtet ist.

Vor allem wächst nicht nur die Größe der Unter­nehmen, die in diesem Markt agieren, sondern auch deren Zahl und geographische Vielfalt. Damit sollte es Fruschki langfristig immer leichter fallen, sein Portfolio zu diversifizieren. Dank seiner Neu­gier auf andere Länder und Kulturen ist Fruschki jedenfalls bestens geeignet, um weltweit die passenden Titel zu finden.

Der Artikel erschien zuerst in der April-Ausgabe des Citywire-Deutschland-Magazins.

Diesen Artikel teilen

Kommentar hinterlassen

Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich, um zu kommentieren. Die Registrierung ist kostenlos und wird nur ein bis zwei Minuten dauern.

Registrierung Login