von Alexandra Kraft
In unserer Gesellschaft gilt Schlaf oft als Luxus. Und wer viel schläft, wird als Weichei abgestempelt. Schluss damit! Gesunder Schlaf ist wichtig - besonders wer trainiert, sollte sich ausreichend erholen.
Ich bin Langschläferin. Schon immer gewesen. Alle Versuche, das zu ändern, sind bisher gescheitert. Deswegen kommt es auch öfter vor, dass ich am Wochenende die Laufrunde sausen lasse und lieber länger im Bett liegen bleibe. Natürlich habe ich dann immer ein schlechtes Gewissen. Und ich bewundere alle die, die schon vor der Arbeit eine Stunde um den Block rennen.
In unserer Gesellschaft gilt Schlaf oft als Luxus. Und wer viel schläft, wird schnell als Weichling abgestempelt. Auch das kenne ich. Besonders Sportler glauben: Wir sind stark und fit, keine Zeit für Schwäche. Hindernisse, die unser Training stören, müssen aus dem Weg geschafft werden. Zur Not mit Härte, das gilt auch für Müdigkeit.
Aber das ist absoluter Unsinn. Denn neue Studien legen nahe, dass schon eine Nacht, in der man schlecht oder zu wenig schläft, die Laufleistung deutlich negativ beeinflusst. Guter Schlaf, so die These zahlreicher Wissenschaftler, ist mindestens genauso wichtig wie das regelmäßige Training.
Was genau gesunder Schlaf ist, kann von Mensch zu Mensch extrem unterschiedlich sein. Es gibt solche, die nach fünf Stunden ausgeruht und wach sind. Andere sind sogar nach acht Stunden immer noch müde. Leider wurde bisher kein Labortest entwickelt, der uns sagen kann, wie lange wir ruhen sollen. Aber es gibt die Faustregel, dass ein durchschnittlicher Erwachsene zwischen sieben und neun Stunden Schlaf pro Nacht benötigt. Auch ist längst nachgewiesen, dass Läufer tiefer schlafen und so schneller regenerieren. Das heißt, wer trainiert, braucht in vielen Fällen weniger Ruhezeit.
Wer dauerhaft zu wenig Zeit im Bett verbringt, löst dagegen eine Kettenreaktion im Körper aus. Schon nach einer Woche sind die schädlichen Entzündungswerte erhöht. Ebenso die Stresshormone. Das steigert den Puls und versetzt den Körper in eine Art Daueralarmbereitschaft. Keine guten Bedingungen für Sportler. Außerdem wird die Ausschüttung von Wachstumshormonen gebremst, die dem menschlichen Körper eigentlich helfen sollen, Muskeln und Knochen gesund zu halten. Damit sinkt die Regenerationsfähigkeit.
Das Gehirn braucht Schlaf zur Regeneration
Schlaf ist ebenso wichtig für das Gehirn. Nachts werden Erinnerungen sortiert, unnötiges entsorgt. Lauftraining ist ein anstrengender Lernprozess. Denn während wir unterwegs sind, nehmen wir unsere Umwelt intensiv wahr. Außerdem registriert das Gehirn ständig, wie unsere Muskeln arbeiten und welche Signale die Nervenzellen geben. Überhaupt ist der aufrechte Gang eine sehr anspruchsvolle Leistung des menschlichen Organismus. Werden die Bereiche im Gehirn, die all diese Informationen speichern, nicht regelmäßig im Schlaf geleert, schwächt uns das. Und das beeinträchtigt unser Training.
Athleten wissen aber auch, dass Schlaflosigkeit vor einem Rennen häufig vorkommt. Einige professionelle Läufer, die das Phänomen erlebt haben, berichten, dass ihre Laufleistung nicht leide, weil sie am Renntag durch Adrenalin aufgeputscht seien. Eine These, die Wissenschaftler – zumindest zum Teil – auch stützen. Für eine Studie trainierten Athleten nach einer schlaflosen Nacht. Und in der Tat waren die Leistungen nicht schlechter. Aber das Training fiel nahezu allen deutlich schwerer. Und viele gaben auf, weil sie nicht bereit waren, sich weiter zu quälen. Dagegen waren Basketballer viel stärker im Training, wenn sie über fünf Wochen zehn Stunden pro Nacht schliefen.
Das Fazit aller Studien: Wer weniger als sechs Stunden geschlafen hat, profitiert deutlich davon, eine Stunde länger im Bett zu bleiben, als sich zum Training zu zwingen. Manchmal kann Wissenschaft so wunderbar entlastend sein.
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