Über 30 Millionen Haustiere gibt es in Deutschland - und die brauchen Futter, Spielzeug und Zubehör. 2016 wurden hierzulande im stationären Fach- und Lebensmittel-Einzelhandel knapp 4,15 Milliarden Euro mit Heimtierprodukten umgesetzt. 510 Millionen Euro kamen durch den Online-Handel hinzu. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 waren es rund 4,02 Milliarden stationär und 420 Millionen Euro online, 2015 bereits rund 4,11 Milliarden stationär und 450 Millionen online.
Bequeme Lieferung nach Hause
Besitzer von Hunden, Katzen oder Kaninchen geben von Jahr zu Jahr mehr für ihre Lieblinge aus - und sie bestellen immer häufiger im Internet. Dabei spielt der Komfort eine wichtige Rolle. "Die Monatsration für einen Hund sind 14 bis 15 Kilo Fleisch. Das will man nicht nach Hause tragen", sagt Dorian Tackenberg, Geschäftsführer des Online-Händlers für Rohfleisch Tackenberg. Auch schwere Gebinde aus Futterdosen oder Säcke mit Katzenstreu lässt man sich lieber vom Paketboten schleppen.
Mit Abstand den größten Anteil am Online-Markt hält der Pureplayer Zooplus. 2016 erzielte Zooplus in Deutschland einen Umsatz von über 236 Millionen Euro und führt damit die Rangliste der fünf größten Online Sshops für Tierbedarf an. Weit dahinter folgen Fressnapf mit einem E-Commerce-Umsatz von 47,52 Millionen Euro und das Pferdesporthaus Loesdau mit 20,73 Millionen Euro.
Was ist das Erfolgsgeheimnis von Zooplus? "Der Erfolg von Zooplus basiert darauf, aus Neukunden zufriedene Stammkunden zu machen und sich bei diesen Kunden als Hauptversorger im Bereich Heimtier zu etablieren. Das Kaufverhalten der Menschen ändert sich deutlich und immer mehr Einkäufe werden online getätigt", heißt es aus dem Unternehmen.
Weitere Erfolgsfaktoren sind laut Zooplus "sehr wettbewerbsfähige Produktpreise, die allzeit bestehende Verfügbarkeit aller für den Kunden relevanten Produkte und Marken sowie eine zuverlässige europaweite Logistik." Darüber hinaus nutzt Zooplus die Möglichkeiten des Internets clever aus. Ein umfangreiches Informationsangebot auf den Webseiten sichert dem Versender eine gute Sichtbarkeit bei Google zu allen Themen rund um das Haustier.
Amazon zeigt Interesse
Auch Amazon scheint sich immer mehr für die lukrative Heimtierbranche zu interessieren. In den USA können Haustierbesitzer seit einiger Zeit ein "Pet Profile“ für ihren Liebling anlegen und bekommen daraufhin passende Produktvorschläge angezeigt. "Pet Supplies“, also Haustierzubehör ist bei Amazon.com eine eigene Kategorie mit aufwendig gestalteten Seiten. In Deutschland dagegen ist Haustierzubehör eine Unterkategorie von "Haushalt, Garten, Baumarkt", doch auch hier tut sich einiges. Als der E-Commerce Riese im Sommer 2016 in Deutschland den Dash Button einführte, mit dem man Verbrauchsartikel per Knopfdruck bestellen kann, war auch Haustierfutter mit dabei. Aktuell bietet Amazon 17 verschiedene Dash Buttons in der Kategorie Haustiere an, zum Beispiel für die Katzenfutter-Marke Whiskas oder die Hundefutter-Marke Cesar. Produkte wie Hundekotbeutel, Fischfutter und Geruchsentferner bietet Amazon auch im Spar-Abo an. Der Kunde muss das Produkt nur einmal bestellen und erhält automatisch in bestimmten Zeitabständen Nachschub.
Bei Zooplus sieht man die Aktivitäten von Amazon gelassen: "Zooplus als der Heimtierspezialist mit einem klaren Fokus rein auf die Tierwelt bietet bereits seit längerem ein persönliches Tierprofil an. Die Kunden nutzen dieses sehr gerne, und es hilft Zooplus, seinen Kunden ein noch besseres Produkt anzubieten. Zooplus bietet darüber hinaus in Deutschland bereits ebenfalls ein Abonnementmodell an", teilt das Unternehmen schriftlich auf Anfrage mit.
Erfolgreich in der Nische
Während große Player wie Amazon, Zooplus, Fressnapf oder die zur Rewe-Gruppe gehörende Zooroyal das Massengeschäft dominieren, nutzen zahlreiche mittlere und kleinere Anbieter erfolgreich Marktnischen mit spezialisierten Angeboten.
Einer davon ist Tackenberg, nach eigenen Angaben der erste Online-Versender für BARF-Fleisch in Deutschland. BARF ist die Abkürzung für biologisch artgerechte Roh-Fütterung. Mit Futter auf der Basis von rohem Fleisch sollen Hunde und Katzen möglichst naturnah und artgerecht ernährt werden. Seit 2005 versendet Tackenberg über seinen Webshop tiefgekühltes Fleisch in speziellen Isolierboxen. Inzwischen sind einige Startups auf den BARF-Trend aufgesprungen und auch bei Zooplus und auf Amazon wird BARF-Fleisch angeboten. Um gegen den Wettbewerb zu bestehen, setzt Tackenberg in erster Linie auf Qualität, Kundenberatung und eine reibungslose Logistik, mit der die Tiefkühlware unbeschadet zum Kunden gelangt.
Die Tatsache, dass inzwischen auch Amazon und Zooplus BARF-Produkte verkaufen, stört den Geschäftsführer Dorian Tackenberg nicht: "In diesem Zusammenhang bereitet mir eher die teilweise mangelhafte Produktqualität der Anbieter oder deren unprofessionelle Logistik Sorgen. In der Tiernahrung haben wir einen sehr sensiblen Shopper. Macht dieser mit einem unprofessionellen Anbieter einmal eine schlechte Erfahrung, ist er gegebenenfalls für die gesamte Sparte des BARFens verprellt."
Dennoch will der Futterhändler seine Produkte in Zukunft selbst auf Amazon verkaufen: "Ja, wir werden in Kürze unsere Produkte auch über Marktplätze anbieten und beginnen dabei mit Amazon als Partner. Ob der Tatsache, dass Amazon dem Shopper eher als Produktsuche dienlich ist als eine herkömmliche Suchmaschine, wollen wir hier ebenfalls Tierhalter für unsere Marke und die vielfältigen Produkte gewinnen. Da wir allerdings kein Startup sind und wissen wie die Logistik funktioniert, werden wir den Versand selber vornehmen."
Hochwertige Produkte und sensible Kundschaft
Auch beim Fertigfutter setzen Nischenshops verstärkt auf gesunde und hochwertige Produkte - teilweise in Lebensmittel- oder Bioqualität und ohne künstliche Zusatzstoffe. Der Gedanke dahinter: Solventen Kunden Alternativen zu den großen Massenmarken zu bieten, die den Tierfutterhandel dominieren. So entstanden in den letzten Jahren zahlreiche neue Premium-Marken wie "Wildes Land", "Wildcat“, "Terra Canis", "Dog’s Love" oder "Liebesgut“.
Im Webshop von Liebesgut-Tiernahrung, der 2017 gelauncht wurde, können Katzenbesitzer zum Beispiel "Bio Ente mit Mangold und Reis“ für ihre Samtpfote bestellen. Bei Liebesgut will man sich ebenfalls über eine hohe Produktqualität gegen den Wettbewerb abgrenzen. Dazu gehören laut Unternehmen natürliche Zutaten, regionale Herkunft und eine artgerechte Haltung der Fleischlieferanten.
"Klar, Amazon hat eine wahnsinnige Marktmacht und kann dem Kunden durch seine Reichweite attraktive Preise anbieten. Allerdings verkauft sich Liebesgut nicht primär über den Preis, sondern über die Qualität", sagt Liebesgut-Geschäftsführer Denis Meier. Derzeit sammelt das Unternehmen erste Erfahrungen mit Futterabos. Alle Produkte sind auch im Sparabo mit einem Nachlass von fünf Prozent erhältlich. Meier berichtet: "Das Futterabo ist unser neuestes Feature im Webshop, welches wir vor circa drei Monaten eingeführt haben. Deshalb fangen unsere Kunden gerade erst an, die neue Funktion für sich zu entdecken. Stand heute sind wir mit der Entwicklung der Abo-Zahlen und dem Feedback unserer Abo-Kunden sehr zufrieden. Eines sehen wir allerdings deutlich: Es dauert seine Zeit und ein paar Bestellungen, bis sich ein neuer Kunde für die Abo-Option entscheidet."
Das Unternehmen Aniforte hat sich auf Nahrungsergänzungsmittel aus Naturprodukten spezialisiert. Seine Produkte vertreibt Aniforte über BARF-Läden, Tierheilpraktiker, aber auch auf eBay, Amazon und den eigenen Online Shop. Dort gibt es eine kostenlose Service-Hotline. Als besondere Kundenbindungsmaßnahme stehen zwei Tierheilpraktikerinnen und ein Tierarzt für eine Gratis-Beratung per E-Mail zur Verfügung.
Shitstorm nach Nestlé-Einstieg
Parallel dazu entwickelt sich ein wachsender Markt für hochwertiges Tierzubehör und Spielzeug. Wer etwa sein Loft nicht mit einem hässlichen Kratzbaum-Ungetüm ruinieren will, findet im Netz inzwischen eine Reihe von Anbietern mit ästhetischen Katzenmöbeln. So bietet der Online Shop "Die moderne Katze" Designer-Kratzbäume für niedrige vierstellige Beträge an.
Das Münchner Start-up Pets Premium hat sich mit seinem Online Shop ganz auf Premium-Marken spezialisiert. Die Muttergesellschaft Alphapet Ventures sammelte im letzen Jahr 13 Millionen Euro an Investorengeldern ein. Dass hochwertiges Hunde- und Katzenfutter eine äußert lukrative Nische ist, zeigte unlängst auch der erfolgreiche Verkauf von Terra Canis. Das ebenfalls in München ansässige Start-up erwirtschaftete Millionenumsätze und Gründerin Birgitta Ornau konnte 2017 eine Mehrheitsbeteiligung an den Nestlé-Konzern verkaufen. Der Exit kam bei der Kundschaft allerdings nicht gut an und es folgte ein wahrer Shitstorm im Netz. Auf Facebook machten Kunden ihrem Unmut Luft: "Verkauft haben sie sich! An einen Konzern der Tierversuche macht und den Menschen das Lebensrecht auf Wasser verwehrt." Sensible Kunden sind für Nischenshops im Heimtiermarkt eine stete Herausforderung. Hochwertige Produkte im Sortiment allein genügen eben nicht.